| # taz.de -- Wer wird EU-Kommissionspräsident?: Der Zweikampf geht los | |
| > Jean-Claude Juncker und Martin Schulz ringen um das wichtigste Amt in der | |
| > EU. Warum der Konservative Juncker jetzt die besseren Karten hat. | |
| Bild: Der Sozialdemokrat Martin Schulz (r.) hatte vor der Wahl gut lachen. Nun … | |
| BERLIN taz | Die erste wichtige Botschaft des Tages überbrachte Volker | |
| Kauder im Fernsehen: Die Bundeskanzlerin werde sich für Jean-Claude Juncker | |
| als Präsidenten der EU-Kommission starkmachen, erklärte der | |
| Unions-Fraktionschef im ZDF-Morgenmagazin. „Wir haben die Wahl gewonnen, | |
| Jean-Claude Juncker ist unser Kandidat“, sagte Kauder. | |
| Kauder, ein enger Vertrauter Angela Merkels, würde solche Worte niemals | |
| unabgesprochen wählen. Sie sind ein Bekenntnis zum eigenen | |
| Spitzenkandidaten. Und das ist neu. Bisher hatte Merkel eine klare Ansage | |
| vermieden. | |
| Die deutsche Regierungschefin hatte bei bisherigen Besetzungen der | |
| Kommissionsspitze immer ein wichtiges Wort mitgeredet, sie wollte sich | |
| dieses Recht nicht aus der Hand nehmen lassen. Nun hieß es im Kanzleramt | |
| bis kurz vor der Wahl, die Frage, wer nach der Wahl Kommissionspräsident | |
| werde, sei offen. | |
| Jetzt aber läuft alles auf einen Zweikampf hinaus. Jean-Claude Juncker und | |
| der Sozialdemokrat Martin Schulz ringen um das wichtigste Amt in der EU. | |
| Beide werden versuchen, im EU-Parlament eine Mehrheit hinter sich zu | |
| bringen. Dabei gilt: Der Europäische Rat, also die Versammlung aller 28 | |
| Regierungschefs der Mitgliedstaaten, wird einen Kandidaten vorschlagen. Er | |
| muss, so sieht es der seit 2009 geltende Lissabon-Vertrag vor, das | |
| Wahlergebnis berücksichtigen. Den Vorschlag muss das Parlament am Ende | |
| beschließen. | |
| ## Sozialdemokraten wollen kämpfen | |
| Bisher gibt es kein offizielles Wahlergebnis, aber laut Hochrechnungen | |
| liegt die Europäische Volkspartei (EVP) mit 212 Sitzen im Parlament vor den | |
| Sozialdemokraten und Sozialisten (186 Sitze). Damit ist der Vorsprung der | |
| Konservativen im Vergleich zum Wahlergebnis 2009 zwar geschrumpft, aber | |
| immer noch deutlich. Und dies ist wichtig im Duell Juncker gegen Schulz. | |
| Die Sozialdemokraten wollen trotzdem um das wichtige Amt kämpfen. Das | |
| Ergebnis der SPD bedeute den größten Zugewinn, den die SPD bei einer | |
| deutschlandweiten Wahl jemals erreicht hat, sagte SPD-Chef Sigmar Gabriel | |
| am Sonntagabend. „Und das Wahlergebnis trägt einen Namen. Er lautet: Martin | |
| Schulz.“ | |
| Dann sendete Gabriel eine entscheidende Botschaft: Die EU-Parlamentarier | |
| würden sich in den kommenden Wochen verständigen, wer von beiden Kandidaten | |
| ihre Mehrheit bekomme. „Martin Schulz hat große Chancen, eine Mehrheit im | |
| Parlament hinter sich zu bringen.“ Wenig später kündigte Schulz auch | |
| persönlich an, sich um die Mehrheit zu bemühen. | |
| Das heißt: Die SPD akzeptiert die Tatsache, dass die Konservativen vorn | |
| liegen, nicht als maßgebliches Kriterium für die Entscheidung. Schulz | |
| verlagert das Schlachtfeld auf die Mehrheitsfindung im Parlament. Dass die | |
| Sozialdemokraten mit dieser Deutung durchkommen, ist allerdings sehr | |
| fraglich. | |
| ## Unterstützung der Kanzlerin | |
| Denn Juncker ist nicht gewillt, auf das Amt zu verzichten. Und machte | |
| bereits klar, dass selbstverständlich die vorn liegende Fraktion das Recht | |
| habe, den Kandidaten zu bestimmen. Diverse Politiker der europäischen | |
| Christdemokratie beschreiben diese Logik bereits als | |
| Selbstverständlichkeit: „Es ist üblich, dass der Vertreter der stärksten | |
| Partei gefragt wird. Und das ist Jean-Claude Juncker“, sagte zum Beispiel | |
| der Europa-Parlamentarier Elmar Brok (CDU). „Die SPD muss Juncker mit | |
| vorschlagen.“ Vor allem aber scheint Juncker bei seinem Ansinnen sogar die | |
| Unterstützung der Kanzlerin zu genießen. | |
| Wie es im Moment aussieht, hat Juncker im Rennen um die Präsidentschaft | |
| deshalb bessere Chancen – auch wenn die Sozialdemokraten lautstark das | |
| Gegenteil behaupten. | |
| Am Ende könnte es bei der komplizierten Mehrheitsfindung im EU-Parlament | |
| sowieso auf eine Große Koalition hinauslaufen. In einer solchen könnten die | |
| Konservativen den Schwächeren schwer zum Chef wählen. Der Europäische Rat, | |
| in dem mehrheitlich konservative Regierungschefs sitzen, wird sich zudem | |
| auf das Wahlergebnis berufen. Von Parlamentsmehrheiten steht nämlich im | |
| Vertrag von Lissabon kein Wort. | |
| Eine weitere Variante wird damit allerdings immer unwahrscheinlicher. In | |
| Brüssel war in den vergangenen Wochen viel darüber spekuliert worden, dass | |
| ein dritter Kandidat zum Zuge kommen könnte, weil weder Juncker noch Schulz | |
| Merkel und Co genehm seien. Diese Version wird seit dem Wahlabend kaum noch | |
| erzählt. | |
| 26 May 2014 | |
| ## AUTOREN | |
| Ulrich Schulte | |
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