# taz.de -- Gesamtergebnis der Europawahl: Konservative sind stärkste Fraktion | |
> Stimmen verloren, Wahl gewonnen: Die EVP holt die meisten Sitze. Jetzt | |
> beansprucht sie das Amt des Kommissionspräsidenten für ihren Kandidaten | |
> Juncker. | |
Bild: Gefragter Mann: Jean-Claude Juncker, umringt von Reportern. | |
BRÜSSEL dpa | Die konservative Europäische Volkspartei (EVP) mit | |
Spitzenkandidat Jean-Claude Juncker ist aus der Europawahl in 28 Ländern | |
als stärkste Kraft hervorgegangen. Ihr Vorsprung auf die Sozialdemokraten | |
schrumpfte allerdings. Als Folge der jahrelangen Eurokrise legten zugleich | |
rechtsorientierte und populistische Parteien stark zu, insbesondere in | |
Frankreich und Großbritannien. | |
In Deutschland verteidigten die Unionsparteien ihre Vorrangstellung - | |
allerdings bei herben CSU-Verlusten. Die SPD mit Junckers Rivalen Martin | |
Schulz als europäischem Spitzenkandidaten gewann am Sonntag nach ihrem Tief | |
vor fünf Jahren hierzulande kräftig hinzu. Das Rennen um den EU-Chefposten | |
des Kommissionspräsidenten blieb offen. In der Berliner Koalition begann | |
noch am Wahlabend der Kampf um diese wichtige Brüsseler Personalie. | |
Der konservative Parteienblock EVP errang nach den in der Nacht zum Montag | |
vom Europaparlament veröffentlichten vorläufigen Ergebnissen 28,23 Prozent | |
der Stimmen – deutlich weniger als 2009 (35,77). Dies entspricht 212 der | |
751 Sitze im Europaparlament. Die Sozialdemokratische Partei Europas (SPE) | |
mit ihrem Spitzenkandidaten Schulz kam mit 24,77 Prozent oder 186 Sitzen | |
auf Platz zwei. Auf Platz drei lagen die Liberalen mit 9,32 Prozent und 70 | |
Sitzen. | |
Rechtsorientierte und populistische Parteien kamen auf insgesamt rund 19 | |
Prozent. In Frankreich wurde die rechtsextreme Partei Front National (FN) | |
klar stärkste Kraft. Die EU-skeptische UKIP gewann in Großbritannien. Ob es | |
am rechten Rand nun eine neue EU-Parlamentsfraktion geben wird, ist noch | |
offen. | |
Mit dem EVP-Sieg sind die Chancen des luxemburgischen Ex-Premiers Juncker | |
auf den Posten des EU-Kommissionschefs gestiegen. Allerdings beanspruchte | |
SPD-Chef Sigmar Gabriel den Posten auch für seinen Parteifreund Schulz. | |
Dieser will sich trotz des Rückstands weiter um das Amt bemühen. | |
Die EU-Staats- und Regierungschefs, die den Chef der Brüsseler Behörde | |
vorschlagen, müssen das Wahlergebnis berücksichtigen. Bis die | |
Personalentscheidung steht, könnte es noch Wochen dauern. Möglich ist | |
weiterhin, dass am Ende ein Kompromisskandidat dabei herauskommt. | |
In Deutschland erreichte die Union von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) nach | |
dem vorläufigen amtlichen Endergebnis 35,3 Prozent - ihr schlechtestes | |
Europa-Ergebnis seit 1979. Diese Verluste gingen ganz überwiegend auf das | |
Konto der CSU, die in Bayern rund acht Prozentpunkte einbüßte. Die SPD | |
verbesserte sich auf 27,3 Prozent - sie hatte 2009 allerdings mit 20,8 | |
Prozent auch ihr schlechtestes Europawahl-Ergebnis eingefahren. | |
Die Grünen sackten auf 10,7 Prozent (12,1). Die Linke erreichte 7,4 Prozent | |
(7,5). Die FDP stürzte wie zuvor schon bei der Bundestagswahl nun auch auf | |
EU-Ebene ab und kam nur auf 3,4 Prozent (11,0). Die euroskeptische | |
Alternative für Deutschland (AfD) schaffte es bei ihrer ersten Europawahl | |
mit einem starken Ergebnis von 7,0 Prozent ins Parlament. | |
EU-weit blieb die Wahlbeteiligung mit etwa 43,1 Prozent konstant niedrig. | |
Insgesamt waren in den 28 Staaten 400 Millionen Bürger aufgerufen, ihre | |
Stimme abzugeben. Allein in Deutschland waren es 64,4 Millionen, darunter | |
2,9 Millionen aus anderen EU-Staaten. | |
In Frankreich kam die rechtsextreme Partei Front National unter Marine Le | |
Pen laut vorläufigem Ergebnis des Innenministeriums auf 26 Prozent, vor der | |
konservativen Oppositionspartei UMP mit 20,7 Prozent und den regierenden | |
Sozialisten von Präsident François Hollande mit nur 13,9 Prozent. Le Pen | |
forderte angesichts des FN-Ergebnisses die Auflösung der | |
Nationalversammlung und den Rücktritt von Premierminister Manuel Valls. | |
Hollande rief wichtige Minister für Montag zu einer Sondersitzung im | |
Élysée-Palast zusammen. | |
In Großbritannien bezeichnete UKIP-Chef Nigel Farage den Wahlausgang als | |
"außergewöhnlichstes Ergebnis seit 100 Jahren". BBC-Berechnungen zufolge | |
stellt UKIP künftig wohl 24 der 73 britischen Europaabgeordneten. Einbußen | |
mussten die Konservativen von Premierminister David Cameron hinnehmen. Eine | |
Wahlpanne in London verzögerte das Ergebnis, in Schottland stehen resultate | |
noch aus. An der Position der Rechtspopulisten als stärkste politische | |
Kraft dürfte das aber nichts mehr ändern. Auch in Skandinavien schnitten | |
die Rechtspopulisten besser als erwartet ab. | |
Im Euro-Krisenland Griechenland wurden die oppositionellen radikalen Linken | |
(Syriza) um den europaweiten Linke-Spitzenkandidaten Alexis Tsipras laut | |
Angaben aller Demoskopieinstitute mit 26,5 Prozent stärkste Kraft. Die | |
zusammen mit den Sozialisten regierende konservative Nea Dimokratia landete | |
mit 23,2 Prozent auf Platz zwei. Drittstärkste Kraft ist demnach die | |
rechtsradikale und rassistische Partei Goldene Morgenröte mit 9,3 Prozent. | |
In Italien bestand die Demokratische Partei (PD) von Regierungschef Matteo | |
Renzi ihre erste Bewährungsprobe nach dem Machtantritt. Erste Prognosen | |
sahen die PD bei rund 33 Prozent. Dahinter folgte die populistische | |
Fünf-Sterne-Bewegung (M5S) mit rund 26,5 Prozent. Die konservative | |
Opposition Forza Italia (FI) von Ex-Regierungschef Silvio Berlusconi | |
landete mit 18 Prozent auf Platz drei. | |
In Österreich blieb die konservative ÖVP laut vorläufigem Endergebnis | |
stärkste Kraft. Zweitstärkste Partei wurde die sozialdemokratische SPÖ. | |
Deutlich zugelegt hat die rechte FPÖ, die laut Hochrechnungen knapp 20,5 | |
Prozent erreicht. Auch die Grünen gewinnen deutlich. | |
Die Niederländer hatten bereits am Donnerstag gewählt. Die | |
Anti-Europa-Partei des niederländischen Rechtspopulisten Geert Wilders kann | |
trotz Verlusten vier Abgeordnete nach Straßburg schicken. Stärkste Parteien | |
sind die europafreundlichen Christdemokraten (5 Mandate) und die | |
linksliberale Partei D66 (4). Je drei Sitze errangen die Regierungsparteien | |
- die rechtsliberale VVD und die sozialdemokratische Partei für die Arbeit. | |
25 May 2014 | |
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