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# taz.de -- Der sonntaz-Streit: „Es muss schnell gehen“
> EU-Politiker Michael Gahler fordert die militärische Unterstützung der
> Kurden im Nordirak. Sevim Dagdelen warnt davor, Waffen zu liefern.
Bild: Jesiden und Kurden demonstrieren in Frankfurt.
Die von Bundespräsident Gauck bei der Münchner Sicherheitskonferenz
angestoßene Debatte um die Zukunft der deutschen Außenpolitik hat einen
neuen Höhepunkt erreicht. Anfang der Woche forderte selbst der sonst streng
antimilitaristische Gregor Gysi in der taz, die Kurden im Nordirak zu
bewaffnen, um „größeres Unheil zu verhindern“.
Zwar hat er diese Forderung teilweise wieder zurückgezogen. Doch während
die USA und Frankreich bereits mit Waffenlieferungen begonnen haben, ist
die Diskussion darüber in Deutschland noch voll im Gange. Neben Steinmeier
und Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen hält auch Angela Merkel
Waffenlieferungen nicht mehr für ausgeschlossen. Ist das der richtige Weg?
Michael Gahler, sicherheitspolitischer Sprecher der konservativen
EVP-Fraktion im Europaparlament, hat in der taz.am wochenende vom 16./17.
August militärische Unterstützung der Kurden gefordert. „Ohne
Waffenlieferungen wäre Selbstverteidigung unmöglich.“ Eine Alternative wäre
aus seiner Sicht, die kurdische Stadt Erbil als UN-Schutzzone einzurichten
und mit UN-Blauhelmen zu verteidigen. Doch „selbst mit einer Zustimmung des
Sicherheitsrats spräche der Zeitfaktor dagegen. Wer Waffen liefert, ist
zweitrangig, es muss schnell gehen.“
Dagegen hält die Linken-Politikerin Sevim Dagdelen. „Eine Entscheidung der
Bundesregierung, deutsche Waffen in ein Kriegsgebiet zu liefern, wäre
gefährlich. Sie würde den Weg für eine Abkehr von einer
Rüstungsexportpolitik öffnen, für die nach dem Zweiten Weltkrieg die
Lieferung deutscher Waffen in Kriegsgebiete ein Tabu war“ Sie fordert eine
radikale Wende in der deutschen Nahostpolitik. „Wir brauchen einen
Waffenexportstopp für die Staaten Katar, Saudi-Arabien und Türkei, die den
Islamischen Staat unterstützen – sonst macht sich Deutschland weiter
mitschuldig an den Massakern des Islamischen Staates.“
## Seyran Ates: Humanitäre Hilfe allein reicht nicht
Guido Steinberg von der Stiftung Wissenschaft und Politik betont, dass man
aufpassen muss, welche der kurdischen Gruppen man mit Waffen beliefert. Vor
allem die PYD und PKK dürften keine Lieferungen erhalten: „Zwei Gründe
sprechen gegen militärische Unterstützung für die Partei der Demokratischen
Union (PYD). Zum einen ist die PYD der syrische Ableger der türkischen PKK.
Wie ihre Mutterorganisation ist die PYD eine linksextremistische
Organisation, die ihre Macht mit brutaler Gewalt gegen Andersdenkende
absichert und die nicht gestärkt werden sollte. Hinzu kommt, dass die
Türkei in der PKK (und damit der PYD) den weitaus bedrohlicheren Feind
sieht und aggressiv reagieren wird, wenn der PYD geholfen wird.“
Auch Evin Kofli vom „Kurdistan Kultur- und Hilfsverein“ lehnt eine
Bewaffnung der PKK ab. Allerdings fordert sie, „dass die kurdische Armee,
die Peshmerga, im Kurdischen Autonomiegebiet des Irak militärische Hilfe,
insbesondere Waffenlieferungen von der deutschen Regierung erhalten muss.
Die Regierung in Kurdistan wurde demokratisch gewählt und ist durch die
Bevölkerung legitimiert.“
Ebenfalls für eine Bewaffnung spricht sich die Autorin und Rechtsanwältin
Seyran Ates aus. „Die Amerikaner stehen im Irak in der ersten
Verantwortung. Sie haben das Land soweit gebracht.“ Humanitäre Hilfe
alleine reicht ihrer Meinung nach nicht aus. „Die Kurden nicht mit Waffen
zu unterstützen, ist Mittäterschaft am Völkermord.“
Die Streitfrage debattierten außerdem Siamend Hajo, Journalist und in der
syrischen Opposition aktiv; der Rapper Kurdo; die deutsch-kurdische
Schauspielerin Berivan Kaya; Christiane Fröhlich vom Institut für
Friedensforschung in Hamburg; der emeritierte Professor für Völker- und
Europarecht Christian Tomuschat und die taz-Leserin Alicja Sobantka – in
der taz. am wochenende vom 16./17. August 2014.
16 Aug 2014
## AUTOREN
Till Kellerhoff
## TAGS
Waffen
Kurdistan
Irak
Peschmerga
PKK
Streitfrage
Irak
Daniel Cohn-Bendit
Irak
Irak
Schwerpunkt Erster Weltkrieg
Irak
Bundesregierung
Irakkrieg
Irak
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