| # taz.de -- Konflikt in der Ostukraine: Keine Pufferzone ohne Waffenruhe | |
| > In Moskau wollen Tausende gegen russische Soldaten in der Ostukraine | |
| > demonstrieren. Und die Hinterbliebenen der MH17-Opfer fordern | |
| > Schmerzensgeld. | |
| Bild: Ein Feuerwehrmann begutachtet am Sonntag ein zerstörtes Bürogebäude in… | |
| DONEZK/MOSKAU/MINSK dpa/afp | In Moskau formiert sich Widerstand gegen die | |
| Ukraine-Politik von Präsident Wladimir Putin. Tausende Menschen werden an | |
| diesem Sonntag zu einer Friedenskundgebung im Zentrum der russischen | |
| Hauptstadt erwartet. Die Stadtverwaltung hat die Demonstration genehmigt. | |
| Die Regierungsgegner protestieren unter anderem gegen den Einsatz | |
| russischer Soldaten, die in der Ostukraine an der Seite von moskautreuen | |
| Separatisten kämpfen. Die Demonstranten fordern Ermittlungen dazu. | |
| Russische Journalisten und Politiker hatten verheimlichte Todesfälle | |
| russischer Soldaten bekanntgemacht. | |
| Nach der Einigung auf eine demilitarisierte Zone in der Ostukraine haben | |
| die Regierungstruppen erste Einheiten aus dem Gebiet Donezk abgezogen. Die | |
| Truppen hätten einige Ortschaften verlassen, um die Lage von neuen | |
| Stellungen aus besser kontrollieren zu können, teile Andrej Lyssenko vom | |
| nationalen Sicherheitsrat am Sonntag in Kiew mit. Zuvor hatten prorussische | |
| Separatisten von einem teilweisen Rückzug ukrainischer Regierungstruppen | |
| berichtet. | |
| Die Konfliktparteien hatten unter Vermittlung der Organisation für | |
| Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) in der Nacht zum Samstag | |
| eine Pufferzone von 30 Kilometern vereinbart. In der Zone sind keine Waffen | |
| oder Kampfverbände erlaubt. Von einer konkreten Umsetzung der Vereinbarung | |
| war am Sonntag allerdings noch keine Rede. | |
| Die Waffenruhe sei einer der Hauptpunkte der in Minsk getroffenen | |
| Übereinkunft zwischen Kiew und den Rebellen, sagte Lyssenko. „Solange | |
| dieser Punkt nicht erreicht ist, können wir auch nicht über die folgenden | |
| Punkte reden.“ | |
| Die seit zwei Wochen offiziell geltende Waffenruhe in den nicht anerkannten | |
| „Volksrepubliken“ Donezk und Lugansk hält im Großen und Ganzen, wie Medien | |
| berichten. Allerdings kommt es immer wieder zu Zwischenfällen. | |
| Sicherheitsratssprecher Lyssenko sprach von zwei getöteten ukrainischen | |
| Soldaten am Wochenende. Er begründete den Rückzug auch mit der Gefahr für | |
| Truppen, von den Kampfverbänden der Separatisten eingekesselt zu werden. | |
| Die Aufständischen in Donezk teilten mit, dass immer wieder Schüsse und | |
| Explosionen zu hören seien. Demnach hielten die ukrainischen | |
| Regierungstruppen weiter viele Stellungen mit Hilfe schwerer Artillerie | |
| unter Kontrolle. | |
| ## „Bedeutender Rückgang“ der Gewalt | |
| Die EU begrüßte die in der weißrussischen Hauptstadt Minsk unter | |
| OSZE-Vermittlung vereinbarten neuen Schritte für eine Lösung der Krise. Die | |
| Waffenruhe sowie der Austausch von Gefangenen hätten zu einem „bedeutenden | |
| Rückgang“ der Gewalt geführt, hieß es in einer in Brüssel veröffentlicht… | |
| Mitteilung der EU-Außenbeauftragten Catherine Ashton. Ein dauerhafter | |
| Waffenstillstand sei der Schlüssel für eine politische Lösung der Krise. | |
| Die Separatisten hatten die jüngsten Zugeständnisse der ukrainischen | |
| Regierung als Schritte auf ihrem Weg zur Unabhängigkeit begrüßt. Der | |
| prowestliche ukrainische Staatschef Petro Poroschenko hatte der Ostukraine | |
| per Gesetz einen Sonderstatus für drei Jahre zugebilligt. Der Status sieht | |
| weitgehende Selbstverwaltungsrechte vor. Eine Abspaltung der | |
| ostukrainischen Gebiete lehnt die Regierung in Kiew aber weiter vehement | |
| ab. Ein Ende des Konflikts ist deshalb nicht in Sicht. | |
| Die ukrainische Führung hatte Mitte April einen umstrittenen | |
| „Anti-Terror-Einsatz“ gegen die schwer bewaffneten und von Russland | |
| unterstützten Separatisten begonnen. Seither starben bei den Kämpfen nach | |
| UN-Schätzungen mehr als 3.000 Menschen. Tausende sind verletzt worden. | |
| Hunderttausende Ostukrainer befinden sich auf der Flucht – sowohl innerhalb | |
| der Ukraine als auch zu großen Teilen in Russland. | |
| ## Hinterbliebene der MH17-Opfer wollen Ukraine verklagen | |
| Die Hinterbliebenen deutscher Opfer des Malaysia-Airlines-Absturzes wollen | |
| die Ukraine auf Schmerzensgeld verklagen. Die Klage richte sich gegen die | |
| Ukraine, weil sich der mutmaßliche Abschuss von Flug MH17 im ukrainischen | |
| Luftraum ereignet hat, erklärte der Rechtsanwalt und | |
| Luftfahrtrechts-Professor Elmar Giemulla am Sonntag gegenüber AFP. Die | |
| Klage auf eine Million Euro Schmerzensgeld pro Opfer solle in zwei Wochen | |
| vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte eingereicht werden. | |
| „Jeder Staat trägt die Verantwortung für die Sicherheit seines Luftraums“, | |
| argumentiert Giemulla, der drei deutsche Opferfamilien vertritt, in einer | |
| schriftlichen Stellungnahme. „Mit der Offenhaltung des Luftraums für den | |
| Durchflug von Flugzeugen anderer Staaten übernimmt ein Staat auch die | |
| Gewährleistung für die Sicherheit der Flüge.“ Ist dies nicht möglich, mü… | |
| der Staat den Luftraum sperren. „Da dies nicht geschehen ist, haftet die | |
| Ukraine für die Schäden“, resümiert Giemulla. | |
| Eine Klage auch gegen Russland schloss der Professor nicht aus. „Die | |
| Beweislage gegen Russland ist noch nicht stabil genug“, erklärte er | |
| gegenüber AFP. Zu einem „späteren Zeitpunkt“ sei eine Klage aber denkbar. | |
| Nach derzeitigem Kenntnisstand liegt die „Hauptursache für den Abschuss“ | |
| laut Giemulla „wenn man einmal von den Rebellen absieht bei der russischen | |
| Regierung“. | |
| Die Maschine der Malaysia Airlines war am 17. Juli auf dem Weg von | |
| Amsterdam nach Kuala Lumpur über der Ostukraine abgestürzt, alle 298 | |
| Insassen kamen ums Leben. An Bord waren auch vier Deutsche. Die ukrainische | |
| Regierung und der Westen gehen davon aus, dass Flug MH17 von prorussischen | |
| Separatisten abgeschossen wurde. Russland sieht die Verantwortung bei Kiew. | |
| Der Vorwurf laute auf Totschlag durch Unterlassen in 298 Fällen, sagte | |
| Giemulla der Bild am Sonntag. Durch das Offenhalten des Luftraums habe die | |
| Ukraine in Kauf genommen, dass das Leben hunderter unschuldiger Menschen | |
| „vernichtet worden ist“. Das Land habe damit eine Menschenrechtsverletzung | |
| begangen. Giemulla ist Honorarprofessor für Luftrecht an der Technischen | |
| Universität Berlin. | |
| 21 Sep 2014 | |
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