| # taz.de -- Thüringer SPD pro Rot-Rot-Grün: Ein Hauch Wechselstimmung | |
| > Die SPD kann sich in Thüringen den Partner aussuchen. Es zeigen sich | |
| > erste Tendenzen für eine rot-rot-grüne Regierung. | |
| Bild: Hochstimmung? Sieht anders aus. SPD-Spitzenkandidatin Heike Taubert und N… | |
| BERLIN taz | Matthias Hey könnte es prächtig gehen. Der Thüringer | |
| SPD-Abgeordnete erhielt bei der Landtagswahl am vergangenen Sonntag 38,5 | |
| Prozent der Erststimmen in seinem Wahlkreis – so viele wie kein anderer | |
| Kandidat seiner Partei. Als einziger Sozialdemokrat holte er damit ein | |
| Direktmandat, und zur Belohnung wird er im neuen Landtag voraussichtlich | |
| Chef der SPD-Fraktion. | |
| Matthias Hey geht es aber nicht prächtig. Die letzten Tage seien eine Qual | |
| gewesen, sagt er. „Und wenn ich an Donnerstag denke, bekomme ich jetzt | |
| schon Magenschmerzen.“ Dann beginnen für die SPD nämlich die | |
| Sondierungsgespräche, zunächst mit Linken und Grünen. Und Hey wird der | |
| fünfköpfigen Delegation seiner Partei angehören. | |
| Die SPD ist der Königsmacher, muss sich zwischen einer Großen Koalition und | |
| Rot-Rot-Grün entscheiden. Aber beide Bündnisse hätten nur eine knappe | |
| Mehrheit von einer Stimme, und nach ihrem 12,4-Prozent-Debakel vom Sonntag | |
| sind die Sozialdemokraten in einer schwachen Verhandlungsposition. | |
| Auf die Seite der einen oder anderen Option schlägt sich die Partei | |
| angesichts der Ausgangslage vorerst nicht, intern gilt sie zur | |
| Koalitionsfrage als gespalten. Zwei Tage nach der Wahl wird aber langsam | |
| klar: Für Rot-Rot-Grün unter einem linken Ministerpräsidenten Bodo Ramelow | |
| sind die Chancen zumindest nicht gesunken. | |
| Die Befürworter einer Großen Koalition sind in den Gremiensitzungen der SPD | |
| zuletzt stiller geworden, berichten Insider. Gleichzeitig sei die Offenheit | |
| für ein Linksbündnis gewachsen. Und die Befürworter einer solchen | |
| Koalition, sie sammeln sich derzeit. | |
| ## Wo ist am meisten zu holen? | |
| Manche klingen dabei weiterhin vorsichtig. Hey zum Beispiel, der | |
| designierte Fraktionschef mit Magenschmerzen. Er habe keine Präferenz, sagt | |
| er. Aber auch: „Nach 25 Jahren sollten wir uns nicht auf dogmatische | |
| Argumente gegen einen linken Ministerpräsidenten beschränken. Es ist an der | |
| Zeit zu fragen, mit wem wir für das Land am meisten herausholen können.“ | |
| Andere werden deutlicher. Diana Lehmann etwa, bis 2011 thüringische | |
| Juso-Vorsitzende und nun erstmals in den Landtag gewählt. „Am Montag haben | |
| wir den ersten Schritt für einen personellen Neuanfang gemacht“, sagt sie | |
| und meint den Wechsel an der Parteispitze. | |
| Andreas Bausewein soll dort neuer Landeschef werden. Der Erfurter | |
| Oberbürgermeister hatte vor der Wahl für Rot-Rot-Grün plädiert. „Jetzt ist | |
| es auch an der Zeit für einen politischen Wechsel“, sagt Neuling Lehmann. | |
| Einem Bündnis links der Mitte dürfe sich die Partei nicht länger | |
| verschließen. | |
| ## Ein rot-rot-grünes Rathaus | |
| Auch an der Basis weht ein wenig Wechselstimmung, zumindest in der | |
| Landeshauptstadt. Thorsten Haß leitet den Erfurter SPD-Kreisverband, mit | |
| rund 650 Mitgliedern der größte und einflussreichste im Land. „Im Erfurter | |
| Rathaus regiert bereits Rot-Rot-Grün. Das wollen wir auch im Landtag“, sagt | |
| er offen. | |
| Ausgemachte Sache ist ein Linksbündnis damit aber noch lange nicht. Nach | |
| den Sondierungsgesprächen ist zur Koalitionsfrage in der SPD ein | |
| Mitgliederentscheid geplant. Und dessen Ausgang scheint bislang völlig | |
| offen. Zumal der Erfurter Kreisverband für das Land nicht repräsentativ | |
| ist: In ländlichen Gebieten gilt der Widerstand gegen einen linken | |
| Ministerpräsidenten weiterhin als stark. | |
| Die Hurra-Schreie für Rot-Rot-Grün bleiben daher weiter aus. Zumal sich die | |
| Partei mit weiteren Problemen herumschlagen muss: Nach der Wahlschlappe | |
| erhält sie künftig weniger Geld, vor Ort muss sie Büros schließen. | |
| „Gleichzeitig macht die AfD welche auf“, sagt Hey. „Das ist zum Kotzen.“ | |
| 17 Sep 2014 | |
| ## AUTOREN | |
| Tobias Schulze | |
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