# taz.de -- IS-Terror im Irak: Streit um Waffenlieferung geht weiter | |
> Die Bundeswehr hat 36 Tonnen Hilfsgüter in den Irak gebracht. Unterdessen | |
> spricht sich Joschka Fischer für Waffenlieferung an die irakischen Kurden | |
> aus. | |
Bild: Ein Bundeswehrsoldat checkt in Erbil die Liste mit Hilfsgütern. | |
ERBIL/BERLIN dpa | Die ersten deutschen Hilfslieferungen in den Nordirak | |
sind am frühen Sonntagmorgen abgeschlossen worden. „Es ist alles da“, sagte | |
der Kommandoführer der Bundeswehr, Roman Lau, am Sonntag im türkischen | |
Incirlik. Insgesamt brachte die Bundeswehr 36 Tonnen an Lebensmitteln und | |
Sanitätsmaterial zum Flughafen in Erbil im nordirakischen Kurdengebiet. | |
Dorthin hatten sich Zehntausende Jesiden, Christen und andere Vertriebene | |
gerettet, die vor der Terrormiliz Islamischer Staat geflüchtet waren. | |
Am Sonntagmorgen um 7.15 Uhr Ortszeit kehrte das letzte | |
Transall-Transportflugzeug der Bundeswehr aus dem Irak nach Incirlik | |
zurück. „Es hat während der Flüge keine signifikanten Zwischenfälle | |
gegeben“, sagte Lau. Die insgesamt fünf Transall der Bundeswehr sollten die | |
US-Airbase in Incirlik noch im Laufe des Sonntags wieder verlassen und nach | |
Deutschland zurückfliegen. Die Hilfsflieger waren am Freitagmorgen vom | |
schleswig-holsteinischen Hohn aus gestartet. | |
Im Gegensatz zur Bundesregierung hat sich der frühere Außenminister Joschka | |
Fischer ausdrücklich für deutsche Waffenlieferungen an die Kurden im | |
Nordirak ausgesprochen. Eine Terrororganisation wie der Islamische Staat | |
(IS), die Menschen grausam ermorde und Frauen unterdrücke, „kann man weder | |
mit Gebetskreisen noch mit Spruchbändern stoppen“, sagte Fischer der Bild | |
am Sonntag. „Wir sollten den Kurden vielmehr Waffen liefern, denn wir sind | |
zur Hilfe verpflichtet.“ Der Grünen-Politiker ergänzte: „Ein islamistisch… | |
IS-Staat würde auch unsere Sicherheit hier gefährden.“ | |
Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) hatte am Samstag bei einem | |
Besuch im Nordirak den Kurden Unterstützung im Kampf gegen die Islamisten | |
zugesichert. Steinmeier ließ aber weiter offen, ob Deutschland auch Waffen | |
und Ausrüstung in das Krisengebiet liefern wird. Die Bundesregierung sieht | |
dabei eher die Osteuropäer innerhalb der EU am Zug, die über Waffen aus | |
Sowjetzeiten verfügen, mit denen die Kurden-Armee Peschmerga kämpft. Auch | |
der Vorsitzende der Unionsfraktion im Bundestag, Volker Kauder (CDU), | |
äußerte sich skeptisch über deutsche Waffenlieferungen in den Irak. | |
## Roth vs. Fischer | |
Der Präsident der kurdischen Autonomiegebiete, Massud Barsani, erwartet von | |
Deutschland dagegen die Unterstützung mit Waffen und Munition. „Wir haben | |
wirklich keinen Mangel an tapferen Kämpfern, wir haben einen Mangel an | |
modernen und effektiven Waffen“, sagte Barsani dem Focus. | |
Der frühere Außenminister Fischer widersprach mit seiner Forderung nach | |
deutschen Waffenlieferungen auch der früheren Grünen-Vorsitzenden und | |
heutigen Bundestags-Vizepräsidentin Claudia Roth. Diese sprach sich für | |
eine „humanitäre Offensive“ aus. | |
Fischer verlangte darüber hinaus, Europa müsse in der Irak-Frage dringend | |
gemeinsam handeln und auftreten: „Deutschland sollte sich bei den Hilfen | |
mit Waffen und militärischen Ausrüstungen den mutigen französischen, | |
britischen und tschechischen Initiativen anschließen.“ Die nordirakischen | |
Kurdengebiete würden in Zukunft eine sehr wichtige Rolle in der Region | |
spielen. „Wir können nicht zusehen, wenn die Kurden-Hauptstadt Erbil | |
überrannt wird.“ | |
## Luftschläge nahe Erbil | |
Das US-Verteidigungsministerium bestätigte derweil Luftschläge auf | |
IS-Stellungen nahe Erbil und des Mossul-Staudammes. Bei neun Angriffen | |
seien am Samstag mehr als zehn mit Waffen ausgerüstete Fahrzeuge zerstört | |
oder beschädigt worden, hieß es in einer Pentagon-Mitteilung. Kurdische | |
Peschmerga-Soldaten hatten der dpa zuvor von den Attacken berichtet. | |
Der am Tigris gelegene Staudamm ist der größte des Landes und für die | |
Trinkwasserversorgung und Stromerzeugung äußerst wichtig. IS-Kämpfer hatten | |
den Staudamm Anfang August erobert. | |
Ziel der US-Angriffe ist es, eigene Landsleute im Irak zu schützen sowie | |
die Verfolgung christlicher und anderer Minderheiten durch die äußerst | |
brutalen sunnitischen IS-Extremisten zu stoppen. Nach kurdischen Angaben | |
starben bei den US-Angriffen nahe des Dammes mindestens 20 von ihnen. | |
17 Aug 2014 | |
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