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# taz.de -- Pressefreiheit in Deutschland: Keine Auskunft hinter diesen Fenstern
> Bundesbehörden müssen Journalisten nicht viel mitteilen. Die SPD wollte
> das mal ändern – doch nun ist sie an der Regierung.
Bild: BND-Zentrale in Berlin: keine Auskunft über Mitarbeiter mit NS-Hintergru…
„Der Bundesinnenminister […] braucht Nachhilfe in Sachen Pressefreiheit.“
Und: „Jetzt kann sich die Regierung […] für die Pressefreiheit entscheiden.
Oder dagegen. Wir sind gespannt.“ Sätze der SPD-Fraktion, die für ein
Presseauskunftsgesetz werben sollten, aus dem vergangenen Jahr. Ein solches
Gesetz würde Bundesbehörden gegenüber Medienvertretern zur Auskunft
verpflichten.
Seit Herbst 2013 sind die Verfasser selbst Teil der Regierungskoalition.
Ein Presseauskunftsgesetz gibt es noch immer nicht. Im schwarz-roten
Koalitionsvertrag ist es auch nicht vorgesehen. Laut Innenministerium gibt
es keine konkreten Pläne.
Die juristische Vorgeschichte: Ein Bild-Reporter hatte den
Bundesnachrichtendienst 2010 um Auskunft über Mitarbeiter des BND mit
NS-Hintergrund gebeten. Der BND hatte diese Auskunft verschleppt, woraufhin
der Reporter Untätigkeitsklage einreichte.
Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) wies die Klage im Februar 2013 als
unbegründet ab: Die Landespressegesetze begründeten keine
Auskunftsansprüche der Presse gegen den Bundesnachrichtendienst. Die
Gesetzgebungskompetenz zur Regelung derartiger Presseauskünfte liege beim
Bund.
## Auskunftsanspruch durchs Grundgesetz
Allerdings: Wegen der großen Bedeutung der Pressefreiheit ergibt sich dem
BVerwG-Urteil zufolge ein Auskunftsanspruch der Presse direkt aus dem
Grundgesetz. Aber mit Verweis auf Artikel 5 lässt sich laut BVerwG nur ein
„Minimalstandard“ begründen, darüber hinausgehende Auskunftsansprüche m�…
der Gesetzgeber regeln.
Für den Bild-Reporter hat der Berliner Anwalt Christoph Partsch im Mai
Verfassungsbeschwerde eingelegt. „Angesichts der Verweigerungshaltung
einiger Ministerien und Bundesbehörden und der sehr restriktiven Praxis der
Berliner Gerichte brauchen wir dringend eine Klärung durch das
Bundesverfassungsgericht, um die Pressefreiheit auf Bundesebene nicht
leerlaufen zu lassen“, so Partsch.
Allerdings gibt es Streit darüber, ob der Bund überhaupt zuständig sei.
Manche Verfassungsrechtsexperten sehen die Gesetzgebungskompetenz im
Presserecht ausschließlich bei den Ländern und halten die
BVerwG-Entscheidung für ein Fehlurteil.
## Petition läuft
Journalist Helmut Lorscheid findet es indes falsch, auf ein Urteil des
Bundesverfassungsgerichts zu warten, und „möchte bei Recherchen in
Bundesbehörden zumindest die gleiche Rechtssicherheit wie gegenüber
Landesbehörden haben“.
Er hat deshalb die Bundestagspetition mit der Nummer 47936 eingereicht.
Forderung: „Der Deutsche Bundestag möge ein Presseauskunftsgesetz
beschließen.“ Lorscheid übt auch Kritik an der Opposition dafür, das Thema
nicht genug zu thematisieren und selbst einen Gesetzesentwurf einzubringen.
Tabea Rößner, medienpolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion, begründet
das Ausbleiben eines Entwurfs mit der begrenzten Anzahl an Debattenplätzen
der eigenen Fraktion. Ein Gesetzentwurf würde „zum jetzigen Zeitpunkt
verpuffen“ – die Positionen der Parteien seien ohnehin klar.
Hat sich denn nun seit dem BVerwG-Urteil die Lage für Journalisten
verschlechtert? Eher nicht, meinen Journalisten und Verbandsvertreter
einhellig: In der Praxis würde wie gehabt Auskunft erteilt – abgesehen von
Einzelfällen.
Doch gerade weil in Deutschland Behörden „durch das obrigkeitsstaatliche
Amtsgeheimnis geprägt“ seien, brauche man eindeutige Transparenz- und
Auskunftsregeln, sagt Manfred Redelfs, Experte für
Informationsfreiheitsrechte beim Netzwerk Recherche. Auch das
Informationsfreiheitsgesetz, das seit 2006 gilt, sei keine Alternative,
weil es lange Fristen und hohe Gebühren vorsehe und viele staatliche
Bereiche wie Geheimdienste ausgenommen seien.
In der SPD-Fraktion hält man eine „einfachgesetzliche Präzisierung des
Auskunftsanspruchs der Presse gegen Bundesbehörden“, wie ihn der
SPD-Gesetzentwurf vorsah, „nach wie vor für sinnvoll, jedenfalls solange
das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts dazu Bestand hat.“ Ihr
innenpolitischer Sprecher Michael Hartmann weiter: „Wenn der Bundestag
dieses Problem nicht löst, wird es am Ende das Bundesverfassungsgericht tun
müssen.“
22 Apr 2014
## AUTOREN
Jan Michael Ihl
## TAGS
BND
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Schwerpunkt Pressefreiheit
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Öffentlichkeit
Heiko Maas
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