# taz.de -- Bundesnachrichtendienst und USA: Ab heute wird zurückspioniert | |
> Ein BND-Mitarbeiter schnüffelt für die CIA. Die Regierung ist pikiert. | |
> Der Innenminister will die Spionageabwehr ausbauen. Vielen reicht das | |
> nicht. | |
Bild: Sicherheit durch Überwachung. | |
BERLIN taz | Der Plan liegt bereits seit Monaten in den Schubladen des | |
Verfassungsschutzes. Eine deutliche Personalaufstockung der Abteilung 4, | |
zuständig für die Spionageabwehr, sieht dieser vor. Und eine neue | |
Ausrichtung: Nicht mehr nur die klassischen Zielländer – China, Russland | |
oder Iran – sollen im Fokus stehen, sondern auch westliche Partner. Ihnen | |
soll eine „Sockelbeobachtung“ zuteil werden. | |
Der Plan könnte nun Realität werden. Nachdem bekannt wurde, dass ein | |
BND-Mitarbeiter der CIA seit 2012 mehr als 200 vertrauliche Dokumente | |
durchreichte, stehen Bundesregierung und Sicherheitsbehörden unter | |
Zugzwang. Nach der NSA-Affäre wurden sie durch die USA brüskiert, erneut | |
stellt sich die Frage nach Konsequenzen. | |
Mitglieder der Bundesregierung verschärften am Montag schon mal den Ton. | |
„Es handelt sich, wenn das so ist, um einen sehr ernsthaften Vorgang“, | |
sagte Kanzlerin Angela Merkel (CDU) auf ihrer Chinareise. Sollten sich die | |
Vorwürfe bewahrheiten, so stehe das für sie „in einem klaren Widerspruch“ | |
zu einer vertrauensvollen Zusammenarbeit von Diensten und Partnern. | |
Auch Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) sprach im Konjunktiv. | |
Bestätige sich aber der Vorgang, könne „man nicht einfach zur Tagesordnung | |
übergehen“. Justizminister Heiko Maas (SPD) warf den US-Diensten gar | |
„Überwachungswahn“ vor, der „endlich ein Ende haben muss“. „Auch die | |
Geheimdienste müssen sich an Regeln halten“, so Maas. „Wenn sie das nicht | |
tun, muss dagegen strafrechtlich vorgegangen werden.“ | |
Innenminister Thomas de Maizière (CDU) will nun auch selbst tätig werden – | |
und den Plan der Spionageabwehr angehen. Diese müsse „effizient und | |
wirksam“ ausgestaltet werden, sagte er, und sei „noch besser zu | |
organisieren als bisher“. | |
## Der 360-Grad-Blick | |
Bereits im Koalitionsvertrag hatten Union und SPD festgehalten: „Wir | |
stärken die Spionageabwehr.“ Intern soll de Maizière klargemacht haben, was | |
das bedeutet: Es brauche einen „360-Grad-Blick“ – auch auf die USA. | |
Offiziell teilte eine Sprecherin de Maizières am Montag nur mit, dass | |
fremde Nachrichtendienste „in begründeten Einzelfällen der Beobachtung | |
unterliegen“. Ob dies auch für US-Dienste gilt, ließ sie offen. Mit der | |
Causa BND scheint aber ein „begründeter Einzelfall“ vorzuliegen. De | |
Maizière selbst sprach von „schwerwiegenden Vorwürfen“. | |
Bisher allerdings fehlt dem Abwehrplan die finale Zustimmung. Der | |
Verfassungsschutz wollte sich am Montag nicht zu der Diskussion äußern. In | |
seinem aktuellen Jahresbericht führt die Behörde erstmals aber auch die NSA | |
auf. Als Gegenwehr wird dort der „systematische Einsatz bedarfsangepasster | |
Beobachtungsmodule“ genannt. | |
Laut Spiegel ist für die Westpartner nicht das volle nachrichtendienstliche | |
Instrumentarium vorgesehen. Stattdessen soll zunächst geklärt werden, ob | |
und wie Spionage aus den Botschaften und Konsulaten stattfindet. Dafür soll | |
Verfassungsschutz-Chef Hans-Georg Maaßen die Namen diplomatisch | |
akkreditierter US-Nachrichtendienstler in Deutschland angefordert haben. | |
Zudem ließ der Dienst bereits im letzten Jahr einen Hubschrauber über das | |
US-Konsulat in Frankfurt am Main fliegen, um nach Abhörtechnik Ausschau zu | |
halten. | |
In den Regierungsfraktionen im Bundestag forderten einige Abgeordnete mehr | |
als nur Verteidigung. „Wir müssen über die Empörung hinauskommen“, sagte | |
die SPD-Innenexpertin Eva Högl. Ziel müsse sein, „nicht nur die | |
Spionageabwehr zu intensivieren, sondern darüber hinauszugehen“. Högl | |
plädierte für Gegenspionage: „Wir dürfen nicht mehr naiv zuschauen, sondern | |
brauchen ein klares Bild, was ausländische Geheimdienste hierzulande tun.“ | |
## Ausweisung von Agenten | |
Abgeordnete der Union forderten auch die Ausweisung von US-Agenten. | |
Selbstverständlich, sagte Innenpolitiker Hans-Peter Uhl (CSU), sollten die | |
verantwortlichen Nachrichtendienstler Deutschland verlassen. | |
SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi schloss sich an: „Sofern sich der | |
Verdacht erhärtet, gehen wir davon aus, dass die Agentenführer | |
schnellstmöglich ausgewiesen werden.“ Auch die Hintermänner in der | |
US-Botschaft müssten „belangt werden“. | |
Die erbosten Reaktionen beruhen auch auf der Enttäuschung über den | |
bisherigen Umgang der USA mit der seit einem Jahr andauernden | |
Geheimdienstaffäre. Ein No-Spy-Abkommen wurde abgelehnt. Auch zum aktuellen | |
BND-Fall sagten die Amerikaner bisher: nichts. Weitere Konsequenzen ließ | |
die Bundesregierung dennoch offen: Erst sollen die Ermittlungen von | |
Generalbundesanwalt Harald Range abgewartet werden. Der hatte am letzten | |
Mittwoch den BND-Mitarbeiter in U-Haft nehmen lassen, nachdem dieser bei | |
einem Kontaktversuch mit der russischen Botschaft ertappt wurde – durch die | |
Abteilung 4 des Verfassungsschutzes. | |
In der Berliner Bundespressekonferenz blockten die Sprecher des Kabinetts | |
am Montag alle diesbezüglichen Fragen ab. Vizesprecherin Christiane Wirtz | |
betonte dagegen, die Amerikaner seien einer der wichtigsten Partner der | |
Bundesrepublik. Derzeit verhandeln die USA mit Europa über das | |
Freihandelsabkommen TTIP. Deutschland, viertgrößte Wirtschaftsnation der | |
Welt, könnte die Verhandlungen stoppen. Diese Gespräche, betonte Wirtz, | |
stünden jedoch „nicht in Zweifel“. | |
7 Jul 2014 | |
## AUTOREN | |
Ulrich Schulte | |
Konrad Litschko | |
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