# taz.de -- Digitales auf der Buchmesse: Das Buchregal als Touchscreen | |
> Der Buchmarkt wird digitaler: Buchläden nutzen neue Online-Entwicklungen. | |
> Amazon startet seine Leseflatrate auch in Deutschland. | |
Bild: Ups! Da hat sich doch was Digitales unter die Bücher gemischt. | |
FRANKFURT/MAIN taz | Der Stand des Forums Zukunft auf der Frankfurter | |
Buchmesse sieht auf den ersten Blick wie eine Baustelle aus: Rund um die | |
Ausstellungsfläche stehen Bauzäune, an denen rohe Holztafeln hängen. Allein | |
die Computerschrift auf den Tafeln deutet an, dass es hier um technische | |
Innovationen auf dem Buchmarkt gehen soll. Zukunft „under construction“, so | |
die Botschaft, die man dieser Gestaltung entnehmen kann. | |
In erster Linie will das Forum Zukunft jedoch Digitales sichtbar machen. | |
Das digitale Buch ist zwar weiter auf dem Vormarsch, gegenüber der | |
herkömmlichen Variante auf bedrucktem Papier hat das E-Book aber immer noch | |
den Nachteil, jenseits des Lesegeräts unsichtbar zu sein. | |
Um diese Schwäche zu beheben, hatte das Forum Zukunft des Börsenvereins des | |
Deutschen Buchhandels den internationalen Ideenwettbewerb „Forum Zukunft | |
Arena Digital“ ausgerufen, bei dem die 132 Teilnehmer aus 34 Ländern | |
Vorschläge erarbeiteten, wie sich E-Books besser in Szene setzen lassen. | |
Die Gewinnerin Olivia Tomaschek, die am Mittwoch ausgezeichnet wurde, | |
überzeugte die Jury mit einem pragmatischen Entwurf. „Bookshelf 2.0“ heißt | |
der Beitrag der Produktdesignerin aus Wuppertal. Im Grunde ist das ein | |
großer Touchscreen in Regaloptik, an dem man nach Büchern stöbern und sie | |
auch gleich kaufen kann – im Buchladen genauso wie an der Bushaltestelle. | |
„Es ist tatsächlich vorstellbar, das in eine Buchhandlung zu stellen“, so | |
Jurymitglied Tobias Schmid von der Osianderschen Buchhandlung. | |
## Überall online stöbern | |
Erfindungen wie diese folgen den veränderten Kaufgewohnheiten der Leser: | |
Knapp die Hälfte aller Internetnutzer informiert sich inzwischen online | |
über Bücher und kauft sie dort auch, wie die Arbeitsgemeinschaft Online | |
Forschung herausfand. Der Anteil der Internetnutzer, die nach wie vor | |
offline Bücher kaufen, liegt hingegen bei nicht einmal 13 Prozent. | |
Die Buchläden haben auf diese Veränderungen reagiert. Zur Buchmesse | |
präsentiert eBuch, die Genossenschaft der kleineren und mittleren | |
Buchhandlungen, die Netz-Angebote [1][genialokal.de] und die App | |
[2][genialmobil.de]. Damit können Nutzer per Smartphone nach Büchern suchen | |
und Buchhandlungen der Genossenschaft ausfindig machen, die das Buch | |
vorrätig haben – entweder zum Bestellen online oder zum Kauf im Laden. | |
Neu ist auch die Zusammenarbeit von eBuch mit der Selfpublishing-Plattform | |
Books on Demand (BoD), die im nächsten Frühjahr beginnen soll: Autoren von | |
BoD können dann ihre Bücher in Buchhandlungen der Genossenschaft auslegen | |
lassen. Regionale Schriftsteller und Publizisten etwa gelangen dadurch | |
besser in die Buchläden ihrer Umgebung. | |
Auf Impulse dieser Art sind die Buchläden angewiesen. Zwar steht der | |
Sortimentsbuchhandel gegenüber den übrigen Vertriebsformen immer noch am | |
besten da, doch musste die Branche im ersten Halbjahr gegenüber dem Vorjahr | |
insgesamt Verluste hinnehmen – die Belletristik gar um knapp 9 Prozent. | |
## Am liebsten umsonst | |
Andererseits nimmt der Anteil der digitalen Bücher kontinuierlich zu. Ein | |
Viertel aller Leser in Deutschland liest E-Books, wie eine Umfrage des | |
Hightech-Verbands Bitkom ergeben hat, im vergangenen Jahr war es erst ein | |
Fünftel der Leser. Die Leser nutzen bevorzugt Smartphones, beschränken sich | |
in der Regel jedoch nicht auf ein Gerät. Was die Branche allerdings weniger | |
begeistern dürfte: Immer mehr Nutzer wollen für E-Books nicht zahlen. | |
Noch spielen E-Books in Deutschland nur eine – gemessen am Gesamtumsatz – | |
geringe Rolle. Ihr Anteil liegt bei knapp 4 Prozent. Aber die Verlage | |
verzeichnen stetige Zuwächse. | |
Zuletzt war der Hanser Verlag Anfang des Monats mit dem rein digitalen | |
Angebot „Hanser Box“ auf den Markt gekommen. Bei anderen Verlagsgruppen wie | |
Droemer Knaur sind inzwischen sogar mehr Titel digital lieferbar als in | |
gedruckter Form, und Ullstein veröffentlicht sämtliche Neuerscheinungen | |
mittlerweile ebenfalls digital. Verlage wie Rowohlt bieten zudem nicht nur | |
ihre Neuerscheinungen sowohl analog als auch digital an, sondern | |
digitalisieren nach und nach ihre Backlist. | |
Amazon drängt währenddessen weiter auf dem Buchmarkt vor. Der | |
Versandhändler hat jetzt sein Leseflatrate-Angebot „Kindle Unlimited“ in | |
Deutschland gestartet. Für 9,99 Euro im Monat haben Nutzer Zugriff auf mehr | |
als 650.000 Titel, bis zu 10 Bücher darf man gleichzeitig ausleihen. Das | |
deutschsprachige Angebot der E-Book-Ausleihe ist noch auf 40.000 Titel | |
begrenzt, weil die deutschen Verlage bisher zurückhaltend reagierten. | |
Zu den Konkurrenten Amazons hierzulande zählen etwa Skoobe von Bertelsmann | |
und Holtzbrinck und das kostenlose Readfy. | |
8 Oct 2014 | |
## LINKS | |
[1] http://genialokal.de | |
[2] http://genialmobil.de | |
## AUTOREN | |
Tim Caspar Boehme | |
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