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# taz.de -- CIA bespitzelt Bundesnachrichtendienst: Der Spion, der am Scanner s…
> Beim BND fliegt ein amerikanischer Spitzel auf. Die Affäre schadet dem
> angeschlagenen Vertrauen zwischen Deutschland und den USA.
Bild: Hallo BND: Überraschung!
KÖLN taz | Bundespräsident Joachim Gauck zeigt sich empört, Kanzlerin
Angela Merkel soll fassungslos sein, und das Auswärtige Amt bittet den
US-Botschafter zum ernsten Gespräch. Die neueste Spionageaffäre sorgt für
große Aufregung: Der Verfassungsschutz sucht einen russischen Maulwurf –
und findet einen Agenten des US-Auslandgeheimdienstes Central Intelligence
Agency (CIA).
Der Mann aus der Pullacher Zentrale des Bundesnachrichtendienstes BND war
am Mittwoch vorläufig festgenommen worden. Am Donnerstag erwirkte der
Generalbundesanwalt einen Haftbefehl gegen den deutschen Staatsangehörigen.
Ihm wird vorgeworfen, „für ausländische Nachrichtendienste tätig gewesen zu
sein“. Der 31-Jährige soll bei seiner Vernehmung ein umfängliches
Geständnis abgelegt haben. Weitergehende Auskünfte „können derzeit nicht
erteilt werden“, so der Generalbundesanwalt.
Der Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs ordnete Untersuchungshaft an.
Soweit bisher bekannt, arbeitete der Mann im Stab der Abteilung
Einsatzgebiete/Auslandsbeziehungen (EA), die Beziehungen zu ausländischen
Nachrichtendiensten koordiniert und die Zusammenarbeit „mit bestimmten
Partnerdiensten steuert – unter anderem im Nato-Raum“. Außerdem soll die
EA-Abteilung die Kommunikation mit den BND-Residenten im Ausland und
Botschaften abwickeln und die Bundeswehr bei Auslandseinsätzen mit
Informationen versorgen.
Der verhaftete BND-Mitarbeiter war für „technische Unterstützungsaufgaben“
zuständig, wozu das Einscannen von Dokumenten gehörte. Daher hatte er
Zugriff auf sensible Unterlagen. Bei einer Hausdurchsuchung sollen 218 auf
einem USB-Stick gespeicherte Dokumente gefunden worden sein, die von
„vertraulich“ bis „streng geheim“ eingestuft waren.
## 25.000 Euro Spitzelgeld
Die konspirative Zusammenarbeit mit der CIA soll Ende 2012 zustande
gekommen sein. Per Mail habe er sich an die US-Botschaft gewandt, um seine
Dienste anzubieten, so der BND-Mann in seinem Geständnis. Wenige Wochen
später soll er bei einem ersten Treffen in Salzburg seine ersten Aufträge,
einen Laptop für die Kommunikation, eine Notfalltelefonnummer in New York
und 10.000 Euro in bar erhalten haben. Die CIA soll insgesamt 25.000 Euro
in ihren Informanten investiert haben. Dafür soll er einmal in der Woche
Dokumente geliefert haben, darunter auch BND-interne Zusammenstellungen für
den NSA-Untersuchungsausschuss.
BND-Mitarbeiter haben die Tätigkeit des Technikers bestätigt. „Alle
Indizien sprechen dafür, dass er für die Amerikaner gearbeitet hat“,
zitierte die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung einen
Sicherheitsbeamten. Besonders viele Indizien gibt es allerdings bislang
nicht. Bei der Durchsuchung der Wohnung sollen Veränderungen am Computer
gefunden worden sein, die für eine Agententätigkeit sprechen, so der
Spiegel. Gefunden hätten die Ermittler demnach ein als Wetter-App getarntes
geheimes Kommunikationssystem: Ruft man das Wetter in New York ab, soll
sich ein Kryptoprogramm öffnen.
Möglicherweise wäre der Mann, der aufgrund einer Erkrankung in der Kindheit
geh- und sprachbehindert ist, nie aufgeflogen – wenn er sich auf seine
CIA-Zuträgertätigkeit beschränkt hätte. Doch Ende Mai bot er seine Dienste
auch dem russischen Geheimdienst an. Wieder per E-Mail schrieb er dem
russischen Generalkonsulat in München, inklusive dreier angehängter
BND-Dokumente. Das Angebot wurde abgefangen – und der Verfassungsschutz kam
ihm auf die Schliche.
## Keine Antwort aus Langley
Es dauerte etwas, bis die deutschen Geheimdienstler den anonymen
E-Mail-Absender identifizieren konnten. Laut Spiegel wandten sie sich mit
der Frage, ob die fragliche Google-Mail-Adresse dort bekannt sei, zunächst
ausgerechnet an die US-Behörden. Eine Antwort kam nie an, dafür wurde der
Mail-Account abgemeldet.
Letztlich führten die von ihm verschickten Dokumente auf die Spur des nun
Verhafteten. Gegen ihn wird nach Paragraf 99 des Strafgesetzbuchs
ermittelt. Danach wird mit einer Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder
mit Geldstrafe bestraft, wer „für den Geheimdienst einer fremden Macht eine
geheimdienstliche Tätigkeit gegen die Bundesrepublik Deutschland ausübt,
die auf die Mitteilung oder Lieferung von Tatsachen, Gegenständen oder
Erkenntnissen gerichtet ist, oder gegenüber dem Geheimdienst einer fremden
Macht oder einem seiner Mittelsmänner sich zu einer solchen Tätigkeit
bereit erklärt“. In besonders schweren Fällen kann die Strafe bis zu zehn
Jahre betragen.
Besonders pikant ist die Frage, was der aufgeflogene Agent aus dem Umfeld
des NSA-Untersuchungsausschusses an die CIA weitergab. Die
Bundestagsabgeordneten untersuchen auch die Rolle des BND. Wenn die
bisherigen Berichte stimmen, sei dies ein „Angriff auf das Parlament“, so
Bundestagsvizepräsidenten Petra Pau (Linkspartei).
## Forderung nach Ausweisungen
Der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Stephan Mayer (CSU),
sprach von einem „Vertrauensbruch im transatlantischen Verhältnis“. Die
SPD-Fraktion hat eine Sondersitzung des Parlamentarischen Kontrollgremiums
in dieser Woche beantragt. Innenminister Thomas de Maizière (CDU) verlangte
von den USA „schnelle und eindeutige Äußerungen“. Erst dann könnten er d…
Ausmaß der mutmaßlichen Spionage beurteilen und „insbesondere auch die
Frage beantworten, wer daran beteiligt war“, sagte er der Bild-Zeitung.
Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) forderte die USA auf, „mit
ihren Möglichkeiten an einer schnellstmöglichen Aufklärung“ mitzuwirken.
Nach Informationen der Bild am Sonntag fordert die Bundesregierung, dass
die USA die Agenten des Joint Intelligence Staff (Integrierter
Geheimdienststab) in der Berliner US-Botschaft auswechseln. Auch dass der
US-Botschafter gehen muss, gilt nicht mehr als ausgeschlossen.
Bundespräsident Joachim Gauck zeigte sich im Zweiten Deutschen Fernsehen
geradezu erbost. Sollte der Verdacht zutreffen, sei dies ein „Spiel mit
Freundschaften und enger Verbundenheit“. Der innenpolitische Sprecher der
grünen Bundestagsfraktion, Volker Beck, fragte, was sich die USA noch
herausnehmen müssen, bis Kanzlerin und Geheimdienste endlich aus ihrem
Tiefschlaf erwachten.
## Nichts gelernt
Martina Renner, Obfrau der Fraktion der Partei Die Linke im
NSA-Untersuchungsschuss, fordert, Generalbundesanwalt Range müsse jetzt
auch wegen der Massenüberwachung von Telekommunikationsdaten von
Bürgerinnen und Bürgern so schnell handeln wie im Fall des unter
Spionageverdachts stehenden BND-Mitarbeiters.
„Dieser neue Spionagefall zeigt, dass die Amerikaner nichts aus der
NSA-Affäre gelernt haben“, so Linkspartei-Vorsitzende Katja Kipping. „Er
ist das Ergebnis von Merkels transatlantischem Duckmäusertum.“ Die
wichtigste Frage sei nun, welche Daten der BND warum über den NSA-Ausschuss
gesammelt habe. „Die Bundesregierung wäre gut beraten, schnell volle
Transparenz darüber herzustellen, welche Dokumente und Daten über den
NSA-Ausschuss in deutschen Geheimdiensten kursieren.“
Die Regierung in Washington will die Vorgänge nicht kommentieren. Aber die
ehemalige US-Außenministerin und mögliche künftige
Präsidentschaftskandidatin der Demokraten, Hillary Clinton, zeigte sich bei
einer Diskussion in Berlin am Sonntag besorgt über die Spionageaffäre. „Das
ist ganz klar ein ernstes Thema“, sagte sie. Den Geheimdiensten müssten
Grenzen gezeigt werden. „Wir sind in einer Phase, in der wir anfangen
müssen, einige Linien zu ziehen.“
6 Jul 2014
## AUTOREN
Pascal Beucker
Anja Krüger
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Spionage
USA
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