# taz.de -- Ende des Haager Verfahrens: Kenias Präsident ist zufrieden | |
> Die Einstellung des Verfahrens gegen Uhuru Kenyatta vor dem IStGH freut | |
> vor allem ihn selbst. Es wächst aber die Sorge um die ausgehandelte | |
> Stabilität. | |
Bild: Nach der Verfahrenseinstellung: Kenyatta in Nairobi. | |
NAIROBI taz | Mit Bier und Tanz feierten die Angehörigen des Kikuyu-Volkes; | |
Radiosender in der Kikuyu-Sprache wechselten die Nachricht ab mit Gebet. | |
Großer Jubel herrscht bei der größten Ethnie Kenias, seit der | |
Internationale Strafgerichtshof (IStGH, engl.: ICC) in Den Haag am Freitag | |
das Verfahren gegen Präsident Uhuru Kenyatta einstellte. | |
Die Kikuyu, zu denen Kenyatta gehört, sehen das als Beweis seiner Unschuld. | |
Kenyatta selbst freute sich auf Twitter: Das sei die beste Nachricht, seit | |
er 2011 offiziell angeklagt wurde, und ein sehr schönes Geschenk am seinen | |
25. Hochzeitstag. | |
„Ich hoffe, dass er jetzt Zeit hat, sich um die vielen Probleme Kenias zu | |
kümmern“, meint Joseph Kamau, Kikuyu und Schuhmacher in der Hauptstadt | |
Nairobi. „Zu viel ist liegen geblieben, vor allem das Leben der Armen wurde | |
schwerer statt besser.“ | |
Im Volk der Kalenjin, zu dem Vizepräsident William Ruto gehört, ist die | |
Stimmung unterkühlt. Gegen Ruto läuft schon ein Prozess beim ICC. Es geht | |
ebenso wie bei Kenyatta um die verbreitete Gewalt nach den umstrittenen | |
Wahlen Ende 2007, als über 1.200 Menschen ums Leben kamen. Damals kämpften | |
Kikuyu und Kalenjin gegeneinander, und die Politiker Kenyatta und Ruto | |
waren die höchstrangigen von zwei Gruppen von Kenianern, denen der ICC | |
danach den Prozess machen wollte. | |
Es war überraschend, als Kenyatta und Ruto vor Kenias letzten Wahlen im | |
März 2013 eine Koalition bildeten und die Wahlen gewannen. Sie behaupteten, | |
dass ihre Zusammenarbeit nur dem Ziel diente, das Leben aller Kenianer zu | |
verbessern. Aber Kritiker glauben eher, dass die „große Koalition“ dazu | |
gegründet wurde, um gemeinsam die Wahlen zu gewinnen und dann gemeinsam dem | |
geplanten ICC-Prozessen zu entgehen. | |
## „Das Misstrauen wird wieder wachsen“ | |
Kenyatta hat das geschafft. Ruto nicht. Damit sei der Grund für die | |
Zweckehe zwischen den beiden verschwunden, meint Politologe Henry Amadi. Er | |
fürchtet, die Scheidung sei nahe. „Es gibt eine tiefe historische Rivalität | |
zwischen Kikuyu und Kalenjin. Die beiden Völker haben sich nie gegenseitig | |
getraut, und durch die Einstellung des Verfahrens gegen Kenyatta wird das | |
Misstrauen wieder wachsen.“ | |
Opfer und Hinterbliebene der Toten sind enttäuscht. Sie finden, dass | |
ICC-Chefanklägerin Fatou Bensouda versagt hat, noch mehr aber ihr Vorgänger | |
Luis Moreno Ocampo, der die Anklagen ursprünglich eingereicht hatte. Er | |
hatte sechs Kenianer angeklagt. Heute sind zwei übrig, beide Kalenjin: | |
Vizepräsident Ruto und der Journalist Joshua arap Sang, der in | |
Radiosendungen zu Angriffen auf Kikuyu aufgerufen haben soll. | |
Gerade sieht es so aus, dass Ruto freigesprochen werden könnte, weil viele | |
Zeugen, genau wie im Fall Kenyatta, sich zurückzogen, weil sie bedroht oder | |
bestochen wurden. | |
„Wenn es so weitergeht, wird niemand je verurteilt werden. Das tut weh“, | |
meint Akinyi Juma, die ihren Bruder verlor. „In Zukunft können Politiker zu | |
Gewalt anstiften, ohne zu fürchten, dass sie im Gefängnis landen.“ | |
## Kenyatta ist frei - sein Gegenspieler Ruto nicht | |
Schon steigt die Spannung im traditionellen Kalenjin-Siedlungsgebiet im | |
Westen des Landes. Dort leben seit Langem Kikuyu, die bei Problemen immer | |
wieder vertrieben werden, zuletzt 2008. „Solange Kenyatta und Ruto einander | |
brauchten, hielt sich ein Gleichgewicht“, sagt am Telefon Joseph Kairuri, | |
ein Kikuyu aus Kiambaa. „Aber jetzt, wo Kenyatta frei ist und Ruto vor dem | |
ICC steht, fürchte ich, dass Kalenjin uns wieder misstrauen und denken, | |
dass Kenyatta seinen Vize im Stich lässt.“ | |
Kairuris Familie lebt seit über fünfzig Jahren im Kalenjin-Gebiet. In dem | |
halben Jahrhundert musste die Familie zweimal fliehen, um ihr Leben zu | |
retten. | |
8 Dec 2014 | |
## AUTOREN | |
Ilona Eveleens | |
## TAGS | |
Kenia | |
Internationaler Strafgerichtshof | |
IStGH | |
Uhuru Kenyatta | |
William Ruto | |
Kenia | |
Uhuru Kenyatta | |
Kenia | |
Kenia | |
Kenia | |
Internationaler Strafgerichtshof | |
Kenia | |
Afrikanische Union | |
Kenia | |
Kenia | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Internationaler Strafgerichtshof: Der ICC durchleutet Kenia | |
Ein Berufungsrichter ordnet eine neue Prüfung an, ob Kenia das Rom-Statut | |
gebrochen hat, um den Prozess gegen den Präsidenten platzen zu lassen. | |
Sicherheitsgesetz in Kenia: Gelbe Karte für die Regierung | |
Teilsieg für die Opposition in Kenia: Das Verfassungsgericht kippt zwei | |
Paragrafen des Sicherheitsgesetzes. | |
Bargeldlos und sicher zahlen in Kenia: Das Land der Handy-Nerds | |
Beim Bezahlen per Handy liegt Kenia vorn. Dort gibt es keine Warteschlangen | |
vor Bankfilialen, auch Taschendiebe haben es schwer – dank „M-Pesa“. | |
Kenianischer Präsident vorm IStGH: Verfahren in Den Haag eingestellt | |
Die Anklage des Internationalen Strafgerichtshofs kann nicht genug Beweise | |
gegen Kenias Präsidenten Kenyatta vorlegen. Sie wirft der Regierung | |
gezielte Sabotage vor. | |
Internationaler Strafgerichtshof: Kenias Präsident vor dem Weltgericht | |
Uhuru Kenyatta erschien als erster amtierender Staatschef nach einer | |
Vorladung in Den Haag. Er soll für die Gewalt nach der Wahl 2007 | |
mitverantwortlich sein. | |
Internationaler Strafgerichtshof: Afrika gegen das Weltgericht | |
Afrikanische Staaten fordern Immunität für amtierende Amtsinhaber. Damit | |
stellen sie einen Grundpfeiler der internationalen Strafjustiz infrage. | |
Prozess gegen Kenias Präsident: Weltgericht schürt neue Ängste | |
Der Internationale Strafgerichtshof wirft Kenias Präsident Kenyatta | |
Anstachelung zu den Unruhen bei den Wahlen 2008 vor. Das könnte neue Gewalt | |
auslösen. | |
Sondergipfel der Afrikanischen Union: Rebellion gegen die Weltjustiz | |
In Äthiopien fordert die AU für Staats- und Regierungschefs Schutz vor | |
Prozessen beim Weltgericht. Vorerst gibt es jedoch keinen Rückzug vom | |
Rom-Statut. | |
Austritt aus Rom-Statut : Kenia rebelliert gegen die Weltjustiz | |
Kenia will aus dem Rom-Statut des Internationalen Strafgerichtshofs | |
austreten. Dem Präsidenten und dem Vizepräsidenten droht der Prozess. | |
Präsidentschaftswahlen in Kenia: Kenyattas Sieg zeigt Spaltung | |
Die Opposition in Kenia beklagt Unregelmäßigkeiten bei der Auszählung. Der | |
nächste Präsident muss sich in Den Haag verantworten. |