# taz.de -- Erste Länderprognosen zur Europawahl: Denkzettel und Überraschung… | |
> Sieben Länder haben bereits gewählt. Es zeichnet sich eine niedrige | |
> Beteiligung ab. Regierungsparteien und Rechtspopulisten schneiden | |
> schlechter ab als erwartet. | |
Bild: Die Wahlurne mit zwei Stimmzetteln wird abtransportiert: Auf der irischen… | |
STRASSBURG/BERLIN dpa | In Deutschland und 20 weiteren EU-Ländern hat am | |
Sonntag die Wahl des neuen Europaparlament begonnen. Hierzulande können bis | |
18.00 Uhr rund 64,4 Millionen Menschen abstimmen: 61,4 Millionen Deutsche | |
und fast drei Millionen Bürger anderer EU-Länder. Insgesamt waren in den 28 | |
Mitgliedstaaten rund 400 Millionen Menschen dazu aufgerufen, die 751 | |
EU-Abgeordneten in Straßburg neu zu bestimmen. | |
Bei dieser Wahl gibt es ein Novum: Die Parteienblöcke haben erstmals für | |
den wichtigen Posten des EU-Kommissionschefs europaweite Spitzenkandidaten | |
ins Rennen geschickt. Für die Konservativen, zu denen CDU/CSU gehören, | |
tritt der frühere Luxemburger Premier Jean-Claude Juncker an, für die | |
Sozialisten der Präsident des Europaparlaments, der Deutsche Martin Schulz | |
(SPD). Mit Spannung wird zudem das Abschneiden rechtsextremer, | |
populistischer und euroskeptischer Parteien erwartet. | |
Bislang gibt es nur aus einigen wenigen Ländern erste Prognosen zum | |
Wahlausgang. Offizielle Ergebnisse dürfen erst am späten Sonntagabend | |
bekanntgegeben werden, sobald die letzten Wahllokale in Italien um 23 Uhr | |
geschlossen sind. In Deutschland planen ARD und ZDF bereits um 18.00 Uhr | |
Prognosen und später auch Hochrechnungen. | |
Mit 96 Parlamentariern entsendet Deutschland die größte Gruppe nach | |
Straßburg. In Deutschland beteiligen sich 25 Parteien und sonstige | |
politische Vereinigungen. Auch Kleinparteien können sich diesmal eine | |
Chance ausrechnen, weil das Verfassungsgericht die Sperrklausel gekippt | |
hatte – etwa ein Prozent der Stimmen dürfte für ein Mandat reichen. | |
Gleichzeitig mit der Europawahl werden in Deutschland Kommunalwahlen in | |
zehn Bundesländern abgehalten. | |
## Sehr niedrige Wahlbeteiligung | |
In sieben EU-Staaten ist die Wahl bereits gelaufen: In Großbritannien und | |
den Niederlanden, in Irland, Lettland, Tschechien, der Slowakei sowie im | |
kleinsten EU-Land Malta konnten die Bürger bereits an den ersten drei Tagen | |
der Mammutabstimmung wählen gehen. | |
Erste Trends lassen befürchten, dass die Wahlbeteiligung dieses Mal | |
womöglich noch geringer ausfallen könnte als vor fünf Jahren. 2009 gaben | |
EU-weit nur 43 Prozent aller Wahlberechtigten ihre Stimme ab. | |
In Irland, wo die Beteiligung immerhin bei um die 50 Prozent lag, | |
verpassten die Wähler der Regierung bei der Europawahl einen Denkzettel. | |
Die konservative Fine-Gael-Partei von Premierminister Enda Kenny kam nur | |
auf 22 Prozent der Stimmen, die mitregierenden Sozialdemokraten erzielten | |
gar nur sechs Prozent. Das bedeutet Verluste im zweistelligen Bereich im | |
Vergleich zu früheren Wahlen. Starke Zugewinne verbuchten unabhängige | |
Bewerber. Die linksgerichtete Sinn-Fein-Partei des Ex-IRA-Mannes Gerry | |
Adams legte ebenfalls zu. | |
In Lettland zeichnet sich einer ersten vorläufigen Prognose zufolge ein | |
klarer Sieg des proeuropäischen Einheitsblocks von Regierungschefin | |
Laimdota Straujuma ab. Das vor den Wahlen favorisierte oppositionelle | |
Harmoniezentrum käme demnach auf Platz zwei, vor den beiden anderen | |
Mitte-Rechts-Regierungsparteien, ergab eine Nachwahlbefragung des | |
Forschungsinstituts „Latvijas Fakti“ im Auftrag des lettischen Fernsehens. | |
## Schlappe für Rechtspopulisten | |
In Tschechien begann nach Schließung der Wahllokale die Suche nach den | |
Gründen für die offenbar auch dort niedrige Wahlbeteiligung. Fast die | |
Hälfte der Tschechen (48 Prozent) hielt die Europawahl für überflüssig, | |
weil sie nichts ändere, berichtete das tschechische TV am Samstag unter | |
Berufung auf eine Umfrage des Instituts Focus. | |
In Deutschland machten zum Wahlkampffinale die Parteivorsitzenden und | |
Spitzenkandidaten noch einmal Werbung für ihre Parteien. Kanzlerin und | |
CDU-Chefin Angela Merkel legte in Worms ein Bekenntnis zur friedlichen | |
Lösung der Ukraine-Krise und anderer Konflikte ab. In Frankfurt am Main | |
rief SPD-Spitzenkandidat Martin Schulz die Bürger zur Wahl auf, um | |
Rechtspopulisten keine Chance zu geben. Ähnlich äußerten sich in Berlin | |
Grünen-Spitzenkandidatin Rebecca Harms und -Parteichef Cem Özdemir. | |
In den Niederlanden hatte der Rechtspopulist und Europaskeptiker Geert | |
Wilders am Donnerstag überraschend eine klare Schlappe erlitten. Dort | |
setzten sich Prognosen zufolge die europafreundlichen Kräfte der | |
linksliberalen D66 und der Konservativen durch. Einen ähnlichen Trend für | |
proeuropäische Kräfte sagte für Tschechien eine erste – jedoch nicht | |
repräsentative – Wählerbefragung durch Reporter der Zeitung „MF Dnes“ | |
voraus. | |
In Großbritannien schien sich dagegen ein deutlicher Stimmenzuwachs für die | |
rechtspopulistische Unabhängigkeitspartei UKIP abzuzeichnen, die einen | |
Austritt aus der EU anstrebt. | |
25 May 2014 | |
## TAGS | |
Europawahl | |
Rechtspopulisten | |
Irland | |
Tschechien | |
Malta | |
Niederlande | |
Slowakei | |
Europawahl 2014 | |
Europawahl 2014 | |
Europawahl 2014 | |
Europawahl 2014 | |
Europawahl 2014 | |
Martin Schulz | |
EU-Wahl | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Verfassung in der Slowakei: Ehe nur für Heteros | |
Slowakei schreibt die Hetero-Ehe in der Verfassung fest. Für homosexuelle | |
Paare stellt dieser Parlamentsbeschluss einen Rückschlag dar. | |
Kommentar Europawahl-Ergebnis: Schockwelle für das Parteiensystem | |
In Deutschland ist man sturzzufrieden, die Wahl bestätigt das | |
Parteiensystem. Der Rest des Kontinents driftet hingegen gefährlich | |
auseinander. | |
Gesamtergebnis der Europawahl: Konservative sind stärkste Fraktion | |
Stimmen verloren, Wahl gewonnen: Die EVP holt die meisten Sitze. Jetzt | |
beansprucht sie das Amt des Kommissionspräsidenten für ihren Kandidaten | |
Juncker. | |
Ergebnisse Europawahl in Deutschland: SPD legt zu, AfD gewinnt | |
Die Union siegt, die SPD gewinnt dazu, die AfD zieht mit gutem Ergebnis | |
nach Brüssel. Jetzt zoffen sich die Parteien um die Führung in Brüssel. | |
Wahlempfehlungen der Europa-taz: Begeisterung, Pflicht und Abscheu | |
Einige überzeugen mit Satire, andere mit Rhetorik. Manches ist Utopie, | |
anderes Schuldigkeit. Was die Europa-tazler an die Urnen treibt. | |
Gründe für Europawahl: Nutzt die Wahl! | |
Rechtspopulisten, TTIP, Datenschutz, Eurokrise und die Mauscheleien der | |
wichtigsten Regierungschefs: Warum diese Wahl nicht egal ist. | |
Kommentar SPD-Werbung: Schulz spielt die nationale Karte | |
Kurz vor der Wahl wirbt SPD-Kandidat Martin Schulz mit Schwarz-Rot-Gold. | |
Damit zeigt der vermeintliche Supereuropäer sein wahres Gesicht. | |
Kommentar Wilders-Pleite: Die Schraube überdreht | |
Die Veröffentlichung der Exit-Polls war in der EU umstritten, in den | |
Niederlanden nicht. Nach Wilders' Niederlage könnte das ein Signal sein. |