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# taz.de -- Populismus vor Europawahl: Bayern haut auf den Stammtisch
> Die CSU will vor der Europawahl mit EU-kritischen Tönen punkten. Die
> „Alternative für Deutschland“ fühlt sich kopiert, Grüne warnen vor
> Konsequenzen.
Bild: Freut sich: Alexander Gauland, AfD
BERLIN taz | Bei der rechtspopulistischen Splitterpartei Alternative für
Deutschland (AfD) ist man hoch erfreut. „Ich hätte nicht erwartet, dass es
uns in so kurzer Zeit gelingen würde, das Wahlprogramm der CSU zu
beeinflussen“, jubelte Parteivize Alexander Gauland am Montag. „Dieser
Erfolg erfüllt mich natürlich mit großer Freude“, sagte der konservative
Publizist aus Potsdam der taz.
Gauland bezieht sich auf ein Strategiepapier der CSU, aus dem der Spiegel
in seiner aktuellen Ausgabe zitiert. Demnach will die CSU im kommenden Jahr
verstärkt gegen die EU-Kommission in Brüssel mobilmachen. „Wir brauchen
eine Entzugstherapie für Kommissare im Regulierungsrausch“, heißt es in dem
vierseitigen Papier der CSU-Landesgruppe kernig.
Konkret schlägt die bayrische Regierungspartei einen neuen Gerichtshof vor,
der gegen die EU-Kommission vorgehen soll, wenn diese ihre Kompetenzen
überschreite. „Streitfälle sollen durch einen europäischen
Kompetenzgerichtshof entschieden werden, dem Verfassungsrichter der
Mitgliedstaaten angehören“, heißt es.
Außerdem fordert die CSU „bundesweite Volksabstimmungen“ zu europäischen
Streitfragen – und sie will EU-Kompetenzen wieder zurück an die
Mitgliedstaaten übertragen, was „Teile des überregulierten Binnenmarkts
sowie der Regionalpolitik“ betreffe. Das alles sollen die
CSU-Bundestagsabgeordneten Anfang Januar nach Horst Seehofers Willen bei
ihrer Klausurtagung im bayerischen Wildbad Kreuth beschließen.
## Spott von der AfD
Die AfD will mit ähnlichem Tenor in den Europawahlkampf ziehen. „Wir sind
das Original“, betont Gauland deshalb. Die CSU werde ihren Forderungen
keine Taten folgen lassen, ist er überzeugt. „Es ist doch üblicherweise so,
dass sie wie ein Tiger springt, aber als Bettvorleger endet“, spottet er.
Auch der europapolitische Sprecher der Grünen, Manuel Sarrazin, sieht das
ähnlich: „Das sind offenkundig Vorschläge für den Jahrmarkt“, unkt er.
Gegen eine Verkleinerung der EU-Kommission sei allerdings grundsätzlich
nichts einzuwenden. Bisher entsendet jedes der 28 EU-Länder einen Vertreter
in das Gremium. Obwohl der EU-Vertrag von Lissabon das ändern sollte, haben
die europäischen Staats- und Regierungschefs erst im Mai beschlossen, an
der bisherigen Größe festzuhalten – auch Merkel hat dem zugestimmt. „Die
CSU tut mal wieder so, als wäre sie nicht an der Bundesregierung beteiligt
gewesen“, ärgert sich Sarrazin.
Schon am Wochenende war bekannt geworden, dass die CSU noch stärker als
bisher gegen eine angeblich drohende „Armutszuwanderung“ aus Bulgarien und
Rumänien Front machen will. „Wer betrügt, der fliegt“, heißt es in der
Beschlussvorlage für Kreuth. Auch die AfD wendet sich in ihrem Programm
gegen „eine Zuwanderung in die Sozialsysteme“. Auf die jüngste
Prostitutionsdebatte reagiert die CSU, indem sie in ihrem Strategiepapier
darauf dringt, die Prostitution von Frauen unter 21 Jahren künftig zu
verbieten.
Am 16. März stehen in Bayern Kommunalwahlen an, am 25. Mai die bundesweiten
Wahlen zum Europäischen Parlament. Mit ihren Anti-EU-Parolen will die CSU
dafür sorgen, dass sich rechts von der Union keine anderen Partei
profilieren kann. Manuel Sarrazin zweifelt allerdings daran, dass dieses
Kalkül aufgeht: „Wer die Sprache der Populisten spricht, der gräbt ihnen
nicht das Wasser ab, sondern macht sie nur salonfähig.“ Der britische
Regierungschef David Cameron habe im eigenen Land den gleichen Fehler
gemacht. Sarrazin: „Das wird sich rächen.“
31 Dec 2013
## AUTOREN
Daniel Bax
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Schwerpunkt AfD
CSU
Alexander Gauland
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