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# taz.de -- Kämpfe in der Ostukraine: „Lenin? Lasst ihn doch stürzen“
> Im Osten des Landes sterben mindestens 15 Menschen. Derweil melden
> Separatisten den Fund von Massengräbern. In Charkow wird die Lenin-Statue
> gestürzt.
Bild: 28.9.2014: Das Ende der Lenin-Statue in Charkow.
DONEZK/KIEW dpa/afp/taz | Bei neuen Kämpfen im Osten der Ukraine sind
mindestens 15 Menschen ums Leben gekommen. Bei Kämpfen am Flughafen der
Stadt Donezk seien sieben Soldaten getötet und neun weitere verletzt
worden, teilte der Präsidentenberater Juri Birjukow am Montag in Kiew mit.
Die prorussischen Separatisten sprachen von fünf toten Kämpfern in den
eigenen Reihen und von acht Verletzten. Die Stadtverwaltung von Donezk
berichtete in einer Mitteilung von drei getöteten Zivilisten und mehreren
Verletzten. Die Lage in der Region sei gespannt, hieß es in der Mitteilung
des Stadtrats. In vielen Vierteln sei Feuer aus schweren Waffen zu hören.
Seit dem 5. September gilt in der Ostukraine eine Waffenruhe. Zwei Wochen
später hatte sich die ukrainische Regierung bei Verhandlungen in der
weißrussischen Hauptstadt Minsk mit den prorussischen Milizen auf einen
9-Punkte-Plan geeinigt, der neben einer Waffenruhe die Einrichtung einer
Pufferzone entlang der Frontlinie vorsieht.
Zwar gab es Fortschritte beim Rückzug der Truppen beider Seiten aus der
geplanten demilitarisierten Zone, doch gibt es immer wieder Gefechte rund
um Donezk. Im Fokus des Konflikts steht der Flughafen der Stadt, der trotz
wiederholter Angriffe der Rebellen weiter in der Hand der Regierungstruppen
ist.
Unterdessen haben die prorussischen Separatisten nach eigenen Angaben im
Gebiet Donezk Gräber mit rund 400 Leichen entdeckt. Bei den meisten Toten
handle es sich um Zivilisten, sagte Separatistenführer Andrej Purgin am
Montag nach Angaben der Agentur Interfax. Viele seien derartig zugerichtet,
dass sie nur unter großen Schwierigkeiten identifiziert werden könnten. Die
Gräber befänden sich in Gebieten, die zuvor von der ukrainischen Armee
kontrolliert worden waren, sagte Purgin.
## Propaganda und „russische Lügen“
Eine unabhängige Bestätigung der Zahl gab es nicht. Die Führung in Kiew
hält die Darstellung der moskautreuen Separatisten für Propaganda und
„russische Lügen“, mit denen das ukrainische Militär nach dem Rückzug in
schlechtes Licht gerückt werden soll. Die Aufständischen hatten bereits in
den vergangenen Tagen von „Massengräbern“ im Konfliktgebiet berichtet, die
Zahl der Toten war aber unklar.
In der ostukrainischen Stadt Charkow zerstörten nationalistische
Demonstranten die größte noch stehende Lenin-Statue. Das 8,50 Meter hohe
Denkmal wurde in der Nacht zum Montag auf Beinhöhe abgesägt und mit einem
Seil vom Sockel gerissen. In der zweitgrößten Stadt der Ukraine hatten sich
zuvor am Sonntag Tausende antirussische Demonstranten versammelt, an der
Zerstörung der Statue beteiligten sich nur einige Dutzend Nationalisten.
Die Behörden der russischsprachigen Stadt mit 1,5 Millionen Einwohnern
hatten die Entfernung der Lenin-Statue bereits zugesagt, den Vollzug
wollten die Aktivisten aber offenkundig nicht abwarten. Einige nahmen
Bruchstücke des Denkmals als Andenken mit nach Hause. Die wegen des
Verdachts auf Sachbeschädigung eingeleiteten Ermittlungen wurden am Sonntag
eingestellt, da laut dem Innenministerium niemand bei der Protestaktion zu
Schaden kam.
„Lenin? Lasst ihn doch stürzen“, schrieb Innenminister Arsen Awakow auf
seiner Facebook-Seite. Solange dabei niemand verletzt werde und „diese
verdammte Kommunisten-Ikone nicht noch weitere Opfer fordert“, sei an der
Aktion nichts zu beanstanden.
29 Sep 2014
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