# taz.de -- 69. Frankfurter Buchmesse 2017: Frankfurt auf Französisch | |
> „Francfort en français“ wird es im Oktober in Frankfurt heißen. Damit | |
> wird sich ein Sprachraum statt eine Nation auf der Buchmesse | |
> präsentieren. | |
Bild: Nicht Franzose, sondern Autor französischer Sprache muss man für „Fra… | |
Als „unruhige, eifersüchtige, stürmische Liebe“ beschrieb Jacques Derrida | |
sein Verhältnis zur französischen Sprache, das so zu benennen nur der im | |
Stande ist, der ein poetisches Verhältnis zur Sprache pflegt. | |
Diese Unruhe und Leidenschaft konnte Derrida wohl nur verspüren, weil ihnen | |
eine Einsicht, ja, vielleicht gar ein ethischer Impuls vorausgegangen war, | |
nämlich: dass es kein natürliches Eigentum an Sprache gibt. Diese | |
epistemologische Aussage war zugleich eine biografische Erfahrung bei | |
Derrida. | |
In Algerien aufgewachsen, migrierte Derrida von der arabischen und | |
hebräischen in die französische Sprache. Eine Migration, die ihn | |
konfrontierte mit dem Mythos der Muttersprache und seiner Verknüpfung mit | |
Identität, Nation und Kultur. Ein unheilvolles Gemisch, in dessen Kern | |
Derrida die Gewalt der Aneignung ausmachte. | |
Dass der große Derrida herangezogen wird für das Motto der nächsten | |
Frankfurter Buchmesse, ist erfreulich. Die Identität der Sprache dürfe | |
keine nationale Identität sein, so Juergen Boos, Geschäftsführer der | |
Frankfurter Buchmesse, als er kürzlich in Leipzig das Konzept der Buchmesse | |
2017 vorstellte. | |
## Weniger Zentralismus | |
„Francfort en français“ wird es vom 11. bis zum 15. Oktober in Frankfurt | |
heißen. Damit wird sich ein Sprachraum statt eine Nation auf der größten | |
Buchmesse präsentieren. Da scheint sich was zu bewegen im zentralistischen | |
Frankreich, wenn es heißt, die französische Sprache gehöre nicht | |
Frankreich, so Paul de Sinety, Generalsekretär des französischen | |
Gastlandauftritts. Dennoch sind die Franzosen federführend. | |
1.400 neue Übersetzungen aus dem Französischen ins Deutsche wird es 2017 | |
geben, darunter AutorInnen aus Kanada, Libanon, China, Marokko, | |
Afghanistan, die das Französische als ihre literarische Ausdrucksform | |
gewählt haben. Mehr als 100 AutorInnen von ihnen werden am Main erwartet, | |
darunter Michel Houellebecq, die Prix-Goncourt-Preisträgerin 2016 Leila | |
Slimani, Mathias Enard u. v. a. | |
Im Oktober werden Frankreich und Deutschland gewählt haben. Die Debatten um | |
Migration und Gastfreundschaft werden bleiben. Darin weiterhin an Derrida | |
anzuknüpfen, wäre nicht das Schlechteste. | |
17 Jul 2017 | |
## AUTOREN | |
Tania Martini | |
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