| # taz.de -- Auftakt Frankfurter Buchmesse: Der globalisierte Buchmarkt | |
| > Internationale Geschäfte und Vernetzung nehmen immer mehr zu: Auf der | |
| > Frankfurter Buchmesse 2014 zeichnen sich einige Veränderungen ab. | |
| Bild: Sofi Oksanen hält die Eröffnungsrede bei der Frankfurter Buchmesse. | |
| So. Auf nach Frankfurt. Montagabend wird dort im Römer der Deutsche | |
| Buchpreis verliehen. Erster Favorit ist Lutz Seiler mit seinem | |
| Hiddensee-Roman „Kruso“. Zweiter Favorit ist Thomas Hettche mit seinem | |
| Pfaueninsel-Roman „Pfaueninsel“. Alles andere wäre eine Überraschung, eine | |
| sehr große Überraschung. | |
| Die literarischen Richtungsentscheidungen hat die diesjährige Jury schon | |
| vorher getroffen, indem sie literarische Schwergewichte wie Nino | |
| Haratischwilis „Das achte Leben“ oder Michael Kleebergs Roman „Vaterjahre… | |
| noch gar nicht einmal auf die Longlist gesetzt hatte – und eine so schöne | |
| Entdeckung wie Esther Kinkys Roman „Am Fluss“ dann wiederum nicht bis zur | |
| Shortlist und damit zum heutigen Finale durchgezogen hat. Man muss | |
| Jury-Entscheidungen nicht immer verstehen. | |
| Und am Dienstag wird dann die Frankfurter Buchmesse eröffnet. 300.000 | |
| Besucher werden erwartet. 7.000 Anbieter auf 100 Ländern – darunter auch | |
| einige Verlage aus Syrien, die aber keineswegs staatliche Organisationen | |
| vertreten, sondern der noch verbliebenen Zivilgesellschaft zuzurechnen | |
| sind. | |
| Der Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier wird zur Eröffnung sprechen | |
| und vom Outfit her von der Autorin Sofi Oksanen locker in den Schatten | |
| gestellt werden, die für das Buchmessen-Gastland Finnland die | |
| Eröffnungsrede hält. Auf diesen Auftritt darf man gespannt sein, auch | |
| politisch. Sofi Oksanen wird ganz sicher auf die derzeitigen Konflikte mit | |
| dem von Putin regierten Russland eingehen. | |
| Das klingt so weit nach Business as usual. Aber interessant sind die | |
| Verschiebungen, die man nicht auf den ersten Blick sieht. So hat der | |
| Buchmessen-Chef Jürgen Boos in Vorgesprächen deutlich darauf hingewiesen, | |
| dass sich die Gewichte auf der Messe inzwischen hin zu den internationalen | |
| Geschäften verlagern. Bisher sei das Verhältnis von deutschen und | |
| ausländischen Verlagen in etwa fünfzig zu fünfzig gewesen. Mittlerweile sei | |
| man bei einem Verhältnis von zwei Dritteln zu einem Drittel angekommen, | |
| zugunsten der ausländischen Anbieter. | |
| Der Hintergrund ist wirklich spannend und hat mit der neuen Weltordnung zu | |
| tun, in der der Westen nicht mehr selbstverständlich im Zentrum sitzt. Die | |
| aufstrebenden Gesellschaften Asiens und Südamerikas vernetzen sich längst | |
| viel mehr miteinander – und tun das inzwischen auch in Frankfurt. Wenn etwa | |
| chinesische und taiwanesische Verlage gemeinsam Buchdeals machen, dann tun | |
| sie es in Frankfurt; neutrales Terrain mag da hilfreich sein. Aber auch | |
| argentinische und indonesische Verlage knüpfen ihre Kontakte unter dem | |
| Frankfurter Messeturm. | |
| ## Eine neue Stufe der Globalisierung | |
| Ohne das jetzt schon ganz hoch hängen zu wollen: Hier zeichnet sich eine | |
| neue Stufe der Globalisierung ab. Ähnliche Entwicklungen zeichnen sich beim | |
| Goethe-Institut ab, das eben nicht mehr nur deutsche und ausländische | |
| Kulturen miteinander vernetzt, sondern teilweise auch ausländische Kulturen | |
| untereinander. Und von Beratern Frank-Walter Steinmeiers hört man ähnliche | |
| Überlegungen. | |
| Es liegt eben im deutschen Interesse, dass Kulturaustausch insgesamt | |
| friedlich verläuft. Und wenn Europa nicht im globalen Maßstab provinziell | |
| werden will, sollte es eben bei solchen eh ablaufenden Prozessen auch | |
| gestaltend dabei sein. | |
| Noch etwas Strukturelles konnte man aus den Vorgesprächen mitnehmen: So | |
| sind inzwischen die Überlegungen vom Tisch, für E-Books und andere | |
| elektronische Angebote eigene Flächen der Buchmesse auszuweisen. Die | |
| Tendenz läuft eher in Richtung einer Durchmischung, teilweise auch | |
| Durchdringung von Print- und E-Angeboten. So hat inzwischen beinahe jeder | |
| große deutsche Verlag ein eigenes E-Book-Angebot. | |
| ## 20 bis 100 Druckseiten, 1,99 bis 4,99 Euro | |
| Zuletzt kam der Hanser-Verlag dazu, der sich unter seinem Leiter Michael | |
| Krüger noch sehr E-Book-skeptisch geriert hatte, nun, unter dem neuen | |
| Verleger Jo Lendle, aber die Hanser-Box präsentiert. Einmal wöchentlich | |
| wird dort ein bisher unveröffentlichter Text bekannter Autoren der | |
| Hanser-Verlagsgruppe erscheinen, 20 bis 100 Druckseiten, 1,99 bis 4,99 Euro | |
| Preis, Henning Mankell, T. C. Boyle und Nora Bossong finden sich darunter. | |
| Neu auf der diesjährigen Messe ist auch eine „Autoren-Lounge“ – Leser und | |
| Pressevertreter müssen draußen bleiben –, auf der die dänische Autorin Jane | |
| Teller ihre internationalen Schriftstellerkollegen zu einem dreitägigen | |
| Austausch über ein noch geheim gehaltenes politisches Thema | |
| zusammentrommeln soll, was dann zwar nun nicht zu einem Manifest, aber zu | |
| einer öffentlichen Äußerung führen soll. Na, da müssen sie sich aber warm | |
| anziehen, die politischen Themen dieser Welt. | |
| Und dem Lesepublikum mehr öffnen will sich die Messe inzwischen auch. Der | |
| zentrale Platz zwischen den Messehallen soll mit einem eigenen | |
| Veranstaltungsort aufgewertet werden. | |
| 6 Oct 2014 | |
| ## AUTOREN | |
| Dirk Knipphals | |
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