| # taz.de -- Oktoberfest-Anschlag 1980: Die Spur im falschen Spind | |
| > Ganze 34 Jahre nach dem Anschlag ermittelt die Bundesanwaltschaft erneut. | |
| > Ausschlaggebend war die Aussage einer Zeugin. | |
| Bild: Mahnmal an dem Anschlagsort in München. | |
| KARLSRUHE/BERLIN taz | Im dritten Anlauf hat es geklappt. Opferanwalt | |
| Werner Dietrich hatte bereits 1984 und 2008 beantragt, die Ermittlungen zum | |
| Oktoberfestanschlag wieder aufzunehmen. Der dritte Antrag, den er im | |
| September in Karlsruhe einreichte, hatte nun Erfolg. Die Bundesanwaltschaft | |
| eröffnet ein neues Ermittlungsverfahren. | |
| Das Attentat auf das Münchener Oktoberfest vom 26. September 1980 war der | |
| schlimmste Anschlag in Deutschland nach dem Krieg. Es starben 13 Menschen, | |
| darunter der rechtsradikale Attentäter Gundolf Köhler. Verletzt wurden 211 | |
| Menschen, darunter 68 schwer. Mittäter konnten nicht ermittelt werden. Die | |
| Bundesanwaltschaft schloss die förmlichen Ermittlungen 1982. | |
| Den Ausschlag für die Wiederaufnahme gab nun die Zeugenaussage einer | |
| Theologin, die sich bei Dietrich gemeldet hatte. Sie war 1980 Studentin und | |
| unterrichtete Deutsch in einem Aussiedlerheim. Dort öffnete sie am Morgen | |
| nach dem Anschlag aus Versehen den falschen Spind. Er gehörte Andreas W., | |
| einem Schüler, der aus Schlesien stammte und durch rechtsextreme Äußerungen | |
| aufgefallen war. | |
| In dem Spind sah sie zwei Pistolen und einen Haufen Flugblätter. Darauf | |
| stand sinngemäß: Gundolf Köhler sei für eine gute Sache gestorben. Anwalt | |
| Dietrich: „Der Name Köhler war zu diesem Zeitpunkt öffentlich aber noch gar | |
| nicht bekannt.“ W. muss also ein Mitwisser der Tat gewesen sein. | |
| ## Einfach weggeschickt | |
| Zusätzlich verdächtig machte sich der Aussiedler, als er seiner Lehrerin | |
| erzählte, dass er nach Argentinien zu alten Freunden verreisen wolle – und | |
| am nächsten Tag tatsächlich weg war. | |
| Die Frau ging damals zur Polizei und meldete den Vorgang, doch die | |
| Polizisten fragten lediglich, ob W. sie bedroht oder verletzt habe. Man | |
| nahm ihren Namen und ihre Adresse auf – und schickte sie wieder weg. Danach | |
| hat sie nichts mehr von der Polizei gehört. Den Mann hat sie 2005 zufällig | |
| wieder getroffen und mit ihm geredet, sein Name ist bekannt, sein | |
| Arbeitsplatz auch. | |
| Die Bundesanwaltschaft hat die Zeugin bereits informell vernommen. | |
| Generalbundesanwalt Range sagte, die Aussage sei so „werthaltig“ gewesen, | |
| dass man nun der Sache auf den Grund gehen wolle. Range hat das bayerische | |
| Landeskriminalamt (LKA) mit den Ermittlungen beauftragt. Während Range die | |
| Neuigkeiten der Presse verkündete, beriet sich in München einer seiner | |
| Staatsanwälte mit dem LKA über die Ermittlungsstrategien. | |
| ## Weitere Spuren | |
| Als Täter war bisher nur der damals 21-jährige Student Gundolf Köhler aus | |
| Donaueschingen bekannt. Es galt als möglich, dass er spektakulär Selbstmord | |
| begehen wollte. „Wir haben aber nie die These vertreten, dass Köhler ein | |
| Einzeltäter war“, betonte Range. „Sonst hätten wir ja nicht zwei Jahre la… | |
| gegen mögliche Mittäter und Mitverschwörer ermittelt.“ Da man aber keine | |
| belastbaren Beweise gefunden habe, habe man die Ermittlungen damals | |
| schließen müssen. | |
| Seither habe man immer wieder neue Spuren geprüft, etwa 2010, als ein Buch | |
| die These aufstellte, die Stasi wisse mehr über die Hintergründe des | |
| Attentats. Wochenlang seien Akten gewälzt und ehemalige Offiziere des | |
| DDR-Geheimdienstes befragt worden, so Range, ohne Ergebnis. Auch Hinweise | |
| auf die Verwicklung einer Nato-Gruppe namens „Stay Behind“ hätten 2013 | |
| nichts ergeben. | |
| Erst der neue Antrag von Werner Dietrich, der rund ein halbes Dutzend Opfer | |
| vertritt, brachte die Wende. „Wir werden nicht nur die Aussage der Zeugin | |
| prüfen, sondern auch allen anderen Spuren nachgehen“, versprach Range. | |
| 11 Dec 2014 | |
| ## AUTOREN | |
| Sabine am Orde | |
| Christian Rath | |
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