# taz.de -- Reaktionen auf Rot-Rot-Grün: Glückwünsche und Stasi-Vorwürfe | |
> Die Wahl Ramelows hat polarisiert. Die „Exzesse“ müssten nun aufhören, | |
> meint CDU-Mann Mike Mohring. Aber kann die Spaltung überwunden werden? | |
Bild: Mit Rot-Rot-Grün in Thüringen fange eine „neue Zeitrechnung“, finde… | |
ERFURT taz/dpa | Nach der versöhnlichen Antrittsrede von Bodo Ramelow | |
bleiben noch Zweifel, ob die Polarisierung der vergangenen Wochen in | |
Thüringen überwunden werden kann. Der scheidende Finanzminister Wolfgang | |
Voß (CDU) erwartet nun ein „anderes Klima“ im Land, eine fortgesetzte | |
Auseinandersetzung zweier annähernd gleichstarker Lager. Dennoch wünscht er | |
seinem Nachfolger eine „gute Hand“. | |
„Wir haben kein Interesse, Thüringen zu spalten“, erklärt | |
SPD-Landesparteichef Andreas Bausewein, zugleich Erfurter | |
Oberbürgermeister. Fotomontagen, auf denen er den früheren DDR-Staatschef | |
Erich Honecker küsst, und andere Diffamierungen von Politikern | |
verschiedenster Couleur seien nicht mehr hinnehmbar. Die eingetretene | |
Polarisierung hänge vor allem mit dem erstmaligen Amtsantritt eines | |
Ministerpräsidenten der Linken zusammen. Auch CDU-Fraktionschef Mike | |
Mohring sprach sich für Fairness aus. „Das darf nicht Stilmittel der | |
Politik werden", sagte er mit Blick auf die Polarisierung. Die „Exzesse" | |
müssten aufhören. | |
Der Jenaer Politikwissenschaftler Torsten Oppelland glaubt, dass sich die | |
„emotional aufgeladene Atmosphäre“ nach der Wahl beruhigen werde. | |
Schließlich sei Bodo Ramelow auch verbindlicher geworden und weniger | |
„bissig“ als früher. Der Professor, bei dem mehrere Spitzenpolitiker von | |
CDU, SPD und Grünen studiert haben, erwartet allerdings eine Verschärfung | |
des Tons im Parlament. | |
Auch der frühere Chefredakteur der Thüringer Allgemeinen Sergej Lochthofen | |
glaubt an den den baldigen Einzug von Normalität: „Der Thüringer geht am | |
Montag wieder an sein normales Geschäft – halt mit einem neuen | |
Ministerpräsidenten.“ Er sieht allerdings spannende Veränderungen im | |
Verhältnis der Bundesparteiführung der Linken zu den Thüringer Genossen. | |
Das Verhältnis zwischen Gregor Gysi und Bodo Ramelow war auch früher nicht | |
konfliktfrei. Gysi antwortete denn auch ausweichend auf die Frage, ob er | |
eine Entzauberung der Linken durch Verantwortungsübernahme und damit | |
mögliche Stimmenverluste in fünf Jahren erwarte. Gysi lobte indessen die | |
Leistung der Thüringer Genossen, die vor allem in einem Akzeptanzgewinn | |
bestehe. Rot-Rot-Grün sei zwar noch kein Modell für Berlin, erleichtere | |
aber die Arbeit der Bundestagsfraktion. | |
Auf Bundesebene hofft SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann durch die Wahl | |
Ramelows auf einen Politikwechsel bei der Linkspartei im Bundestag. Derzeit | |
sei die Linke „komplett regierungsunfähig“, sagte er der Frankfurter | |
Rundschau. Ihre außenpolitischen Positionen stünden einem Bündnis komplett | |
entgegen. | |
CSU-Chef Horst Seehofer sieht die SPD auf Kurs zu einem Bündnis mit der | |
Linkspartei auch auf Bundesebene. Mit der Wahl des Linke-Politikers Ramelow | |
durch SPD, Linke und Grüne beginne „eine neue Zeitrechnung in der | |
politischen Landschaft Deutschlands“, sagte Seehofer am Freitag in | |
Herrsching am Ammersee. „Ich habe keinen Zweifel, wenn sich auf Bundesebene | |
die Möglichkeit ergäbe für die SPD, mit den Linken eine Bundesregierung zu | |
bilden, dann würde sie das tun.“ Gegenwärtig regierten aber Union und SPD | |
im Bund, sagte Seehofer. | |
## Mohring: „nicht auf Dauer“ | |
Wird das neue Linksbündnis mit nur einer Stimme Mehrheit überhaupt fünf | |
Jahre durchhalten? Erwartungsgemäß verneint der CDU-Aufsteiger Mike | |
Mohring. Alle Dreierbündnisse in Deutschland seien bislang gescheitert. | |
Auch in Thüringen stehe es auf einem unsicheren Fundament, meint Mohring. | |
Zugleich fürchtet er, dass Thüringer Errungenschaften und Spitzenpositionen | |
in Bildung und Wirtschaft auf's Spiel gesetzt werden könnten. „Wenn wir | |
geschlossen sind, gibt es eine gute Chance, dass dieses Bündnis nicht auf | |
Dauer besteht“, spielt Mohring indirekt auch die Zerwürfnisse in der | |
eigenen Union an. | |
„Wir werden besonders beäugt werden“, ist sich auch Andreas Bausewein des | |
Risikos bewusst. Er gibt sich aber nach dem Erfolg der | |
Koalitionsverhandlungen sehr zuversichtlich. Politikwissenschaftler | |
Oppelland sieht in der Regierungsbildung sehr viel demokratische | |
Normalität. „Hier kommt die Integrationskraft des Parlamentarismus zum | |
Ausdruck.“ Anderswo sei das Mitregieren der Linken längst Normalität, also | |
werde sich auch in Thüringen die Aufregung legen. | |
Der Dachverband der SED-Opfer hat die Wahl des Ramelows dagegen als schwere | |
Niederlage für die Demokratiebewegung von 1989 bezeichnet. „Alte | |
SED-Genossen und Stasi-Zuträger lenken nun das Land“, kritisierte der | |
Bundesvorsitzende der Union der Opferverbände kommunistischer | |
Gewaltherrschaft, Rainer Wagner, am Freitag in Berlin. Dass mit der Linken | |
die Nachfolgepartei der SED regieren dürfe, sei eine Verhöhnung der Opfer. | |
Die Partei stehe entgegen aller Lippenbekenntnisse in der Tradition der | |
alten SED. | |
5 Dec 2014 | |
## AUTOREN | |
Michael Bartsch | |
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