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# taz.de -- Flügelstreit bei den Grünen: Antrag auf Ende der Nabelschau
> Vor dem nächsten Parteitag brodelt es bei den Grünen. Nun versuchen die
> Fraktionsvizes aus dem Bundestag, den Streit zu stoppen.
Bild: Schematische und klare Perspektiven liegen bei den Grünen manchmal dicht…
BERLIN taz | Der fünfseitige Parteitagsantrag „Grüner Aufbruch 2017“ ist
frei von inhaltlichen Sensationen und trotzdem ein wirklich bemerkenswertes
Opus. Das liegt an dem Autorenteam, den Unterstützern und nicht zuletzt an
der komplizierten Vorgeschichte. Drei Wochen vor dem Bundesparteitag der
Grünen in Hamburg haben alle fünf Fraktionsvizes aus dem Bundestag zusammen
mit dem Parteirat Malte Spitz über die Flügelfronten hinweg einen
gemeinsamen strategischen Aufschlag gestartet.
Die sechs Autoren kontern einen Parteitagsantrag grüner Länder-Realos rund
um den hessischen Vize-Ministerpräsidenten Tarek Al-Wazir, der unter
Berliner Spitzen-Grünen seit Wochen für Diskussionen sorgte – allerdings
ohne konkrete Konsequenzen. Über die Gründe wird bislang nur getuschelt.
Zwischen den Grünen-Chefs Simone Peter und Cem Özdemir soll es massiv
haken. Die Stimmung in der Partei ist so mies wie lange nicht.
So haben sich nun andere des Auftrags angenommen, den Realo-Vorstoß aus
Hessen einzufangen. Streckenweise liest sich der Gegenantrag wie ein
verzweifelter Appell an die Vernunft der zerstrittenen Parteifreunde.
„Profilierungsaktionen, seien sie nun flügelarithmetisch, Land gegen Bund
oder offen persönlich motiviert, helfen genauso wenig wie eine Verklärung
der Vergangenheit“, warnen die Verfasser rund um die Fraktionsvizes
Konstantin von Notz und Katja Dörner.
Alle Ebenen in der Partei müssten stattdessen „vertrauensvoll
zusammenarbeiten, miteinander kommunizieren und gemeinsam die politischen
GegnerInnen angehen“. Denn öffentliche „Ratschläge oder Belehrungen, wer
wie zu arbeiten hat“, nützten am Ende „nur dem politischen Gegner“.
„Nabelschau“ und „gegenseitige Ermahnungen“ brächten die Grünen nicht
weiter.
## Programmatische Neuaufstellung für die Bundestagswahl 2017
Seit der Antrag ausformuliert ist, wächst die Zahl der Unterstützer: neben
der früheren Parteichefin Claudia Roth, dem baden-württembergischen
Verbraucherschutzminister Alexander Bonde, Bundesgeschäftsführer Michael
Kellner und dem Europaabgeordneten Sven Giegold hatten sich am Dienstag
sogar auch Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer und Ex-Frontmann Jürgen
Trittin hinter dem Papier vereint.
Letzteres ist deshalb kurios, weil zwischen Trittin und Palmer gerade erst
die Fetzen flogen: Trittin hatte sich mit der Äußerung unbeliebt gemacht,
Baden-Württemberg sei das grüne „Waziristan“. Palmer schlug daraufhin
öffentlich Alarm, Trittin arbeite auf ein Comeback hin, das es zu
verhindern gelte. Auf solche Feinheiten scheint es gerade aber nicht mehr
anzukommen.
„In der Partei gibt es ein großes Bedürfnis, flügelübergreifend ein Signal
zu setzen“, diagnostizierte Parteirat Malte Spitz am Dienstag. Ähnlich
äußern sich auch seine Koautoren im Gespräch mit der taz: Die Grünen seien
„in einer schwierigen Phase“, urteilt von Notz. Gerade deshalb müssten sie
sich auf ihre Stärken besinnen und Ziele „gemeinsam, also flügel-, länder-
und generationenübergreifend angehen“. Der Antrag setze bewusst auf das
Verbindende statt auf die Profilierung gegeneinander. „Diese ganze
Flügelzuspitzung entspricht einfach nicht dem Lebensgefühl der Partei.“
Koautorin Katja Dörner mahnt, endlich das Gegeneinander zwischen Bund und
Ländern zu stoppen. Die programmatische Neuaufstellung für die
Bundestagswahl 2017 sei schließlich „längst voll im Gange“.
Ob es beim Bundesparteitag im November nun noch zur großen
Generalabrechnung kommt, ist selbst für die Antragsteller schwer abzusehen.
Es hängt auch von der Reaktion aus Hessen ab.
28 Oct 2014
## AUTOREN
Astrid Geisler
## TAGS
Claudia Roth
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Boris Palmer
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