| # taz.de -- Zoff um Grünenchefs Peter und Özdemir: Duo mit Nervfaktor | |
| > Seit Monaten zoffen sich die Grünen-Chefs öffentlich – zum Leid ihrer | |
| > Mitstreiter. Beim Parteitag am Wochenende soll es versöhnlicher zugehen. | |
| Bild: Vor einem Jahr lachten die Grünen-Chefs Peter und Özdemir noch | |
| BERLIN taz | Führungskrisen sind den Grünen längst eine lieb gewordene | |
| Tradition. Vor dem am Freitag in Hamburg beginnenden Bundesparteitag | |
| schwenken geschichtsbewusste Grüne den Blick deshalb gerne zurück in | |
| vergangene Zeiten. Die viel diskutierte Frage: War das öffentliche | |
| Dauer-Hickhack zwischen den Parteichefs Simone Peter und Cem Özdemir in den | |
| vergangenen Monaten überhaupt so schlimm – gemessen an der Performance | |
| anderer Partei- und Fraktionsführungen in den Jahren zuvor? | |
| Schließlich lassen sich Reibereien zwischen den Flügelrepräsentanten bei | |
| zwei Doppelspitzen in Partei und Fraktion kaum vermeiden. Und die Latte bei | |
| den Grünen liegt inzwischen hoch, wenn es um Intrigen, Machtspielchen und | |
| Egotrips an der Bundesspitze geht. | |
| Im Bemühen, die anschwellende Führungsdebatte um ihre vor einem Jahr neu | |
| gewählte Grünen-Spitze abzumoderieren, verweisen Parteikenner dieser Tage | |
| deshalb gern auf Zeiten, in denen es noch schlechter gelaufen sei als | |
| zuletzt. Beliebtestes Beispiel: die Endlos-Ränke im „Pentagramm des | |
| Grauens“ – unter diesem Spitznamen firmierte 2007 die grüne Führungscrew … | |
| Claudia Roth, Reinhard Bütikofer, Fritz Kuhn, Renate Künast und Jürgen | |
| Trittin. | |
| Die Botschaft: An deren gruseligen Umgang komme die aktuelle Grünen-Führung | |
| längst noch nicht heran. Das mag sogar stimmen. Und trotzdem: Ein Jahr nach | |
| der vergeigten Bundestagswahl sorgen öffentlich ausgetragene | |
| Führungszwistigkeiten für massiven Unmut in der Partei. | |
| ## Fraktionschefs hui, Parteichefs pfui | |
| Im Fokus der Kritik steht nur ein Teil der Spitzencrew. Trotz anfänglich | |
| schlechter Presse für Trittins Nachfolger Anton Hofreiter genießt die | |
| Fraktionsführung im Bundestag inzwischen innerparteilich einen recht guten | |
| Ruf – im Gegensatz allerdings zu den Parteichefs Peter und Özdemir. In | |
| monatelanger Kleinarbeit haben sich die beiden weit über Berlin hinaus | |
| einen Ruf als Problemduo erstritten. | |
| Es begann im Frühjahr mit Äußerungen Özdemirs zur umstrittenen | |
| Steuerpolitik. Nach der Sommerpause begab sich der Grünen-Chef gar in | |
| Opposition zur eigenen Bundestagsfraktion: Während seine Co-Vorsitzende | |
| Simone Peter mit der Fraktionsspitze vor deutschen Waffenlieferungen an die | |
| kurdischen Peschmerga im Nordirak warnte, plädierte Özdemir für die | |
| Lieferung von Waffen und beeindruckte die Freunde mit dem Hinweis, die | |
| Kurden könnten den IS schließlich nicht „mit der Yogamatte unterm Arm“ | |
| besiegen. Das trug ihm heftige Kritik sogar aus dem eigenen Realo-Flügel | |
| ein. | |
| Ähnlich dissonant lief es beim innergrünen Streit über den Asylkompromiss | |
| und in der Debatte über einen linken Ministerpräsidenten für Thüringen. Als | |
| Özdemir und Peter vor zwei Wochen anlässlich des Starts der rot-rot-grünen | |
| Koalitionsverhandlungen in Thüringen schließlich zur Abwechslung mal eine | |
| gemeinsame Pressemitteilung verschickten, mochten es einige in der Partei | |
| kaum glauben. | |
| ## Beim Parteitag „den Blick nach vorne richten“ | |
| Beim Parteitag in Hamburg steht zwar keine Neuwahl des Bundesvorstands auf | |
| der Tagesordnung – die soll erst ein Jahr später im Herbst 2015 | |
| stattfinden. Doch das Hickhack der vergangenen Monate hat den Ruf der | |
| Grünen-Spitze lädiert. | |
| Ein Mitglied des einflussreichen grünen Parteirats beklagt inzwischen eine | |
| „Blockadesituation“ an der Parteispitze und kritisiert: „Unsere | |
| Parteivorsitzenden sollten verstehen: Wenn sie so weitermachen, wird es bei | |
| den Vorstandswahlen im kommenden Jahr eng für sie. Es muss endlich wieder | |
| gelingen, besser zusammenzuarbeiten.“ Auch andere VIP-Grüne aus den Ländern | |
| schicken inzwischen Ordnungsrufe in Richtung Parteizentrale. „Doppelspitzen | |
| funktionieren nur dann, wenn beide Teile kooperieren“, mahnt etwa ein | |
| Landeschef. „Sonst werden sie zum Nerv-Faktor.“ | |
| Vor dem Bundesparteitag bemüht sich die Grünen-Spitze deshalb nun, die Lage | |
| zu beruhigen. Der Konflikt um den von Baden-Württembergs Landesregierung | |
| mitgetragenen Asylkompromiss soll, wenn es nach der Parteitagsregie geht, | |
| am Wochenende nicht aufgewärmt werden – obwohl zwei gesetzte Redner, | |
| Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann und Parteichefin | |
| Simone Peter, in dem Konflikt gegenteilige Positionen vertraten. Man habe | |
| sich verständigt, versichert Peter, beim Parteitag „den Blick nach vorne zu | |
| richten“. | |
| Zunächst sah es aus, als könnten gleich zum Auftakt des Parteitags am | |
| Freitagabend die Fetzen fliegen – in der Debatte um einen Realo-Antrag aus | |
| dem schwarz-grünen Hessen zu den Lehren aus der Bundestagswahl. Doch hinter | |
| den Kulissen laufen Gespräche, den umstrittenen Antrag aus Hessen mit einem | |
| Gegenantrag zusammenzubinden und so die Konfrontation zu entschärfen. Damit | |
| könnte auch die große Generalabrechnung in Hamburg ausfallen, zugunsten | |
| einer innergrünen Friedenszeremonie. | |
| 20 Nov 2014 | |
| ## AUTOREN | |
| Astrid Geisler | |
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