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# taz.de -- Friedensdemo in Moskau: Mut machen in schweren Zeiten
> Tausende protestieren gegen die Ukraine-Politik von Präsident Putin. Die
> Zustimmung für ein militärisches Eingreifen im Nachbarland sinkt.
Bild: Ukrainische und russische Fahnen wehen gemeinsam auf der Demonstration in…
MOSKAU taz | „Nein zum Krieg“ skandierten die Demonstranten auf dem
Friedensmarsch in Moskau am Sonntag. Es war auch das offizielle Motto der
Veranstaltung, zu der sich Tausende Demonstranten eingefunden hatten. Vom
Ende des Protestzuges aus gesehen war der Anfang nicht zu sehen. Der Zulauf
war gewaltig und den Demonstranten war die Freude darüber anzumerken. Die
Polizei sprach von 5.000 Demonstranten, doch es waren deutlich mehr,
Beobachter schätzten die Zahl auf mindestens 20.000.
Bislang waren die Kriegsgegner in Russland eine Minderheit. Das sind sie
immer noch, aber nun können sie sich wieder Gehör verschaffen. „Krieg mit
der Ukraine – Schande und Verbrechen Russlands“ stand auf einem der
Plakate, das der Sicherheitsdienst dann aber doch mit der Begründung
konfiszierte, es gebe keinen Krieg.
Auf der anderen Seite entrollten zwischendurch auch Befürworter der
Intervention in der Ostukraine ein Spruchband: „Marsch der Verräter“ war da
zu lesen. Wer für Frieden eintritt, gilt ihnen zumindest als potentieller
Verräter. Auch hierfür zeigte der Sicherheitsdienst kein Verständnis.
Die strahlende Moskauer Sonne spielte mit den Hunderten gelbblauer Fahnen
der Ukraine. Das Farbenspiel verlieh dem Marsch etwas Versöhnliches.
Fröhlichkeit und Ausgelassenheit wie sie sonst auf Veranstaltungen der
russischen Opposition anzutreffen sind, stellten sich diesmal aber nicht
ein. Die Angst vor einer weiteren Eskalation war überall präsent. „Ich bin
hier, weil es nicht noch schlimmer werden darf“, meinte ein älterer
Teilnehmer.
Eine jüngere Frau freute sich über den großen Andrang: „Vielleicht werden
wir doch nochmal in einer Demokratie leben“. Zwischendurch ließ eine Gruppe
von Aktivisten Dutzende weiße Friedenstauben steigen. An einer anderen
Stelle verteilten junge Leute Exemplare von George Orwells Antiutopie 1984.
## Unterstützung für Einmarsch sinkt
Die Polizei hatte sich in den Nebenstraßen der Route eingerichtet. Mehrere
tausend Einsatzkräfte dürfen es gewesen sein. Sie hielt sich aber im
Hintergrund. Zu einem Zwischenfall kam es, als Anhänger der so genannten
„Volksrepublik Donezk“ Demonstranten mit Eiern bewarfen. Sie hatten die
Zäune an der Route auch schon mit Spruchbändern über die „Junta“ in Kiew
präpariert.
Immer noch erreicht die Unterstützung für Wladimir Putin laut Umfrage des
unabhängigen Lewada-Zentrums rund 80 Prozent. Auffällig ist aber, dass die
Befürworter eines Einmarsches in der Ukraine von im März noch 74 Prozent
auf heute 41 Prozent gesunken sind.
Fast jeder zweite Russe spricht sich sechs Monate nach dem Aufflammen der
Kämpfe in der Ostukraine gegen eine militärische Einmischung aus.
Verantwortung für die Konsequenzen der Ukrainepolitik hätten die Politiker
allein zu tragen, glaubt eine Mehrheit der Bürger. Das betrifft vor allem
die im Westen verhängten Sanktionen.
Das macht den Veranstaltern des Marsches Mut, die den Sommer und die
landesweiten Wahlen im September abgewartet haben, um so viele Menschen wie
möglich zu erreichen. Auch in St.Petersburg und anderen Städten gingen
Demonstranten auf die Straßen.
Einer der Organisatoren, der Oppositionelle und Ex-Vizepremier Boris
Nemzow, geht davon aus, dass der Umfang des Protestes direkten Einfluss auf
die Einhaltung des Waffenstillstands in der Ukraine seitens des Kreml
ausüben werde. Der Marsch sollte aber auch eine Veranstaltung gegen den
Hass sein, den Putin in seinen öffentlichen Auftritten verkörpere und der
die Atmosphäre im Lande vergiftet hätte. Die Demonstranten müssten die
Erfahrung machen, dass es Gleichgesinnte gebe. Das werde sie davon
abhalten, ständig an Emigration zu denken.
21 Sep 2014
## AUTOREN
Klaus-Helge Donath
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Moskau
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
Wladimir Putin
Demonstrationen
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