# taz.de -- Innenausschuss nach Edathy-Affäre: Ziercke boxt sich zurück | |
> Er stand vor dem Rücktritt. Im Innenausschuss aber kämpft sich BKA-Chef | |
> Ziercke frei. Zurück bleibt eine kleinlaute Opposition. | |
Bild: Hat wieder das Vertrauen der Regierung: BKA-Chef Jörg Ziercke. | |
BERLIN taz | Gelöst tritt BKA-Chef Jörg Ziercke am Mittwoch aus dem Saal | |
des Innenausschusses im Bundestag, wartet geduldig auf Journalistenfragen. | |
Vier Stunden wurde zuvor hinter verschlossenen Türen getagt, die Hälfte der | |
Zeit nur über Zierckes Behörde. | |
„Ich bin froh, dass sich die Abgeordneten meiner Sicht angeschlossen | |
haben“, sagt Ziercke nun. All die jüngsten Skandalisierungen seien | |
„absurd“. „Ich bin sicher, dass ich das Vertrauen meines Ministers habe.�… | |
Der lässt sich nicht lange bitten. „Herr Ziercke genießt mein | |
uneingeschränktes Vertrauen“, teilt Innenminister Thomas de Maizière (CDU) | |
mit. | |
Ziercke ist wieder davongekommen. Dabei standen die Vorzeichen schlecht. | |
Zum dritten Mal in drei Wochen musste der BKA-Präsident wegen der | |
Edathy-Affäre im Innenausschuss aussagen. Noch am Morgen wirft ihm der | |
Vorsitzende Wolfgang Bosbach (CDU) vor, er habe im Ausschuss Fakten | |
verheimlicht. Die Opposition hatte bereits zuvor Zierckes Rücktritt | |
gefordert. | |
Der hatte sich zuletzt in Widersprüche verwickelt. Nach seiner Auskunft | |
übermittelten kanadische Ermittler dem BKA im Herbst 2011 Daten zu 800 | |
deutschen Kunden des Kinderpornohändlers „Azov“ – den Namen des | |
SPD-Politikers Sebastian Edathy inklusive. Laut Ziercke sei die Liste aber | |
wegen einer anderen Großoperation erst im Juli 2012 gesichert worden. Nur | |
wurde jüngst bekannt, dass bereits ein halbes Jahr zuvor ein hoher | |
BKA-Beamter auf der Liste entdeckt und aus dem Dienst entfernt worden war. | |
Fiel der Name Edathy wirklich erst im vergangenen Oktober auf, wie Ziercke | |
behauptet? | |
## „Reiner Zufallsfund“ | |
Der BKA-Chef verteidigt sich im Ausschuss: Er habe den Fall zuvor im | |
Ausschuss nicht erwähnt, weil er das Persönlichkeitsrecht des Mitarbeiters | |
schützen musste. Auch habe dessen Fall nichts mit Edathy zu tun. Ziercke | |
hat auch die Beamtin mitgebracht, die auf den Namen ihres Kollegin stieß. | |
Ein „reiner Zufallsfund“, beteuert sie. Auch die Opposition nennt das | |
später "schlüssig". | |
Die Koalition stellt sich nun geschlossen hinter Ziercke. Er habe sich | |
„absolut korrekt verhalten“, sagt SPD-Innenexpertin Eva Högl. CSU-Mann | |
Stephan Mayer sieht „keine Grundlage mehr für einen Rücktritt“. Beide | |
sprechen sich am Mittwoch auch gegen einen Untersuchungsausschuss zur | |
Edathy-Affäre aus. "Ich wüsste nicht, welche Fragen wir dort noch erörtern | |
sollten", sagt Högl. | |
Hier war die Opposition allerdings schon vorgeprescht: Der Ausschuss soll | |
kommen, sagte Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt, möglichst schon | |
im April. Ihr Fachpolitiker Konstantin von Notz rudert am Mittwoch zurück: | |
Man wolle nun erst mal die Antworten auf Anfragen an die Regierung | |
abwarten. Auch Jan Korte (Linke) will schauen, „wie weit wir im | |
Innenausschuss kommen“. | |
Ziercke verleitet das bereits wieder zur Offensive: „Ich bin erstaunt, wie | |
kleinlaut die Opposition geworden ist“, vermerkt er spitz. Seit 2004 leitet | |
der 66-Jährige das BKA, schon beim NSU-Bekanntwerden war er angeschlagen. | |
Ziercke aber stand die Kritik durch. Nun lässt er keinen Zweifel, dass er | |
auch seine Edathy-Krise ausgeräumt sieht. | |
## Kritik am Oberstaatsanwalt | |
Die geballte Kritik des Ausschusses bekommt dagegen der Hannoveraner | |
Oberstaatsanwalt Jörg Fröhlich ab. Er leitet die Ermittlungen gegen Edathy | |
und war ebenso am Mittwoch geladen. Warum, haken die Abgeordneten immer | |
wieder nach, warteten die Ermittler drei Monate, bevor sie Edathys Wohnung | |
und Büros durchsuchten? Da hatte sich längst dessen Anwalt nach den | |
Ermittlungen erkundigt, auch berichteten Medien bereits über den Schlag | |
gegen „Azov“. Und warum verschickte die Staatsanwaltschaft den Brief zur | |
Aufhebung von Edathys Immunität über einen lokalen Postanbieter, woraufhin | |
er eine Woche lang unterwegs war? "Ein Ausbund an Schlamperei", schimpft | |
CDU-Mann Thomas Strobl. | |
Fröhlich verteidigt sich laut Teilnehmern, der Postanbieter sei eben der | |
Standardversender. Auch habe man vor den Razzien erst die Entscheidungen | |
anderer Staatsanwaltschaften im Fall "Azov" abwarten wollen. | |
„Schönrederei“, heißt es danach in der CDU und SPD. Wenn es noch offene | |
Frage zum Fall Edathy gebe, dann seien diese fortan in Niedersachsen zu | |
beantworten. | |
1 Jan 1970 | |
## AUTOREN | |
Konrad Litschko | |
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