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# taz.de -- Postenverteilung im Bundestag: Wie auf dem Basar
> Wie wird man Chef eines Bundestagsausschusses? Was zählt, sind: Mundart,
> Quote, Entsorgung. Kompetenz jedoch ist kaum gefragt.
Bild: Im 18. Deutschen Bundestag werden die Posten für die Ausschüsse verteil…
BERLIN taz | Beim Neujahrsempfang der Deutschen Forschungsgemeinschaft
treffen sich die Großkopferten der Wissenschaftszene.
Bundesforschungsministerin Johanna Wanka (CDU) scherzt mit
DFG-Generalsekretärin Dorothee Dzwonnek, Bildungspolitiker umschwänzeln
Rektoren, und jeder scannt nebenbei die Namensschilder der Umstehenden.
Eines fehlte am Montag: das der frisch gekürten Vorsitzenden des
Bundestagsausschusses für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung
Patricia Lips (CDU).
Lips? Die Handelsfachwirtin aus dem Wahlkreis Odenwald ist dort gut
vernetzt in der Mittelstandsvereinigung und Gastgeberin des beliebten
Mundartabends. Zu bildungspolitischen Fragen hat sie sich noch nie
geäußert. „Es ist völlig schleierhaft, wie sie an den Ausschussvorsitz
gekommen ist“, sagt der Geschäftsführer der örtlichen Grünen.
Die Lösung ist einfach und komplex zugleich. Der Bundestag ist als
Arbeitsparlament in 23 Ausschüsse gegliedert. Bevor sie sich an diesem
Mittwoch zum ersten Mal konstituieren, spielen die Parteien
Politiker-Sudoku. Die Union darf ihrem Wahlergebnis gemäß 12 Chefposten
besetzen, die SPD 7, Linke und Grüne je 2.
Die Bedeutung der Ausschussvorsitzenden ist für Regierungs- und
Oppositionsparteien unterschiedlich. Bei Union und SPD geht der Ausschuss
eher an die Leute, die keinen der höherwertigen und besser bezahlten Posten
von Ministerium bis Fraktionsvize bekamen, aus Quoten- und
Länderproporzgründen aber dennoch bedient werden sollten.
Weil Helge Braun aus Gießen ins Kanzleramt umzieht, wird sein Hessen-Stuhl
im Bildungsausschuss frei. Für diesen qualifizierte sich Lips, weil sie
Hessin, weiblich und seit 12 Jahren im Bundestag ist. Fachkompetenz?
Geschenkt. Jemand wie Norbert Röttgen (CDU), der 2012 als Verlierer der
NRW-Wahl in Ungnade fiel, kann als Chef des Auswärtigen Ausschusses dagegen
so tun, als habe er ein Comeback.
Für Linksfraktion und Grüne spielen vor allem Entsorgungs- und
Repräsentationsmöglichkeiten eine Rolle. Gesine Lötzsch etwa wird in der
Linkspartei von vielen verehrt, weil sie als Parteichefin bereits große
Leidensfähigkeit zum Wohle der Partei bewiesen hat.
## Von der Fraktionsspitze zum Haushaltsausschuss
Nur kann sie in der Fraktionsspitze niemand mehr gebrauchen. Also bekommt
sie den sehr wichtigen Haushaltsausschuss, wo sie der Union beweisen kann,
dass es sich 24 Jahre nach der Wende nicht mehr lohnt, der Linkspartei den
Respekt zu verweigern. Der Hang der Union, die Linke von parlamentarischen
Betriebsabläufen auszuschließen, ist immer noch spürbar.
Die Grünen setzen ihre Exfraktionschefin Renate Künast auf den Chefsessel
des Verbraucherausschusses und Künasts Ex-Vize Bärbel Höhn auf den des
Umweltausschusses. Dadurch schaffen sie in der Fraktion Platz für all die
nachströmenden Umwelt- und EnergiepolitikerInnen, die jetzt an der
Wichtigkeit des grünen Oberthemas teilhaben wollen, und glänzen
gleichzeitig mit Sachkompetenz.
Ein Ausschussvorsitzender hat im Vergleich zu einem US-Chairman of the
Committee wenig zu sagen. Aber das weiß ja niemand. Bei Auslandsreisen,
heißt es, werde man behandelt, als sei man Zweitwichtigster nach Angela
Merkel.
15 Jan 2014
## AUTOREN
Anna Lehmann
Ulrike Winkelmann
## TAGS
Bundestag
Ausschuss
Bärbel Höhn
Netzpolitik
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Große Koalition
Bundestag
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