# taz.de -- Die Menschen hinter Pegida: „Ein rechter Mainstream“ | |
> Wer sind die 10.000 Pegida-Protestler? Keine klassisch Abgehängten, sagt | |
> Daniel Starosta vom Kulturbüro Dresden. Eher Kleinbürger. Und Erfolg | |
> macht attraktiv. | |
Bild: Sie haben vermutlich Angst vor materiellem und sozialem Abstieg | |
taz: Herr Starosta, Sie beobachten von Beginn an die Pegida-Demonstrationen | |
in Dresden. Wer demonstriert da? | |
Danilo Starosta: Das hat sich über die Wochen verändert, Ende Oktober waren | |
es ja gerade mal 350 Teilnehmer, am letzten Montag waren es fast 10.000. | |
Inzwischen ist es ein rechter Mainstream, der rassistisch aufgeladen ist, | |
der da demonstriert. | |
Welche Rolle spielen organisierte Rechtsextreme? | |
Für die Organsiation spielen sie keine Rolle, auch wenn es keine | |
Berührungsängste in diese Szene gibt. Das sieht man an den Facebookprofilen | |
der Organisatoren, wo Funktionäre der NPD als Freunde gelistet sind. Das | |
Thema, das letzlich „Ausländer raus“ ist, ist anschlussfähig für die | |
organisierte Rechte. Spätestens seit der dritten Pegida-Versammlung waren | |
Funktionäre der NPD sichtbar. Inzwischen sind viele junge Männer dabei, die | |
im Umfeld organisierter Nazis agieren. | |
Welche Rolle spielt die AfD? | |
Am Anfang gab es vor allem diese Verquickungen. Da hat zum Beispiel Felix | |
Menzel mit dem Pegida-Hauptredner, Lutz Bachmann, ein Interview für das | |
neu-rechte Online-Magazin Blaue Narzisse gemacht. Menzel schreibt auch für | |
die Junge Freiheit und hat im Landtagswahlkampf inhaltliche Stammtische für | |
die AfD verantwortet, die Nähe ist also da. Aber seit AfD-Landeschefin | |
Frauke Petry vor zwei Wochen gesagt hat, Pegida ja, da müssen wir hingehen, | |
hat sich das Mobilisierungspotential nochmal deutlich erhöht und am | |
vergangenen Montag waren eine ganze Menge aus diesem kleinbürgerlichen | |
Spektrum da. Denen geht es um die Angst vor materiellen und sozialen | |
Abstieg. | |
Geht es um die Angst vor dem Abstieg - oder sind auch viele auf der Straße, | |
die bereits abgehängt sind? | |
Ach, die klassisch Abgehängten findet man in Dresden kaum. Dresden ist ja | |
eine der wenigen prosperierenden Städte in Ostdeutschland. Altersarmut, die | |
gibt es. Aber das sind nicht die Leute, um die es hier geht. Die größte | |
Gruppe sind junge Männer zwischen Mitte 20 und Anfang 40. | |
Kommen die alle aus Dresden? | |
Die allermeisten schon. Aber es gibt aber auch Fahrgemeinschaften aus den | |
umliegenden Landkreisen und Teilnehmer aus benachbarten Bundesländern. | |
Bundesweit erregt Pegida zwar Aufmerksamkeit, aber dass aus dem ganzen | |
Bundesgebiet Menschen anreisen, das sehen wir bislang nicht. | |
Warum ist Pegida ausgerechnet in Dresden so erfolgreich? | |
In Dresden und Umgebung gibt es Neurechte, Rechte, Neonazis, Hooligans, | |
Nationalkonservative und Reaktionäre, es gibt diese ganzen Gruppen und | |
Splittergruppen in organisierter Form. Und es gibt es eine Kontinuität | |
dieser Mischszene aus organisierten Nazis, Hooligans, Kleinkriminalität und | |
Leuten aus der Rocker- oder Türsteherszene. Außerdem ist Dresden fotogen, | |
mit den Bildern der Stadt kann man für alles werben. | |
Gibt es für die Teilnehmer ein vereinendes Moment? | |
Anfangs ging es um den Salsfismus und die Bedrohung durch islamistischen | |
Terror, aber das hatte natürlich etwas strategisches. Die Asylbedatte war | |
durch die Nazis besetzt, deshalb konnte man damit nicht einsteigen. | |
Inzwischen ist genau sie das verbindende Element. Und der Erfolg wirkt auch | |
attraktiv. Das hat das Potenzial sich weiter zu steigern. | |
Warum verfängt das so? In Sachsen gibt es kaum Migranten, auch die Anzahl | |
der Flüchtlinge hält sichbislang auch in Grenzen. | |
Es gibt diese rassistische Kontinuität. Thilo Sarrazin hat in Dresden ganze | |
Messehallen gefüllt. Diese Bilder vom „Das Boot ist voll“ aus den 90er | |
Jahren, die wirken immer noch nach. Es gibt diese tiefe Überzeugung, einer | |
elitären Gruppe anzugehören, der bestimmte Rechte zustehen - und anderen | |
eben nicht. | |
Glauben Sie, dass der Pegida-Erfolg auf andere Städte überspringen wird? | |
Nein, Düsseldorf war eine Schlappe, Kassel ja auch. Westdeutschland hat uns | |
einiges voraus. Da gibt es die Erfahrung des Zusammenlebens mit den | |
Migranten, ihre Selbstorgansiation, es gibt konkrete Ansprechpartner. | |
Paradoxerweise gibt es die Angst vor Überfremdung genau da, wo es so wenig | |
Migranten gibt. | |
10 Dec 2014 | |
## AUTOREN | |
Sabine am Orde | |
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