# taz.de -- EU-Haushalt für 2015 scheitert: Sparkurs stürzt Brüssel in die K… | |
> Einigen sich die Unterhändler nicht bis Weihnachten, droht ein Notbudget. | |
> Vor allem Arbeitslose, Forscher und Landwirte dürften leiden. | |
Bild: Im schlimmsten Fall könnten Hilfen für Bauern schrumpfen. | |
BRÜSSEL taz | Die in vielen EU-Staaten umstrittene Budgetdisziplin bringt | |
nun auch Brüssel in Bedrängnis. Nach stundenlangen Verhandlungen scheiterte | |
in der Nacht zu Dienstag der Versuch, ein neues EU-Budget für 2015 | |
aufzustellen. Die Unterhändler aus Europaparlament und Ministerrat konnten | |
sich nicht einmal auf die Begleichung unbezahlter Rechnungen einigen. | |
Insgesamt geht es um 142 Milliarden Euro – so viel soll Brüssel nach dem | |
Vorschlag der EU-Kommission im kommenden Jahr ausgeben. Das entspricht | |
einer Steigerung von fünf Prozent gegenüber dem laufenden Jahr. Das | |
Europaparlament möchte aber noch mehr ausgeben, die EU-Staaten wollen | |
hingegen deutlich weniger zahlen. Zuletzt lagen die Positionen um sechs | |
Milliarden Euro auseinander. | |
Deshalb gehen im Brüsseler Europaviertel zwar nicht gleich die Lichter aus | |
– ein Kompromiss kann noch bis zum Jahresende gefunden werden. Doch die | |
offizielle Deadline wurde verfehlt. Und wenn sich die Unterhändler am Ende | |
doch nicht einigen, dann muss die EU im kommenden Jahr mit Notbudgets | |
arbeiten. | |
In diesem Fall stünde pro Monat nur ein Zwölftel des Haushalts vom Vorjahr | |
zur Verfügung. Eine langfristige Planung ist dann nicht mehr möglich, | |
Großvorhaben blieben auf der Strecke. | |
## „Wie mittelalterliche Quacksalber“ | |
Vor allem für das vom neuen Kommissionschef Jean-Claude Juncker geplante | |
300 Milliarden Euro schwere Investitionsprogramm wäre ein Notbudget Gift. | |
Denn es würde nichts anderes bedeuten, als dass die EU selbst nicht richtig | |
haushalten kann – nicht gerade eine Empfehlung für potenzielle Investoren. | |
Schon jetzt schieben sich Abgeordnete und Finanzminister gegenseitig die | |
Schuld für das (bisher noch vorläufige) Scheitern in die Schuhe. „Wie | |
mittelalterliche Quacksalber“ führten sich die Minister auf, denn außer | |
einem „zusätzlichen Aderlass“ falle ihnen nichts ein, schimpfte der | |
SPD-Europaparlamentarier Jens Geier. | |
Die EU-Staaten riskierten den „finanziellen Kollaps“, warnt die grüne | |
Haushaltsexpertin Helga Trüpel. „Sie versprechen vollmundig Investitionen | |
zum Beispiel gegen Jugendarbeitslosigkeit oder für Forschung und | |
Innovation. Aber dann bleiben sie die dafür notwendigen Zahlungen | |
schuldig.“ Neben Arbeitslosen und Forschern dürften aber vor allem die | |
Landwirte unter einer Budgetkrise leiden – sie erhalten das meiste Geld aus | |
dem EU-Topf. | |
## Cameron darf zufrieden sein | |
Keine Nachteile muss hingegen Großbritannien fürchten, das einen | |
milliardenschweren „Briten-Rabatt“ genießt. Trotz Ebbe in der Kasse wollen | |
die EU-Staaten eine am 1. Dezember fällige Nachzahlung zum | |
Gemeinschaftsbudget stunden. Nicht einmal Zinsen muss der britische Premier | |
David Cameron für dieses Wahlkampfgeschenk zahlen. | |
Cameron hatte 2012 gemeinsam mit Bundeskanzlerin Angela Merkel eine | |
empfindliche Kürzung der EU-Mittel für die Jahre 2014–2020 durchgeboxt. | |
Schon damals hatte das Europaparlament gewarnt, dass bald nicht mehr | |
genügend Mittel für die zahlreichen EU-Programme zur Verfügung stehen | |
würden. Durchgewinkt haben die Abgeordneten die Sparpolitik trotzdem. Nun | |
folgt die kalte Dusche. | |
Allerdings ist jetzt erst die EU-Kommission am Zug: Sie muss ein neues | |
Budget für 2015 vorlegen. Danach geht der Streit in die letzte, | |
entscheidende Runde. | |
18 Nov 2014 | |
## AUTOREN | |
Eric Bonse | |
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