| # taz.de -- Gesetze gegen Armutszuwanderung: Wer keinen Job findet, soll gehen | |
| > Die Bundesregierung will Einwanderung von EU-Bürgern ins Sozialsysten | |
| > verhindern – mit Aufenthaltsbefristungen und Wiedereinreisesperren für | |
| > Betrüger. | |
| Bild: Auf Arbeitssuche: Tagelöhner aus Rumänien in seiner Unterkunft in Hesse… | |
| BERLIN taz | Der Bericht trägt den sperrigen Titel „Rechtsfragen und | |
| Herausforderungen bei der Inanspruchnahme der sozialen Sicherungssysteme | |
| durch Angehörige der EU-Mitgliedstaaten“. Doch er hat es in sich. Denn die | |
| Verfasser schlagen eine Reihe umstrittener Maßnahmen vor. | |
| So soll die Regierung das Aufenthaltsrecht für arbeitslose EU-Bürger | |
| begrenzen: Diese sollten künftig nur noch drei Monate Zeit bekommen, um in | |
| Deutschland eine Arbeit zu finden. Und wer sich durch falsche Angaben des | |
| Sozialbetrugs schuldig macht, für den soll es „befristete | |
| Wiedereinreisesperren“ geben. | |
| Am Mittwoch will das Kabinett diese Pläne verabschieden. Innenminister | |
| Thomas de Maizière (CDU) und Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) werden | |
| ihren Kabinettskollegen dafür den Zwischenbericht eines | |
| Staatssekretärsausschusses vorlegen. Der war Anfang Januar von Angela | |
| Merkel und ihrem Vize Sigmar Gabriel einberufen worden war, um den | |
| koalitionsinternen Streit über das Thema zu entschärfen. | |
| „Wer betrügt, der fliegt“ – mit diesem populistischen Slogan hatte die C… | |
| zur Jahreswende auf den Beginn der Arbeitnehmerfreizügigkeit für Bulgaren | |
| und Rumänen reagiert und damit eine Debatte über einen angeblich massenhaft | |
| drohenden Sozialmissbrauch durch Zuwanderer ausgelöst. Dessen Dimensionen | |
| hielten sich nach Ansicht der meisten Experten bisher zwar in Grenzen. | |
| Dennoch sollen jetzt die Gesetze verschärft werden mit dem Ziel, | |
| potenzielle Anreize für sogenannte Armutszuwanderer zu verringern. | |
| ## Noch mit EU-Recht vereinbar? | |
| Diese Pläne bringen jetzt die Opposition auf. Die Grünen halten das für | |
| einen „Rechtsbruch mit Ansage“: Weder ließe sich das Aufenthaltsrecht von | |
| EU-Bürgern zur Arbeitssuche befristen, noch könnten einfach so | |
| Wiedereinreiseverbote für sie verfügt werden, kritisierte der | |
| innenpolitische Sprecher der Partei, Volker Beck. Tatsächlich hat der | |
| Europäische Gerichtshof (EuGH) in der Vergangenheit gegen eine zunehmende | |
| Abschottung der nationalen Sozialsysteme geurteilt. „Der | |
| Staatssekretärsausschuss gibt dem rechtspopulistischen Popanz eines | |
| vermeintlichen Missbrauchs von Sozialleistungen durch Migranten einen | |
| institutionellen Rahmen“, empört sich die migrationspolitische Sprecherin | |
| der Linkspartei, Sevim Dagdelen. | |
| Wer Kindergeld beantragt, soll nach den Plänen der Bundesregierung künftig | |
| außerdem seine Steuernummer angeben müssen. Dem Bericht zufolge hätten | |
| manche EU-Zuwanderer nämlich ihre Kinder mehrfach angemeldet oder sogar | |
| welche dazu erfunden. Die Verfasser des Berichts heben hervor, dass von den | |
| rund 14,4 Millionen Kindergeldberechtigten 660.000 aus anderen EU-Ländern | |
| stammen, viele davon aus Süd- und Osteuropa. Manche der Kinder, deren | |
| Eltern für sie in Deutschland Kindergeld erhielten, lebten zudem in ihrer | |
| Heimat: Von den Kindern polnischer und tschechischer Eltern seien dies fast | |
| 29 Prozent, von denen rumänischer Eltern fast zehn Prozent. Das Kindergeld | |
| sei „häufig die einzig erkennbare Einnahmequelle der Familien“ und | |
| verstärke womöglich den Anreiz zur Zuwanderung, heißt es in dem Bericht. | |
| De Mazière relativiert das Problem | |
| Kommunen, die von Problemen mit armen EU-Zuwanderern besonders betroffen | |
| sind, sollen vom Bund in den nächsten Jahren 200 Millionen Euro an Hilfe | |
| erhalten. In Städten wie Duisburg, Dortmund, Berlin und München sollen | |
| damit etwa Integrationskurse verbessert und „an den besonderen Bedarf der | |
| Zielgruppe“ angepasst werden. Noch bevor er den Bericht am Mittwoch seinen | |
| Kabinettskollegen vorlegen wird, nahm Innenminister Thomas de Maizière | |
| (CDU) die Interpretation vorweg. „Absolut gesehen ist das Problem des | |
| Missbrauchs durchaus kleiner als häufig dargestellt“, schränkte er am | |
| Wochenende in der Rheinischen Post ein. „Regional, in sechs bis sieben | |
| großen Städten, ist es jedoch gewichtig und wachsend.“ | |
| De Maizière sprach sich auch dafür aus, diejenigen ins Visier zu nehmen, | |
| die „aus eigenen, niederen Interessen Zuwanderer hierher holen“, so der | |
| Minister. „Da geht es um gezieltes Anlocken von Zuwanderern zur Ausbeutung | |
| ihrer Arbeitskraft hier in Deutschland. Auch da müssen wir klar gegen | |
| vorgehen.“ Es könne nicht sein, dass Menschen, die kein Wort Deutsch | |
| sprächen, mit perfekt ausgefüllten Anträgen auf dem Amt erschienen und | |
| Kindergeld oder gar einen Gewerbeschein beantragten. | |
| 25 Mar 2014 | |
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| Daniel Bax | |
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