# taz.de -- Parteitag der CSU in Nürnberg: Bayern bombastisch | |
> Was macht man als regionale Splitterpartei mit Großmachtallüren | |
> eigentlich so im Europawahlkampf? Pöbeln. Sich geil finden. | |
Bild: Spitzenkandidat Ferber unter einem Bayern, das von Norwegen bis an die Ad… | |
BERLIN taz | Vereinzelt hat es auch Äußerungen gegeben, die in der EU nicht | |
die Wurzel allen Ungemachs sehen: Die CSU hat am Wochenende auf ihrem | |
Europaparteitag in Nürnberg deftig gegen Brüssel und den Spitzenkandidaten | |
der SPD, Martin Schulz, gepöbelt – da gingen Sätze wie: „Wir profitieren … | |
meisten vom Binnenmarkt, und das müssen wir viel besser publik machen“, der | |
Europaabgeordnete Angelika Niebler schnell unter. | |
Denn mit dem Publikmachen von irgendwelchen Vorteilen der EU ist es im | |
Wahlprogramm – ebenfalls am Wochenende abgesegnet – nicht weit her. | |
„Europaplan“ steht über dem Thesenpapier, dessen Titel von einer | |
Europakarte geschmückt wird, die allein ein politisches Statement ist: Wo | |
Russland sein müsste, endet sie im Nichts, die Türkei versinkt im Nebel – | |
schließlich will die CSU deren Beitrittsverhandlungen mit der EU ohnehin | |
sofort abbrechen. „Das gebietet schon der faire Umgang mit der Türkei“, | |
steht im Programm. | |
Europa, da ist die Bayern-CSU standhaft wie 1529 die Wiener gegen Sultan | |
Süleyman I., ist „christlich-abendländisch“ und „humanistisch“, und w… | |
diese Werte nicht teile, kann nicht in die EU. Über ganz Europa schwebt auf | |
der Titelseite mindestens doppelt so groß wie Frankreich: Bayern. Eine | |
layouterisch sehr exakte Wiedergabe des Wir-über-allem-Paradigmas. Daraus | |
lässt sich die Wahlkampfformel der Partei ableiten. | |
CSU ist Bayern ist Paradies ist ungleich Europa, daraus folgt, Zitat: „Auf | |
Bayern schauen die Menschen mit ganz besonderer Achtsamkeit: auf eine der | |
ältesten Kulturnationen Europas mit 1.500-jähriger Geschichte; auf die | |
attraktivste Wirtschaftsregion unseres Kontinents; auf ein Vorbild an | |
Stabilität […] Der Erfolgsweg von Bayern ist auch Motor und Antreiber für | |
das moderne Europa.“ | |
## Der übliche Schimpf | |
In das Bild der kulturellen Überlegenheit mischt die Partei üblichen | |
Schimpf auf „überflüssige Bürokratie“, „Brüsseler Regulierungswut“,… | |
erstickende Flut von Bürokratie aus Brüssel“, und während die AfD den Euro | |
gleich abschaffen will, fordert die CSU lediglich, Schuldenstaaten | |
vorübergehend aus dem Euro werfen zu können. Das Demokratiebild der CSU | |
passt relativ gut zu Angela Merkels Bild einer marktkonformen Demokratie. | |
Da wird groß über das „Legitimationsdefizit“ des EU-Parlaments gegreint, | |
ein „Europa der Bürger“ gefordert, aber eben nur so lange es Deutschland | |
nichts kostet. Bürger anderer Staaten haben nichts zu melden, wenn sie | |
weiter „Hilfen“ wollen. „Wenn ein Staat den Auflagen nicht nachkommt, | |
müssen die Hilfen entsprechend gekürzt oder ganz gestrichen werden“, heißt | |
es, und um das durchzusetzen, dürfe Brüssel ausnahmsweise sogar mehr | |
Kompetenzen bekommen – sonst ist das ein absoluter Sündenfall. | |
Aber die CSU wäre nicht die CSU, wäre sie nicht auch an die Mitte | |
anschlussfähig: Sie ist gegen Gentechnik, will dem EU-Parlament mehr | |
Kompetenzen zusprechen und beim Freihandel keine Öko- und Sozialstandards | |
schleifen. Die EU kann noch viel von Bayern lernen. | |
11 May 2014 | |
## AUTOREN | |
Ingo Arzt | |
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