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# taz.de -- Franz Josef Strauß über die CSU-Krise: „Mittelmäßige Politpyg…
> Den verstorbenen bayerischen Staats- und Parteichef Franz Josef Strauß
> wundert es nicht, dass seine CSU so auf den Hund gekommen ist.
Bild: Alles nur Separatisten-Folklore! Maulhelden sind sie, die Bayern!
An dieser Stelle wird viel zu wenig über die CSU geredet! Meine CSU. Eine
Partei, die Bayern noch als ihren Privatbesitz betrachtet hat. Und das
nicht, weil der Himmel so blau war, die Berge so schön, die Seen so klar
und die Wälder so grün waren. Diese weiß-blauer Klischee-Fabrikation
entstammenden Bilder, mit denen sich meine sogenannten Nachfolger heute
brüsten, haben uns seinerzeit einen Dreck interessiert, weil wir noch
mitgespielt haben in der Weltpolitik! Ich war bei Mao, bei Breschnew, bei
Reagan, bei Sonnenschein. Ich habe einen Milliardenkredit eingefädelt!
In meiner CSU waren gesponserte Geburtstagsfeiern oder gefälschte
Doktortitel und angestellte Verwandte kein Skandal. Das war zu meiner Zeit
der Wesenskern unserer Partei! Bei uns hat keiner an einen Rehpinscher
gedacht, wenn man gesagt hat „Hund san’s scho!“ Das kann man sich heute, …
poststoiberschen Event- und Schnöselfreistaat nicht mehr vorstellen! Weil
dieser sprechende Aktendeckel Stoiber die weltpolitische Basis Bayern zu
einem reinen Wirtschaftsstandort degeneriert hat.
Der Stoiber! Das hätte doch nie passieren dürfen, dass ausgerechnet dieser
Wolfratshausener Kamillenteesieder Ministerpräsident wird und es dann auch
noch 14 Jahre lang bleibt! Der hat doch von G 8 bis Hypo-Alpe-Adria eine
Erfolgsbilanz wie ein politischer Gartenzwerg nach dem ersten
Wintereinbruch, eine ganze Generation bayerischer Gymnasiasten hat der auf
dem Gewissen, dieser Uli-Hoeneß-Enddarmbewohner! So weit ist es gekommen,
dass ein Sockenriecher wie dieser Stoiber, ein politisches Nichts, vom
bayerischen Volk als Elderstatesman angesehen wird! Diese elende Mischung
aus Mittelmaß und Größenwahn! Dieser nibelungenblonde Gesinnungspreuße!
Und dass sich jetzt zu allem Überfluss auch noch ausgerechnet der Erwin
Huber zum Chefkritiker des Ladens aufschwingt, dieses niederbayerische
Stimmvieh, das kann man ja nur als Treppenwitz der CSU-Geschichte
begreifen. Ausgerechnet DER als Vordenker meiner Partei. Noch aus seiner
Zeit als Parteichef weiß man doch: Wo der Huber vor-denkt, da braucht’s
eine ganze Armada, die nach-denkt, damit sich der Schaden halbwegs in
Grenzen hält.
## Prager Halbdoktor
Der Bismarck hat einmal gesagt: „Die erste Generation baut auf, die zweite
reißt ein, die dritte studiert Kunstgeschichte und die vierte verkommt.“
Ich wundere mich, woher schon der Bismarck die CSU gekannt hat. Strauß –
Stoiber – Seehofer – Scheuer!
Dieser Prager Halbdoktor. Der muss einen Zwillingsbruder haben. Einer
allein kann ja so bescheuert gar nicht sein! Was der allein im
Europawahlkampf von sich gegeben hat: Der ist ja keine
Phrasendreschmaschine mehr, das ist ja ein Worthülsenvollernter! Das is
der, für den auf der Tiefkühlpizza draufsteht: Bitte Folie entfernen.
Und der Seehofer hat auch nicht Kunstgeschichte studiert, sondern
Populismus oder wie er es nennt: Koalition mit dem Volk! Wie tief ist die
CSU gesunken, dass sie sich dem Volk als Koalitionspartner andienen muss?
Zu meiner Zeit waren die Leute in Bayern froh, dass sie CSU wählen durften
und nicht diesem Kohl ihre Stimme geben mussten, diesem Pfälzer
Politsaumagen! Da ist das Volk am Wahlsonntag so andächtig ins Wahllokal
gepilgert, dass man schon von einer christlich-sozialen Wahlfahrt sprechen
konnte, in liturgischen Gewändern: Dirndl, Lederhose – kurze Wichs.
Der Wähler in Tracht, wohlgemerkt, nicht der Politiker! Und heute dackeln
Politschlümpfe in senfgelben, kanariengrünen oder kaschperlblauen
Trachtenjankern dem Volk hinterher und tragen ihm eine Koalition an! Mein
Lieber! Mit billigen Sprüchen: Bayern kann es auch allein!
## Wandelnder Propagandalautsprecher
Haben Sie das gelesen, das Buch von diesem Scharnagl. Ich weiß nicht, ob
sie ihn kennen. Wilfried Scharnagl. Früher mein wandelnder
Propagandalautsprecher und Chef vom Bayernkurier. Den hätte ich auch einmal
verhaften lassen sollen, wie den Ahlers vom Spiegel, dann wäre der
Bayernkurier heute vielleicht auch eine Zeitung von Weltgeltung und nicht
eine derartig abgestandene Vereinspostille, wo man nicht einmal mehr einen
Fisch einwickeln will, weil man Angst hat, dass er ranzig wird davon.
Bayern kann es auch allein! Wie das gehen soll, das sagt er nicht, der
Scharnagl! Die Lossagung Bayerns von Deutschland. Mit einer Bayerischen
Befreiungsarmee und dem Anti-Europa-Terrier Gauweiler als weißblauem Che
Guevara?
Das ist doch alles nur Separatisten-Folklore! Maulhelden sind sie, die
Bayern! Ich weiß doch, von was ich rede. Ich war doch der Größte! Ich habe
es ja nicht einmal geschafft, die CSU bundesweit auszudehnen. Ich habe
gegen Schmidt verloren, gegen Kohl, gegen Augstein! Warum bin denn ich
bayerischer Ministerpräsident geworden? Weil ich überall sonst gescheitert
bin! Ich bin das beste Beispiel dafür, dass das bayerische
Selbstbewusstsein nichts anderes ist als ein verkappter
Minderwertigkeitskomplex! Mir san mir. Pah! Das ist das Pfeifen im Walde,
damit man’s Fürchten nicht merkt!
Warum schauen Ufos aus wie fliegende Untertassen? Weil die Leute sich Ufos
so vorstellen. Deswegen schaut Bayern auch so aus: Maßkrug, Weißwürscht,
Brezn. Weil die Leute sich Bayern so vorstellen. Dieses Bayern ist doch nur
noch eine Behauptung. Ein Phantom. Ein Ungeheuer von Loch Ness, das man
immer da auftauchen lassen kann, wo’s einem gerade passt. Da gehört eine
Revolution her dagegen! Ein bayerischer Maidan gegen die allgemeine
Vollverblödung!
Man muss ja nur einmal das Bayerische Fernsehen aufdrehen. Ein
Fernsehsender, der mir zu meiner Zeit noch persönlich gehört hat! Da wenn
man heute hineinschaut, kann man ja den Eindruck gewinnen, ganz Bayern wäre
ein einziges Freilichtmuseum unter dem Motto „Dahoam is dahoam“.
Ausgestorbene Berufe, unverständliche Dialekte und mitten drin ein
Promikoch, der Weißwürschte paniert! Das ist es, was von Bayern übrig ist.
Vielen Dank!
Der Autor ist Münchner Kabarettist, Jahrgang 1967, und seit 30 Jahren auf
den Kleinkunstbühnen der Republik unterwegs, liest in seinem neuen
Programm, „Ehrlich!“, in der Rolle von Franz Josef Strauß dessen
Nachfolgern an der Spitze der CSU die Leviten.
2 Jun 2014
## AUTOREN
Helmut Schleich
## TAGS
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Horst Seehofer
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