# taz.de -- Der digitale Zeitungskiosk „Blendle“: Blendlende Aussicht | |
> Blendle kommt nach Deutschland. Der Kiosk bietet Artikel zu Cent-Beträgen | |
> und mit Rückgabegarantie. Fast alle großen Verlage beteiligen sich. | |
Bild: Einsamer Kiosk | |
BERLIN taz | Marten Blankesteijn ist um große Worte nicht verlegen. „Junge | |
Leute sind bereit, für Qualitätsjournalismus zu bezahlen“, sagte er vor | |
vier Wochen dem Branchendienst [1][turi2][2][]. „Wenn man ihnen die | |
[3][Blendle]-Variante bietet.“ Die Blendle-Variante, das ist seine | |
Erfindung, und die startet – zumindest mit einer Beta-Version – nun auch in | |
Deutschland. | |
Vor gut einem Jahr hat der Niederländer Blankesteijn in seiner Heimat den | |
digitalen Zeitungskiosk Blendle eröffnet: eine Webseite, an der | |
mittlerweile alle großen Verlage Artikel einzeln zum Verkauf anbieten. | |
Nutzer können sich ihre Auswahl selbst zusammenstellen: den | |
Wirtschaftsaufmacher aus Zeitung A, die Kulturkolumne aus Magazin B, die | |
Filmrezension aus Wochenzeitung C. | |
Wie viel die Artikel kosten, entscheiden die Verlage. Momentan verlangen | |
sie pro Text etwa 25 Cent, einige auch mehr. 30 Prozent davon gehen an | |
Blendle. Es ist also das Prinzip iTunes - mit einer Ausnahme: Der Leser | |
kann Artikel, die ihm nicht gefallen, zurückgeben und bekommt das Geld | |
wieder. Wenn das aber zu oft passiert, wird diese Funktion gesperrt. | |
## Interesse am Journalismus | |
In den Niederlanden hat Blendle bereits rund 300.000 Nutzer, zwei Drittel | |
davon sind unter 35. Für Blankesteijn ist das der Beweis, dass junge Leute, | |
die viele Verlage längst aufgegeben haben, sich für Journalismus | |
interessieren. Blankesteijn ist selbst gelernter Journalist. Er hat | |
festgestellt, dass immer weniger Leute seine Texte lesen. Nicht, so glaubt | |
er, weil sie sich nicht dafür interessieren, sondern weil es ihnen absurd | |
erscheint, Geld für eine Zeitung auszugeben, in dem sie nur einen Teil | |
lesen wollen. | |
Also müssen die Vertriebswege geändert werden, dachte er und entwarf mit | |
einem Freund Blendle. Mittlerweile arbeiten 50 Leute für das Unternehmen, | |
im vergangenen Herbst sind die New York Times und der Axel Springer Verlag | |
mit drei Millionen Euro eingestiegen. Dafür halten sie jetzt zusammen 23 | |
Prozent an dem Unternehmen, die Mehrheit liegt bei den Gründern. | |
Zum Deutschlandstart sind 36 Zeitungen und Magazine dabei, überregionale, | |
wie Zeit, Süddeutsche, Gala und Neon, und regionale, wie Thüringer | |
Allgemeine, Mannheimer Morgen und Kölner Stadtanzeiger. Von den großen | |
Verlagen fehlen nur Burda und Bauer. | |
Blankesteijn beschreibt sein Projekt gegenüber dem Cicero als eine | |
Verbindung von „Twitter, Google News, PayPal und Leidenschaft für | |
Qualitätsjournalismus“, vergisst dabei aber Facebook. Jeder Leser kann sich | |
auch mit seinem Facebook-Profil anmelden, denn Blendle ist nicht nur Kiosk | |
und Nachrichtenarchiv, sondern auch soziales Netzwerk. Leser können | |
Empfehlungen von Freunden und Promis folgen. Dafür leitet Blendle | |
anonymisierte Daten über die Leserschaft an die Verlage weiter. | |
## Das Modell Spotify | |
Blendle startet nun zwar mit einigem Tamtam, ist aber nicht das erste | |
Angebot dieser Art in Deutschland. Mitte Mai ist „[4][Pocketstory]“ | |
gestartet, ein Start-up aus Hamburg, das ähnlich funktioniert wie Blendle, | |
allerdings noch weniger Zeitungen und Zeitschriften im Angebot hat. | |
Auch Apple und Google verkaufen über ihre Kiosk-Apps digitale | |
Zeitschriften, und das schwedische Start-up [5][Readly] bietet für 9,99 | |
Euro im Monat eine Lese-Flatrate. Im Gegensatz zu Blendle ist Readly also | |
eher das Modell Spotify, das vor allem die bunten Blättchen aus dem Hause | |
Bauer und Funke anbietet. Bisher waren diese Angebote aber nicht sonderlich | |
erfolgreich. | |
10 Jun 2015 | |
## LINKS | |
[1] http://www.turi2.de/aktuell/interview2-marten-blankesteijn-blendle/ | |
[2] http://www.turi2.de/aktuell/interview2-marten-blankesteijn-blendle/ | |
[3] https://blendle.com/de/ | |
[4] https://www.pocketstory.com/ | |
[5] https://de.readly.com/ | |
## AUTOREN | |
Anne Fromm | |
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