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# taz.de -- Internetausschuss im Bundestag: Durchbruch oder Selbsthypnose?
> Netzpolitiker von Union und SPD jubeln über den neuen Internetausschuss.
> Die Grünen kritisieren, inhaltlich sei der Ausschuss „dünne Suppe“.
Bild: Findet dieser Internetuser Anschluss im neuen Ausschuss?
BERLIN taz | #aida, #ida oder doch besser #iuada? Bei Twitter suchten die
Netzaktivisten am Dienstagabend noch den [1][richtigen Hashtag] für den
neuen Internetausschuss des Bundestags. Mittwoch preschte CDU-Netzpolitiker
Thomas Jarzombek dann nach vorn und verkündete, [2][#AIDA habe das Rennen
gemacht]. Trotz der Gefahr [3][unschöner Wortspiele]: AIDA also, Ausschuss
für Internet und Digitale Agenda.
Damit will sich die neue Regierung beim Thema Netzpolitik [4][weiter
profilieren]. Dienstagabend verkündeten mehrere Netzpolitiker von Union und
SPD jubelnd – wie es sich gehört [5][via Twitter] –, dass es künftig im
Bundestag einen eigenen ständigen Internetausschuss geben werde. Bislang
waren einige Themen der Netzpolitik wie etwa das Urheberrecht Teil des
Unterausschusses Neue Medien im Kulturausschuss.
„Die Netzpolitik wird künftig einen festen Ort im Parlament haben, das ist
eine gute Entwicklung“, sagt Lars Klingbeil, netzpolitischer Sprecher der
SPD-Bundestagsfraktion, taz.de. Doch ob dieser überhaupt für einige
netzpolitische Themen federführend zuständig sein wird, ließ er offen. „Ich
gehe davon aus, dass der Internetausschuss bei allen netzpolitisch
relevanten Themen mit beraten wird“, sagt Klingbeil dazu lediglich.
Die Grünen sehen den Ausschuss deshalb kritisch. „Die Euphorie ist
Selbsthypnose der GroKo“, sagt Konstanin von Notz, netzpolitischer Sprecher
der Grünen im Bundestag, taz.de. Die Netzpolitiker von Union und SPD
versuchten jetzt, das als großen Erfolg zu verkaufen, die Wahrheit sehe
aber anders aus.
## Keine Federführung?
„Der Ausschuss ist zwar ein Vollausschuss, was wir begrüßen, aber er wird
nach unseren Infos keine federführende Zuständigkeit für irgendein Thema
bekommen“, so von Notz. Genau das sei das Problem bei dem Querschnittsthema
Netzpolitik.
Mit dem Internetausschuss erfüllt Schwarz-Rot formal die Forderung der
Enquete-Kommission „Internet und digitale Gesellschaft“ von 2012. Vor einem
Jahr hatte auch von Notz, Mitglied der Enquet, noch gesagt, dass ein
Internetausschuss „zumindest für den Übergang in Zeiten der digitalen
Revolution sehr angebracht“ sei. Die Forderung damals bezog sich allerdings
auf einen Ausschuss, der im Bereich der Netzpolitik tatsächlich
verantwortlich ist.
„Am Ende werden die netzaffinen Politiker der Fraktionen in dem Ausschuss
richtige und wichtige Dinge besprechen, aber wenn es dann an die Reformen
geht, müssen sie sich wie bisher in die Grabenkämpfe mit den anderen
Ministerien und Ausschüssen begeben“, kritisiert von Notz. Es sei deshalb
nicht damit zu rechnen, dass sich irgendetwas in Richtung einer besseren
Netzpolitik ändern werde. „Der Ausschuss hat zwar ein schönes Etikett, ist
inhaltlich aber dünne Suppe“.
## Netzakivisten sind zufrieden
Lars Klingbeil kann die Kritik nicht nachvollziehen. „Klar ist, dass ein
Ausschuss allein noch keine gute Netzpolitik macht, aber jetzt gibt es
diesen Ort, das ist gut.“ Bei [6][Twitter schreibt er]: „der JoernPL
(Mitarbeiter von Konstantin von Notz, d.Red.) muss meckern, weil wir das
ohne ihn hinbekommen haben“.
Klingbeil hat viele Netzaktivisten auf seiner Seite. Sie überhäufen den
neuen Ausschuss schon jetzt mit Vorschusslorbeeren. Mache sehen ihn als
[7][verfrühtes Weihnachtsgeschenk], andere sprechen gar von einer
[8][“digitalen Revolution]“.
Netzaktivist Markus Beckedahl sieht das Vorhaben ebenfalls positiv: „Mit
dem Schritt verlässt Netzpolitik endgültig das Kellerloch und gewinnt die
notwendige und angemessene politische Relevanz“, schreibt [9][auf
netzpolitik.org].
Auch der IT-Branchenverband Bitkom begrüßt den Ausschuss. „Wir brauchen
einen breiten Dialog darüber, wie wir die Zukunft der digitalen Welt
gestalten wollen“, erklärte Bitkom-Hauptgeschäftsführer Bernhard Rohleder
am Mittwoch. Mit dem Ausschuss werde netzpolitische Kompetenz im Parlament
gebündelt und auch der Opposition ein zusätzliches Forum geboten.
## Gefahr durch Lobbyisten?
Für FAZ-Blogger Don Alphonso liegt genau in einem solchen Lob auch eine
Gefahr. Er [10][warnt davor], dass durch den Internetausschuss der Weg für
die Einflussnahme von Lobbyisten freier wird als bisher.
Die Linkspartei [11][begrüßt die Bildung des Internetausschusses]. „Endlich
bekommt das Internet auch in der Politik den Stellenwert, den es in der
Gesellschaft schon lange hat“, erklärt Vorstandsmitglied Halina Wawzyniak.
Sie warnt zugleich davor, dass er „lediglich eine Spielwiese wird, auf der
sich Netzpolitikerinnen und Netzpolitiker austoben dürfen, aber letztlich
nichts zu entscheiden haben“, und forderte, dass der Ausschuss in allen
netzpolitischen Bereichen federführend sein müsse.
Danach sieht es derzeit allerdings nicht aus.
18 Dec 2013
## LINKS
[1] http://twitter.com/wahl_beobachter/status/413221444944818176
[2] http://twitter.com/tj_tweets/status/413255833175089153
[3] http://twitter.com/doktordab/status/413273417522356224
[4] /Netzpolitik-in-der-Grossen-Koalition/!129488/
[5] http://twitter.com/DoroBaer/status/413004566633136128
[6] http://twitter.com/larsklingbeil/status/413033771878055936
[7] http://twitter.com/ossiu/status/413266678558896129
[8] http://twitter.com/st_weiss/status/413294774968672256
[9] http://netzpolitik.org/2013/netzpolitik-bekommt-hauptausschuss-im-bundestag/
[10] http://blogs.faz.net/deus/2013/12/18/lobbyisten-vorsitzmacher-und-andere-s…
[11] http://www.linksfraktion.de/im-wortlaut/internetausschuss-darf-keine-spiel…
## AUTOREN
Paul Wrusch
## TAGS
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