# taz.de -- Austritt aus Rom-Statut : Kenia rebelliert gegen die Weltjustiz | |
> Kenia will aus dem Rom-Statut des Internationalen Strafgerichtshofs | |
> austreten. Dem Präsidenten und dem Vizepräsidenten droht der Prozess. | |
Bild: Stehen bald vor Gericht: Kenias Präsident Kenyatta und Vize Ruto. | |
BERLIN taz | Wenige Tage bevor am Internationalen Strafgerichtshof in Den | |
Haag ein Prozess gegen Kenias Vizepräsident William Ruto beginnen soll, | |
bahnt sich eine Kraftprobe zwischen dem Weltgericht und der gewählten | |
kenianischen Regierung an. | |
Kenias Parlament soll möglicherweise bereits am Donnerstag auf Antrag der | |
Regierungsmehrheit über einen Austritt des Landes aus dem Rom-Statut, das | |
die Grundlage des Strafgerichtshofs bildet, abstimmen. Die Parlamentarier | |
werden dafür vorzeitig aus der Sommerpause zurückgeholt. | |
Eine Konfrontation dieser Art hatte sich angebahnt, seit im März Uhuru | |
Kenyatta, Sohn des kenianischen Staatsgründers, [1][die | |
Präsidentschaftswahlen gewann], obwohl er und sein Vizekandidat William | |
Ruto bereits in Den Haag wegen Mitverantwortung für die Gewalt nach Kenias | |
vorangegangenen Wahlen Ende 2007 angeklagt waren. | |
Damals waren nach [2][dem vermutlich gefälschten Wahlsieg von Mwai Kibaki] | |
aus Kenias größter Volksgruppe der Kikuyu über 1.300 Menschen getötet | |
worden: Milizen anderer Ethnien gingen auf Kikuyu los, Kikuyu-Milizen | |
schlugen zurück. Die Politiker Kenyatta als Kikuyu und Ruto aus der Ethnie | |
der Kalenjin waren damals Erzfeinde und bauten Milizen auf. Als der | |
Internationale Strafgerichtshof letztes Jahr zwei Kenia-Verfahren | |
eröffnete, waren sie die zwei prominentesten Angeklagten. | |
## Festhalten am Verfahren | |
Dass Kenyatta und Ruto sich bei den Wahlen 2013 zusammenrauften, um | |
gemeinsam zu kandidieren, galt als Schritt zur Versöhnung in Kenia – aber | |
auch als Versuch, sich gegenseitig Rückendeckung zu geben. | |
Der Strafgerichtshof hielt auch nach dem Wahlsieg der beiden an den | |
Verfahren fest, wenngleich die Anklage inzwischen reduziert worden ist, | |
weil wichtige Zeugen ihre Aussagen zurückgezogen haben – möglicherweise aus | |
Angst vor Repressalien. Einige Den Haager Zeugen sind bereits zu ihrem | |
Schutz aus Kenia in Nachbarländer gebracht worden. | |
Der Prozess gegen Kenyatta soll am 12. November beginnen, der gegen Ruto | |
bereits am 10. September. Beide sind auf freiem Fuß, weil sie immer mit dem | |
Gericht kooperiert haben. Sie sollen auch nicht in Den Haag in Haft | |
genommen werden, müssen aber persönlich erscheinen. | |
Gegen Ruto wird zum Auftakt drei Wochen am Stück verhandelt. Rund 100 | |
Parlamentarier aus Kenia, jede Woche eine neue Gruppe, wollen zur | |
Verhandlung nach Den Haag reisen, und zum Prozessauftakt will Präsident | |
Kenyatta Solidaritätskundgebungen mit Massengebet anführen. | |
## Gerichtshof unter Druck | |
Während Den Haags bisherige Prozesse gegen Warlords aus der Demokratischen | |
Republik Kongo unter heimischem Desinteresse stattfinden, dürfte sich dies | |
in Kenia also ganz anders darstellen. Unter Druck steht der Gerichtshof | |
sowieso: 9 von 14 Richtern stimmten im August dafür, die Kenia-Prozesse | |
nach Kenia zu verlagern – einer weniger als die nötige Zweidrittelmehrheit. | |
Gegen eine Verlegung war unter anderem der deutsche Richter Hans-Peter | |
Kaul, der aber anfangs dagegen gewesen war, dass der Strafgerichtshof | |
überhaupt dieses Verfahren führt, weil es nicht um Verbrechen gegen die | |
Menschlichkeit geht. Man kann also nicht sagen, dass Den Haag mit voller | |
Überzeugung hinter diesen Prozessen steht. | |
Ein Rückzug Kenias aus dem Rom-Statut hätte keine unmittelbaren Folgen. Er | |
tritt, so stellte das Gericht klar, erst ein Jahr nach Beschluss in Kraft | |
und hat keine Auswirkung auf bereits laufende Verfahren. Aber er dürfte in | |
Afrika populär sein, meinte Asman Kamama, Urheber des Gesetzentwurfs: Die | |
USA, China und Russland seien keine Rom-Parteien, warum also afrikanische | |
Länder? „Wir sind alle Weltbürger. Amerikaner, Chinesen und Russen haben | |
keine Sonderrechte!“ | |
4 Sep 2013 | |
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## AUTOREN | |
Dominic Johnson | |
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