# taz.de -- Regionalwahlen in Russland: Kremlpartei siegt im ganzen Land | |
> Putins „Vereinigtes Russland“ gewann erwartungsgemäß die Regionalwahlen. | |
> Die liberale Opposition schnitt fast überall schlecht ab. | |
Bild: Abstimmung auf der Krim: endlich „demokratische“ Wahlen. | |
MOSKAU taz | Dmitri Medwedjew, Premierminister und Vorsitzender der | |
Kremlpartei „Vereinigtes Russland“ (VR) war mit den Ergebnissen des | |
„einheitlichen Wahltages“ in ganz Russland sehr zufrieden. Den Wählern, die | |
unter dem Strich der Regierungspartei zwischen Kaliningrad und Wladiwostok | |
nur Siege bescherten, dankte er für deren „stürmische Beteiligung“. | |
75 Millionen Bürger waren am Wochenende aufgerufen, Stadt- und Landräte zu | |
wählen und 30 neue Gouverneure zu bestimmen. In Moskau stand der Stadtrat | |
zur Wahl. Die VR erzielte mit 28 von 45 Sitzen einen sicheren Sieg. Zehn | |
weitere Mandate gingen an parteilose Kandidaten, die jedoch auf die | |
Unterstützung der VR rechnen konnten. Von den restlichen sieben Sitzen | |
fielen fünf an die Kommunistische Partei und jeweils einer an die | |
Chauvinisten der Liberaldemokratischen Partei (LDPR) und der Partei Rodina | |
(Heimat). Die „stürmische“ Wahlbeteiligung bewegte sich in Moskau um die 20 | |
Prozent. | |
Je weiter gen Osten die Abstimmung stattfand, desto deutlicher stieg jedoch | |
das Engagement. In Moskau konnte unterdessen kein Kandidat der liberalen | |
Opposition ein Mandat erringen. Allerdings waren bekanntere | |
Regierungskritiker im Vorfeld schon aussortiert und zur Wahl nicht | |
zugelassen worden. | |
Noch vor einem Jahr hatte der Oppositionelle Alexej Nawalny bei den | |
Moskauer Bürgermeisterwahlen 27 Prozent der Stimmen errungen und die | |
Machthaber herausgefordert. Formell war die Zugangsbarriere von sieben auf | |
fünf Prozent bei den Regionalwahlen gesenkt worden, insgesamt wurden die | |
Voraussetzungen zur Registrierung eines Kandidaten jedoch noch verschärft. | |
Wer kandidieren möchte, muss von drei Prozent der Wahlberechtigten | |
Unterschriften vorlegen. Dies scheitert oft an den begrenzten finanziellen | |
Mitteln eines Bewerbers. | |
## Massive Verletzungen der Wahlgesetze | |
Doch sind formale Kriterien und Benachteiligung nicht der alleinige Grund | |
für das schlechte Abschneiden der Opposition. Auch erneute massive | |
Verletzungen der Wahlgesetze, von denen am Sonntag berichtet wurde, | |
erklären nicht das Desaster der Opposition. | |
Die politische Landschaft hat sich verändert. Spätestens seit der Besetzung | |
der Krim – dort erreichte die VR 70,47 Prozent der Stimmen – ist das | |
Spektrum der Kremlgegner in sich zusammengefallen. Manche gaben | |
Großmachtträumen und nationalem Stolz nach und liefen ins Lager der | |
Mehrheitsgesellschaft über, andere zogen sich enttäuscht ins Private | |
zurück. | |
Außerdem gibt es seit dem Ukrainekrieg für den Bürger kaum noch eine | |
Möglichkeit, sich über Politik in Russland zu informieren. Sie findet | |
einfach nicht mehr statt. Auch das erklärt die landesweit niedrige | |
Wahlbeteiligung. Je weniger unabhängige Wähler von ihrem Wahlrecht Gebrauch | |
machen, desto besser schneidet die VR am Ende ab. Es sind die Scharen von | |
Staatsbediensteten, die der Partei dann den Sieg garantieren. Kollektive | |
Stimmabgabe ist immer noch ein bewährtes Mittel der Kontrolle. | |
15 Sep 2014 | |
## AUTOREN | |
Klaus-Helge Donath | |
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