# taz.de -- Lizenzmodelle im Netz: Die Journalismus-Flatrate | |
> Online-Plattformen wie Readly und Blendle setzen auf den Spotify- und | |
> Netflix-Effekt: Wer zahlt, erhält gebündelt Zugang zu Magazinen und | |
> Zeitungen. | |
Bild: Lesen, wie es ihm gefällt. | |
Die deutschen Verlage haben in den vergangenen zwei Jahrzehnten fast | |
flächendeckend versagt. Auf ihren Online-Portalen haben sie Journalismus | |
oft nicht als wertvolle Ware präsentiert, sondern vielmehr als | |
Gratisdreingabe. Die Folge: Viele Verlagsauftritte sind noch immer ein | |
teils hoch defizitäres Geschäft. Der Verkauf animierter Werbeflächen reicht | |
nun mal nicht, um opulente Redaktionen in die Profitabilität zu führen. | |
Die Verzweiflung der Verlage geht bekanntlich so weit, dass sie mit allen | |
Mitteln versuchen, Google zur Kasse zu bitten, damit wenigstens einer | |
zahlt. Schließlich hat auch der Start digitaler Abonnements nicht die | |
erhoffte Trendwende gebracht. Doch nun werden auch hierzulande Modelle | |
angeboten, die Hoffnungen wecken. | |
Die Dienste Readly und Blendle setzen auf die neuen Lizenzmodelle im Netz. | |
Apple, Netflix, Spotify und Co. haben den Nutzern beigebracht, dass sie | |
entweder einzelne Titel oder gleich eine Flatrate für den grenzenlosen | |
Konsum einlösen können. Was bei Musik und Filmen funktioniert, soll nun | |
auch für journalistische Inhalte kommen. | |
Readly, ein Import aus Schweden, bietet für zehn Euro im Monat | |
„unbegrenzten Zugang zu Hunderten Zeitschriften“ und ist damit eine Art | |
Spotify für Magazininhalte. Blendle wiederum setzt auf das iTunes-Prinzip. | |
Hier können Leser für ein paar Cent einzelne Texte kaufen statt wie üblich | |
ein ganzes Magazin. | |
## Erfolg steht und fällt mit Verlagen | |
Während Readly seine Journalismus-Flatrate bereits in Deutschland verkauft, | |
ist Blendle bis auf Weiteres noch allein in den Niederlanden aktiv, will | |
aber im nächsten Jahr in Europa expandieren. Deutschland dürfte hier weit | |
oben auf der To-do-Liste stehen, denn der Axel-Springer-Verlag (Bild, Welt, | |
diverse Magazine) hat sich an dem Start-up beteiligt. | |
Der Erfolg der Angebote steht und fällt mit den Verlagen, die ihre Inhalte | |
für die neuen Modelle zur Verfügung stellen oder eben nicht. Blendle muss | |
sich mit seinem neuen Miteigentümer zunächst keine Gedanken machen. | |
Springer bringt viele Titel mit und findet als digitaler Vorreiter häufig | |
rasch Nachahmer in der Szene. Bei Readly zeigt sich jetzt schon, wie | |
zögerlich die hiesigen Verlage auch sein können. | |
Zwar listet das deutsche Readly aktuell knapp 720 Zeitschriften – viele | |
davon kommen aus dem Ausland. Die wenigen deutschen Titel bringen vor allem | |
Bauer und Funke ein und sind besonders Fernseh- und Klatschmagazine. Was | |
aber bringt so ein Abo ohne Spiegel und den Journalismus von Gruner + Jahr? | |
Es wäre interessant zu erfahren, wie das selbsternannte Hamburger „Haus der | |
Inhalte“, Gruner und Jahr, plant: Ist mit Stern, Geo und Brigitte auf | |
Blendle oder Readly zu rechnen? Der Verlag scheint derzeit zu sehr mit sich | |
selbst beschäftigt zu sein – Fragen bleiben unbeantwortet. | |
## Freie Inhalte im Netz | |
Unterdessen regen sich erste Zweifel, ob die neuen Modelle den Verlagen | |
überhaupt die lang erwarteten Gewinne im Digitalen bescheren werden. Erst | |
gestern mahnte etwa der Digitalchef der französischen Les Echos, Frédéric | |
Filloux, Blendle könne sicher in den Niederlanden funktionieren, aber nicht | |
auf Märkten mit intensivem Wettbewerb: Leser würden stets auch freie | |
Inhalte im Netz finden, zu jedem erdenklichen Thema. | |
Filloux bezog sich zwar auf den schier unendlich weiten englischsprachigen | |
Markt. Aber schon der deutschsprachige ist weitaus vielfältiger als der | |
niederländische. Und bei der Einführung von Abomodellen für klassische | |
Webseiten hat sich gezeigt: Es gibt immer einen, der allein auf das | |
Geschäft mit Werbung zielt, auf Masse statt Klasse, und damit auf den | |
Abverkauf seiner Texte nicht angewiesen ist – und das auch im Digitalen. | |
4 Nov 2014 | |
## AUTOREN | |
Daniel Bouhs | |
## TAGS | |
Online-Journalismus | |
Blendle | |
Medien | |
Online-Journalismus | |
Zeitung | |
Funke Mediengruppe | |
Netflix | |
Werbung | |
Leistungsschutzrecht | |
Krautreporter | |
Social Media | |
Krautreporter | |
Crowdfunding | |
Paywall | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Ein Jahr Blendle: Man übt sich in Geduld | |
Seit einem Jahr verkauft Blendle in Deutschland Artikel aus Zeitungen und | |
Magazinen. So richtig gut scheint das noch nicht zu funktionieren. | |
Neues Projekt von Stefan Niggemeier: Kritik für Kritische | |
Das Onlinemagazin Übermedien.de sucht zum Start am Mittwoch zahlende | |
AbonnentInnen. Die Inhalte stehen hinter einem „Payfence“. | |
Online-Konzerne und Medienhäuser: Fremde oder Freunde | |
Endlich wieder attraktiv: Konzerne wie Google und Facebook umgarnen | |
Medienhäuser. Werden die Verlage den Flirt bereuen? | |
Journalismus im Netz: Zeitung, entbündelt | |
Der digitale Zeitungskisok „Blendle“ wurde eröffnet. Nutzer können dort f… | |
einzelne Artikel bezahlen – etwa zwischen 25 Cent und ein paar Euro. | |
Der digitale Zeitungskiosk „Blendle“: Blendlende Aussicht | |
Blendle kommt nach Deutschland. Der Kiosk bietet Artikel zu Cent-Beträgen | |
und mit Rückgabegarantie. Fast alle großen Verlage beteiligen sich. | |
Vertrag wird verlängert: „Welt“ liefert weiter an „Morgenpost“ | |
Doch kein Ende am 30. April: Die Funke-Zeitung bekommt noch bis August | |
Inhalte von Springer und bestückt weiter den Berliner Lokalteil der „Welt“. | |
Zuschauermessung bei Netflix & Co.: Datingbörse für Filmliebhaber | |
Streamingdienste wissen, was und wie die Kunden fernsehen, und richten ihr | |
Angebot danach aus. Ersetzen solche Algorithmen die Quote? | |
Werbung im Umbruch: Versteckte Botschaften | |
Das neue Marketingmodell Native Advertising ist für Firmen sehr lukrativ. | |
Für Journalisten ist es gefährlich, weil sie überflüssig gemacht werden. | |
Kommentar Springer und Google: Sollen wir mal pusten? | |
Springer geriert sich als Opfer von Googles Marktmacht. Dabei hat sich der | |
Konzern selbst in die Abhängigkeit begeben und stärkt nun dessen Position. | |
Krautreporter online: Experimentiert wird mit der Crowd | |
Die Krautreporter sind online. Mit ordentlichen, aber nicht besonders | |
originellen Geschichten. Die Reparatur des Onlinejournalismus ist das noch | |
lange nicht. | |
Umbruch im Online-Journalismus: Die Leser entscheiden im Netz | |
Die Arbeit von Social-Media-Redakteuren wird auch für klassische Medien | |
wichtiger. Denn viele User beziehen ihre Nachrichten über Facebook und | |
Twitter. | |
Online-Journalismus der „Krautreporter“: Respekt, Krauts, Respekt! | |
Die „Krautreporter“ haben ihr Ziel erreicht: 15.000 Unterstützer | |
finanzieren das Projekt – so steht es zumindest auf der Webseite. | |
Neuer Journalismus: Im Schatten der Krauts | |
Die Branche schaut gebannt auf die Crowdfunding-Kampagne „Krautreporter“. | |
Doch im Hintergrund lauern nicht minder spannende Projekte. | |
Bezahlmodelle für Online-Journalismus: Klicks als Sattmacher | |
Zeitungen, Verlage und Journalisten suchen digitale Finanzierungskonzepte | |
für guten Journalismus. Paywalls sind nicht die einzige Idee. |