# taz.de -- Konflikt in der Ukraine: Schwere Materialverluste für Kiew | |
> Bei den Kämpfen der vergangenen Woche hat die ukrainische Armee einen | |
> Großteil ihres Materials verloren. Die Waffenruhe hält „im Großen und | |
> Ganzen“. | |
Bild: Ein Panzer der ukrainischen Armee in einer Stellung in der Ostukraine. | |
KIEW/DONEZK dpa | Die ukrainischen Regierungstruppen haben im Verlauf ihrer | |
Einsätze gegen die Separatisten im Osten des Landes schwere Verluste an | |
Material erlitten. „Es wurde zwischen 60 und 65 Prozent der Militärtechnik | |
zerstört“, beschrieb Präsident Petro Poroschenko am Sonntagabend im | |
ukrainischen Fernsehen die Verluste an Panzern und schwerem Gerät. | |
Mit dem vereinbarten partiellen Rückzug der Kampftruppen beider | |
Konfliktparteien und der Bildung von Pufferzonen habe die Ukraine nunmehr | |
die Gelegenheit, die Einheiten aufzufrischen, die lange Zeit im Kampf | |
gestanden hatten. „In einer dieser Einheiten hat mein Sohn gekämpft“, | |
zitierte die russische Agentur Ria Nowosti den ukrainischen Staatschef. In | |
dem Interview betonte Poroschenko, dass sein Land den Frieden brauche. Er | |
selbst wolle alles unternehmen, „um den Friedensplan umzusetzen“. | |
Die Regierungstruppen zogen nach der Einigung auf eine demilitarisierte | |
Zone dort erste Einheiten aus dem Gebiet Donezk ab. Die Truppen hätten | |
einige Ortschaften verlassen, um die Lage von neuen Stellungen aus besser | |
kontrollieren zu können, teilte Andrej Lyssenko vom nationalen | |
Sicherheitsrat am Sonntag in Kiew mit. Zuvor hatten prorussische | |
Separatisten von einem teilweisen Rückzug ukrainischer Regierungstruppen | |
berichtet. | |
Die Konfliktparteien hatten unter Vermittlung der Organisation für | |
Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) in der Nacht zum Samstag | |
eine Pufferzone von 30 Kilometern vereinbart. In der Zone sind keine Waffen | |
oder Kampfverbände erlaubt. Von einer konkreten Umsetzung der Vereinbarung | |
war am Sonntag allerdings noch keine Rede. | |
## Waffenruhe hält im Großen und Ganzen | |
Die Sicherheitszone könne nur im Fall einer kompletten Waffenruhe und bei | |
einem synchronen Rückzug der Kampfverbände auf beiden Seiten umgesetzt | |
werden, sagte Lyssenko. Die Regierungstruppen hielten sich an die | |
Feuerpause, wehrten sich aber weiter auch mit Waffen gegen Angriffe, sagte | |
er. Mehrere Stellungen der „Anti-Terror-Operation“ seien auch am Wochenende | |
beschossen worden. Lyssenko sprach von zwei getöteten Soldaten. Den | |
Teilrückzug von Einheiten begründete er mit der Gefahr für Truppen, von den | |
Kampfverbänden der Separatisten eingekesselt zu werden. | |
Die seit zwei Wochen offiziell geltende Waffenruhe in den nicht anerkannten | |
„Volksrepubliken“ Donezk und Lugansk hält im Großen und Ganzen, wie Medien | |
berichten. Allerdings kommt es immer wieder zu Zwischenfällen, für die sich | |
die Konfliktseiten gegenseitig die Schuld geben. Die Aufständischen in | |
Donezk teilten mit, dass immer wieder Schüsse und Explosionen zu hören | |
seien. Demnach hielten die ukrainischen Regierungstruppen weiter viele | |
Stellungen mit Hilfe schwerer Artillerie unter Kontrolle. | |
Die EU begrüßte die in der weißrussischen Hauptstadt Minsk unter | |
OSZE-Vermittlung vereinbarten neuen Schritte für eine Lösung der Krise. Die | |
Waffenruhe sowie der Austausch von Gefangenen hätten zu einem „bedeutenden | |
Rückgang“ der Gewalt geführt, hieß es in einer in Brüssel veröffentlicht… | |
Mitteilung der EU-Außenbeauftragten Catherine Ashton. Ein dauerhafter | |
Waffenstillstand sei der Schlüssel für eine politische Lösung der Krise. | |
## Sonderstatus keine Sezessionserlaubnis | |
Die Separatisten hatten die jüngsten Zugeständnisse der ukrainischen | |
Regierung als Schritte auf ihrem Weg zur Unabhängigkeit begrüßt. Die heikle | |
Frage des künftigen Status der Ostukraine – einer der wichtigsten | |
Streitpunkte zwischen Kiew und den Separatisten – war aber kein Thema bei | |
den Verhandlungen in Minsk. Darüber werde später gesprochen, sagte | |
Separatistenführer Alexander Sachartschenko. | |
Poroschenko hatte der Ostukraine per Gesetz einen Sonderstatus für drei | |
Jahre zugebilligt. Der Status sieht weitgehende Selbstverwaltungsrechte | |
vor. Eine Abspaltung der ostukrainischen Gebiete lehnt die Regierung in | |
Kiew aber weiter vehement ab. | |
Die ukrainische Führung hatte Mitte April den umstrittenen | |
„Anti-Terror-Einsatz“ gegen die schwer bewaffneten und von Russland | |
unterstützten Separatisten begonnen. Seither starben bei den Kämpfen nach | |
UN-Schätzungen mehr als 3000 Menschen. Tausende sind verletzt worden. | |
Hunderttausende Ostukrainer befinden sich auf der Flucht – sowohl innerhalb | |
der Ukraine als auch zu großen Teilen in Russland. | |
Unter dem Motto „Nein zum Krieg!“ protestierten in Moskau Zehntausende | |
Menschen bei einem großen Friedensmarsch gegen die Ukraine-Politik von | |
Kremlchef Wladimir Putin. Unter einem extremen Sicherheitsaufgebot der | |
Polizei trugen die Demonstranten auch Schilder mit den Bildern und Namen | |
von russischen Soldaten, die bei den Kämpfen in der Ostukraine getötet | |
wurden. | |
Gemäß dem in Minsk unterzeichneten Memorandum müssen ausländische Kämpfer | |
die Ukraine verlassen. Das russische Außenministerium wies am Samstag | |
erneut Vorwürfe des Westens zurück, in der Ostukraine würden russische | |
Soldaten eingesetzt. Zur Bekämpfung der humanitären Krise schickte Moskau | |
nach dem Treffen in Minsk einen dritten Hilfskonvoi ins Konfliktgebiet. | |
Rund 200 Lastwagen mit 2000 Tonnen brachten Nahrungsmittel und Medikamente | |
ins Krisengebiet. | |
22 Sep 2014 | |
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