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# taz.de -- Pro & Kontra zur Rüstungshilfe: Deutsche Waffen für die Kurden?
> Soll Deutschland den Kampf gegen Islamisten im Irak mit Militärexporten
> unterstützen? Daniel Cohn-Bendit ist dafür, SPD-Vize Ralf Stegner
> dagegen.
Bild: Hier noch in Afghanistan. Bald schon im Irak? Ein deutsches G36-K-Gewehr.
## Ja! Selbstverständlich muss man Waffen an die Kurden liefern.
Man muss alles tun, damit der Islamische Staat (IS) und seine Milizen nicht
weiter vorrücken. Der Wettkampf der Gutmenschen – Claudia Roth, Jürgen
Trittin oder Norbert Röttgen –, wer die friedlichste Lösung für den Irak
hat, ist peinlich und beschämend. Wenn ich Kurde wäre, möchte ich nicht von
Deutschland abhängig sein, um zu überleben!
Fassen wir zusammen: Alle, diesmal ohne Ausnahme, sind sich einig, dass die
IS-Milizen unter die zivilisatorische Grenze geraten sind. Es ist die
radikalste, schlimmste Barbarei, die im Moment auf der Welt politisch und
militärisch agiert. Man muss sich nur erinnern, was den Christen in Mossul,
den Jesiden im Sandschar-Gebirge passiert ist. Alle, die sich nicht
unterwarfen, wurden vernichtet oder man hat versucht, sie zu vernichten.
Es ist natürlich richtig, dass die Flüchtlinge Zelte, Wasser und Nahrung
brauchen. Aber wie haben die Kurden es geschafft, dass Zehntausende Jesiden
aus den Bergen fliehen konnten? Mit Waffen, dank US-Drohnen und Flugzeugen.
Ja, ja, die bösen Amerikaner. Immer die Amerikaner. Wo es knallt, sind sie
dabei. Ich höre schon die Stimmen aus Deutschland. Aber eines müssen wir
endlich lernen: Die Geschichte verläuft nicht geradlinig.
Die Alliierten mussten gegen Hitler mit Stalin paktieren, nur so war es
möglich, die Nazis zu schlagen. Die Debatte von Roth, Trittin und Röttgen,
wir dürften in Kriegsregionen keine Waffen liefern, ist scheinheilig.
Warum? Wünschen wir uns, dass die Dschihadisten gewinnen? Oder wünschen wir
uns, dass die Kurden in der Lage sind, sich zu verteidigen? Es wäre doch
Irrsinn, wenn die Verteidigungslinie der Kurden durchbrochen würde und der
IS nach Erbil kommt, wo Hunderttausende von Flüchtlingen sind. Was passiert
dann mit diesen Flüchtlingen? Sie haben zwar Zelte, sie haben Wasser, aber
sie können sich nicht verteidigen.
Es gibt historische Momente, so traurig das ist, wo Waffen die einzige
Möglichkeit sind, um zu überleben.
Auch der Widerstand im Warschauer Ghetto brauchte Waffen. Hätten wir
gesagt, wir können in einer Kriegssituation keine Waffen liefern? Natürlich
nicht. Und so ist es auch mit den Kurden. Deshalb, finde ich, gibt es die
moralische und politische Verpflichtung, alles zu tun, damit der IS besiegt
wird. DANIEL COHN-BENDIT
## Nein! Keine Waffenexporte in Spannungsgebiete und Diktaturen.
Ein bisschen unheimlich ist es schon, wie leicht es sich manche von CSU bis
Linkspartei damit machen, deutsche Waffenlieferungen in den Nordirak zu
fordern. Denn einfach ist die Gemengelage ganz sicher nicht: Während des
Irakkriegs wurden dort die Strukturen zerstört, die jetzt vielleicht den
islamistischen IS-Milizen Einhalt gebieten könnten. Ein Krieg gegen jenen
Saddam Hussein übrigens, den der Westen vorher gegen die iranischen
Ajatollahs militärisch bis auf die Zähne bewaffnet hatte. Und das ist nicht
die erste Geschichte dieser Art.
Es ist richtig und notwendig, die Gräuel der IS-Milizen gegen religiöse
Minderheiten zu stoppen. Insofern ist das militärische Eingreifen der USA
im Nordirak in gewisser Hinsicht auch eine Spätfolge des von George W. Bush
angezettelten Irakkrieges. Auch Deutschland muss Verantwortung übernehmen,
etwa durch humanitäre und logistische Unterstützung: Schutz, Unterkunft und
medizinische Versorgung – das brauchen die Flüchtlinge jetzt am
dringendsten. Es gibt aber keinen Grund für deutsche Waffenlieferungen in
diese Krisenregion. Die SPD muss in der neuen Regierungskoalition dafür
sorgen, dass es keine Rüstungsexporte in Spannungsgebiete oder Diktaturen
gibt.
Denn wann haben in der Menschheitsgeschichte Waffenlieferungen wirklich
Gutes bewirkt? Heute liefern wir Waffen, morgen sind wir erstaunt, dass
damit unschuldige Menschen getötet werden. Wir brauchen für den
Waffenexport deshalb glasklare Regeln und dürfen diese nicht bei jeder
Gelegenheit wieder infrage stellen. Diese „Si vis pacem, para
bellum“-Philosophie ist reaktionär, zumal es keine historischen Belege für
deren Richtigkeit, aber überwältigend viel historisches Material für das
Gegenteil gibt.
Natürlich muss die Völkergemeinschaft im Notfall eingreifen, wenn es darum
geht, Völkermord zu stoppen oder das Recht auf Selbstverteidigung in
Notwehr zu sichern. Aber die in Deutschland um sich greifende leichtfertige
Enttabuisierung der militärischen Logik erschreckt mich. Deutschland könnte
viel Gutes tun als Weltmeister der Entwicklungszusammenarbeit und
unermüdlichen Diplomatie.
Ich bleibe dabei: Keine Waffenexporte in Spannungsgebiete und Diktaturen,
ob Russland, Katar, Saudi-Arabien oder Irak. Einfache Antworten sind oft
falsch, auch wenn der Refrain schon im Chor gebrüllt wird! RALF STEGNER
19 Aug 2014
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