| # taz.de -- Katrin Göring-Eckardt über Edathy-Affäre: „Das wird keine Talk… | |
| > BKA-Chef Jörg Ziercke lügt, sagt Katrin Göring-Eckardt. Was sich die | |
| > Fraktionsvorsitzende der Grünen jetzt von einem Untersuchungsausschuss | |
| > erhofft. | |
| Bild: Die Grüne Katrin Göring-Eckardt möchte, dass der Untersuchungsausschus… | |
| taz: Frau Göring-Eckardt, die Opposition hat in der Edathy-Affäre lange | |
| gezögert, einen Untersuchungsausschuss zu fordern. Warum tun Sie es | |
| plötzlich doch? | |
| Katrin Göring-Eckardt: Wir haben der Großen Koalition die Chance gegeben, | |
| die Affäre über andere parlamentarische Instrumente aufzuklären, nämlich | |
| über Befragungen im Innenausschuss. Es ist nicht unser Stil, reflexhaft | |
| nach einem Untersuchungsausschuss zu rufen. Aber über das Wochenende hat | |
| sich die Lage relevant verändert. | |
| Ein Spitzenbeamter des Bundeskriminalamtes hat illegale Bilder bei dem | |
| kanadischen Anbieter gekauft, bei dem auch der SPDler Edathy bestellte. | |
| Richtig. Diese Information war für uns der Grund, einen U-Ausschuss zu | |
| fordern. Das Bundeskriminalamt hat offensichtlich versagt, als es von der | |
| kanadischen Polizei Datensätze über deutsche Kunden bekam. Daten wurden zu | |
| spät ausgewertet. Und BKA-Präsident Ziercke hat dem Innenausschuss den Fall | |
| aus den eigenen Reihen vorenthalten und offensichtlich die Unwahrheit | |
| gesagt. | |
| Wo hat das BKA versagt? | |
| Beim BKA lag seit November 2011 eine Liste mit 800 Namen von Kunden einer | |
| Firma, die mit dem Missbrauch von Kindern geschäftsmäßig Geld verdient. Die | |
| Liste werteten die Ermittler laut Herrn Ziercke erst ein gutes halbes Jahr | |
| später aus. Wenn das stimmt, stellt sich die Frage: Warum konnten diese | |
| Leute ein halbes Jahr lang weiter ihr Unwesen treiben, ohne dass Ermittler | |
| tätig werden? | |
| Das BKA sei mit der Flut der Fälle überlastet gewesen und habe ein anderes | |
| Massenverfahren bearbeitet, sagt Ziercke. Glauben Sie ihm das nicht? | |
| Das mag sein. Ich kenne und bewerte die Arbeitsbelastung des BKA nicht. | |
| Aber wenn die Ermittler in Sachen Kinderpornografie heillos überlastet | |
| sind, erwarte ich von einem verantwortungsvollen Behördenleiter, dass er | |
| das seinem Dienstherren sagt. Und um Unterstützung bittet. | |
| Sie werfen Ziercke vor, gelogen zu haben. Warum? | |
| Er hat vor dem Innenausschuss erklärt, dass seine Behörde erst im Juni 2012 | |
| mit der Aufarbeitung der Datensätze zu deutschen Kunden begonnen habe. Das | |
| widerspricht den BKA-Angaben vom vergangenen Freitag, wonach der eigene | |
| Mann viel früher auf der Liste entdeckt wurde, nämlich schon im Januar. Wir | |
| wollen wissen: Warum konnte der Name Edathy durchrutschen? Wie werden | |
| solche Listen beim BKA geprüft? Es gibt einfach zu viele offene | |
| Widersprüche. | |
| Sollte Ziercke zurücktreten? | |
| Ja, der BKA-Präsident sollte den Weg für eine transparente Aufklärung | |
| freimachen. Er bestreitet die Fakten ja nicht. Mein Vertrauen ist | |
| jedenfalls irreparabel beschädigt. | |
| Der Fall Edathy war bisher eine politische Affäre, in der es um Verrat | |
| vertraulicher Informationen ging. Ist diese Deutung falsch? | |
| Das BKA steht im Zentrum des Skandals. Wir haben es mit einem Fall von | |
| eklatantem Behördenversagen bei einem sehr ernsten Thema zu tun. Nach | |
| Bekanntwerden der Morde der rechtsextremen Terrorgruppe NSU fanden die | |
| Grünen, die Ermittlungsbehörden müssten grundsätzlich reformiert werden. | |
| Durch den aktuellen Fall sehen wir uns bestätigt. | |
| Wollen Sie in dem U-Ausschuss auch politische Fehler der Koalition | |
| thematisieren? | |
| Natürlich. Wir werden zum Beispiel noch einmal den | |
| SPD-Fraktionsvorsitzenden Oppermann zu seinem Anruf bei Herrn Ziercke | |
| befragen. Ich finde seine offizielle Version, man habe sich am Telefon | |
| angeschwiegen, unglaubwürdig. Wer vor einem Untersuchungsausschuss aussagt, | |
| ist zur Wahrheit verpflichtet – anders als etwa im Innenausschuss. Ein | |
| U-Ausschuss ist keine Talkshow. | |
| Was soll dabei herauskommen? Es war ein Vier-Augen-Gespräch, beide haben | |
| sich längst auf eine Version geeinigt. | |
| Ohne Untersuchungsausschuss keine Akteneinsicht und keine Wahrheitspflicht. | |
| Glauben Sie ernsthaft, dass Sie Oppermann noch überführen können? | |
| Ich bin gespannt, ob er und Ziercke auch unter Eid bei ihrer Version | |
| bleiben. Darum allein geht es aber ja nicht. | |
| Der Ertrag wird auch bei anderen Punkten dürftig sein. Es ist ja gerade das | |
| Problem, dass es beim Verrat von Interna keine Aktenlage gibt. | |
| Um es klar zu sagen: Unser Fokus wird auf den Fehlern des BKA liegen. Wir | |
| setzen auf einen eng formulierten Untersuchungsauftrag. Es geht darum, mit | |
| einer belastbaren Untersuchung wieder Vertrauen in den Rechtsstaat | |
| herzustellen. Das Stille-Post-Spiel in Union und SPD zu Edathy wird nur ein | |
| Nebenstrang sein. | |
| Aber ist dies nicht der eigentlich brisante Kern der Affäre? | |
| Man muss unterscheiden. Manches kann man nur bedingt in einem solchen | |
| Gremium thematisieren. Auch wenn es hier offene Fragen gibt. Zum Beispiel, | |
| ob das Kanzleramt wirklich nicht über den Fall Edathy informiert war. | |
| Schließlich ist der frühere Innenstaatssekretär Fritsche, der vom BKA über | |
| die Namensliste aus Kanada informiert wurde, heute bei Merkel für die | |
| Geheimdienste zuständig. Wissen Sie, es ist schon öfter passiert, dass | |
| plötzlich doch eine Notiz auftauchte, mit der niemand rechnete. | |
| Wie sieht Ihr Zeitplan für den U-Ausschuss aus? | |
| Wir wollen den Untersuchungsausschuss schon im nächsten Monat einsetzen, er | |
| würde drei bis vier Monate tagen. Dann läge schnell ein Ergebnisbericht | |
| vor. | |
| 4 Mar 2014 | |
| ## AUTOREN | |
| Ulrich Schulte | |
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