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# taz.de -- Hamburger Bürgerschaftswahl: Irritation um Wahlomat
> Online-Test zur Parteien-Findung enthält auffallend viele rechte Thesen.
> Landeszentrale für politische Bildung verteidigt die Konzeption.
Bild: In Bremen durfte schon 2011 ab 16 gewählt werden. Jetzt ist dies auch in…
Seit einer Woche ist der „Wahlomat“ zur Hamburger Bürgerschaftswahl 2015
freigeschaltet. In Lehrerkreisen, die dieses Instrument auch im Unterricht
benutzen, zeigt sich Irritation über die Zusammenstellung der 38 Thesen,
anhand derer die Hamburger schauen können, welche Partei zu ihnen passt. Es
seien Themen, die eher wenig mit Hamburg zu tun hätten, so die Kritik,
wonach die derzeitige von der Pediga-Bewegung geprägte Stimmung
reproduziert werde.
Auffallend ist, dass sich ein Fünftel der Thesen um den Umgang mit
Flüchtlingen und Einwanderer und möglichen Problemen mit ihnen dreht.
Sollten „Wohngeld nur an Deutsche gezahlt werden“, wird dort etwa gefragt.
Eine These, die nur die NPD vertritt. Oder „Hamburg soll keine weiteren
Flüchtlinge aufnehmen“, hier machen NDP und AfD ein Ja-Häkchen.
Problematisch ist auch folgende Fragestellung: „Alle Kinder sollen
ungeachtet ihres kulturellen Hintergrunds gemeinsam unterrichtet werden.“
Ist dies doch eine im Grundgesetz verankerte Selbstverständlichkeit. Ebenso
ist unklar, was hier gemeint ist. Nur die NPD fordert die Trennung von
Deutschen und nichtdeutschen Kindern.
Weitere Fragen zielen darauf ab, ob für die Integration von Flüchtlingen
oder den Kampf gegen Rechtsextremismus Geld ausgegeben werden soll. Auch
wird gefragt, ob Muslime einen eigenen Feiertag bekommen sollen. Auch dies
ist in Hamburg kaum ein Thema, weil 2013 in dem mit den islamischen
Gemeinschaften verabredeten Staatsverträge drei islamische Feiertage zu
kirchlichen Feiertagen erklärt wurden, an denen Muslime freinehmen können.
Es könnte, so die Befürchtung der Lehrer, hier dem Vorurteil Vorschub
geleistet werden, dass „Ausländer“ nur Forderungen an den Sozialstaat
stellen. Gerade im Hinblick auf die 16-jährigen Erstwähler sei die
Zusammenstellung des Online-Test problematisch. Auch sei die Sprache und
Ausrichtung wenig sensibel gegenüber den Menschen mit
Migrationshintergrund, die ja auch diesen Test durchführen.
Federführend für den 2002 erstmals eingeführten Wahlomat ist die
„Bundeszentrale für politische Bildung“, die Hamburger Landeszentrale
begleitet die Entstehung. Deren Leiterin Sabine Bamberger-Stemmann betont,
dass die Erstellung des Wahlomats „nicht tendenziös“ ist. Das wüssten die
Experten der Bundeszentrale und der beteiligten Universtäten Düsseldorf und
Bonn zu verhindern.
Der Wahlomat wurde mit Hilfe einer Jugend-Jury von 16 Hamburgern zwischen
15 und 26 Jahren zusammengestellt, denen knapp ein Dutzend Experten zur
Seite standen. „Zunächst konnten uns alle zur Wahl antretenden Parteien
zehn Thesen schicken“, berichtet Bamberger-Stemmann. Daraus wurden Mitte
November in einem Workshop 85 Thesen extrahiert. Diese sollten die 13
Parteien wiederum mit „stimme zu“, „stimme nicht zu“ und „neutral“
beantworten und mit einer kurzen Erläuterung versehen. So kann es
geschehen, dass alle sich zu einer NPD-Forderung positionieren.
Diese Angaben wurden anschließend von Experten in einem Rechentool
ausgewertet, um zu überprüfen, wie gut sie geeignet sind, Parteien zu
unterscheiden. „Es geht darum, keinen Einheitsbrei zu bekommen“, erklärt
Bamberger-Stemmann, „denn die Parteien unterscheiden sich ja.“ Es gebe aber
auch Thesen, bei denen sich die Antworten zu sehr ähneln. Mit diesen
Bewertungen ausgestattet ging es dann Mitte Januar in Berlin in die letzte
Entscheidungsrunde, bei der 16 Jugendliche und acht Experten sich auf die
finalen 38 Thesen verständigten. Die Runde sei „bunt gemischt und
konstruktiv“ gewesen, keineswegs hätte eine „Parteijugend“ Einfluss
genommen, so die Landeszentralen-Leiterin.
Dennoch könne auch sie das Unbehagen nachvollziehen. „Wohngeld nur für
Deutsche, das hat uns auch sehr erschreckt.“ Um die Aufnahme dieser These
sei viel diskutiert worden. Doch wenn eine solche These vorkomme, dann
bedeute dies, dass es auch Parteien gebe, die dies fordern. „Mir wäre auch
wohler, wenn wir solche Themen nicht hätten.“
2 Feb 2015
## AUTOREN
Kaija Kutter
## TAGS
Politische Bildung
Wahl-O-Mat
Bürgerschaftswahl 2015
Wissenschaft
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Flüchtlinge
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