# taz.de -- Kommentar Springer und Google: Sollen wir mal pusten? | |
> Springer geriert sich als Opfer von Googles Marktmacht. Dabei hat sich | |
> der Konzern selbst in die Abhängigkeit begeben und stärkt nun dessen | |
> Position. | |
Bild: Eine Kerbe mehr im Schreibtisch: Google-Zentrale in Mountain View, Kalifo… | |
Was passiert mit einer Nachrichtenseite, wenn sie nicht vernünftig bei | |
Google gelistet wird? Der Axel-Springer-Verlag hat es erlebt. Nachdem er | |
beharrlich von Google forderte, Geld für die Nutzung von Textanrissen – so | |
genannten Snippets – von welt.de und drei weiteren Seiten zu zahlen. Wie zu | |
erwarten war, hat Google dann irgendwann nur noch Überschriften von den | |
welt.de-Treffern angezeigt. So wertvoll sind die Textauszüge nicht, als | |
dass der Suchmaschinenbetreiber dafür zahlen würde. | |
Zwei Wochen hat Springer sich das angeschaut. Die Anzahl der Nutzer, die | |
von Google zu welt.de geleitet wurden, ist um 40 Prozent gefallen. Von | |
„Google News“ kamen gar 80 Prozent weniger Klicks. [1][Nun darf Google doch | |
wieder alles anzeigen] – ohne dafür zahlen zu müssen. Springer hat's | |
erlaubt. | |
Springer ist umgefallen, mag man nun denken. Aber nein! Das Zurückrudern | |
ist laut Springer-Chef Matthias Döpfner „der erfolgreichste Misserfolg, den | |
wir je hatten“. Denn nun seien die wirtschaftlichen Auswirkungen des | |
Marktmissbrauchs durch Google präzise dokumentiert, wie es in einer | |
Mitteilung aus dem Springer-Haus heißt. Quasi Beweismittelsicherung. Der | |
Medienkonzern will schließlich gerade gerichtlich feststellen lassen, dass | |
Google zur Übernahme der kleinen Textausschnitte gezwungen wird und dafür | |
selbstverständlich auch noch zahlen muss. | |
Dafür klagt die VG Media – die für Springer und andere Verlage die | |
Zahlungsansprüche, die sich aus dem Leistungsschutzrecht ergeben, | |
durchsetzen soll – derzeit gegen Google. „So traurig es ist, aber wir | |
wissen jetzt sehr präzise, wie massiv die Folgen der Diskriminierung sind, | |
wie sich die Marktmacht von Google tatsächlich auswirkt und wie Google | |
jeden bestraft, der ein Recht wahrnimmt, das der Deutsche Bundestag ihm | |
eingeräumt hat“, sagt Döpfner. | |
Dabei hat Springer sich zu einem erheblichen Teil selbst in die | |
Abhängigkeit von Google begeben. So wurden beispielsweise Welt-Mitarbeiter | |
zu Fortbildungen geschickt, um dort zu lernen, wie man | |
suchmaschinenoptimiert schreibt. Anscheinend mit Erfolg: Google sorgte in | |
den vergangenen drei Monaten für mehr als ein Drittel des Traffics bei | |
welt.de – deutlich mehr als bei den Wettbewerbern Spiegel Online, | |
Sueddeutsche.de oder FAZ.net. Springer unterwirft sich also der Logik von | |
Google, will deren Zufluss von Nutzern abschöpfen – und geriert sich dann | |
als Opfer von Googles Marktmacht. Das ist verlogen. | |
Doch Springers Heuchelei geht noch weiter: Denn es räumt die kostenlose | |
Nutzung von Snippets und Bildern nur Google ein, nicht aber den vielen | |
kleinen weiteren Suchmaschinenanbietern und News-Aggregatoren. So stärkt | |
Springer Googles Marktposition weiter. | |
5 Nov 2014 | |
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## AUTOREN | |
Jürn Kruse | |
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