# taz.de -- "Schwabinggrad Ballett"-Aktivisten übers Stimmenteilen: „Zu scha… | |
> Die taz wirbt nicht für Wahlbetrug. Das "Schwabinggrad Ballett“ schlägt | |
> Politikverdrossenen im Interview vor, ihre Stimme mit Bedürftigen zu | |
> teilen. | |
Bild: Politikverdrossene könnten Stimmen mit Bedürftigen teilen: per Briefwah… | |
taz: Schwabinggrad Ballett, rufen Sie zum kollektiven Wahlbetrug auf? | |
Schwabinggrad Ballett: Nein, wir räumen nur die Möglichkeit ein, etwas mit | |
seiner Politikverdrossenheit zu machen. Wenn man zum Beispiel mit dem | |
Angebot auf dem Wahlzettel nicht zufrieden ist oder sich schlecht fühlt, | |
weil viele Leute, die hier leben, von der Wahl ausgeschlossen sind, könnte | |
man seine Stimme ja auch teilen. Stimmen sind zu schade zum Wegschmeißen. | |
Was ist der Plan? | |
Also wenn man sich dazu entscheidet, das zu machen – wozu ich gar nicht | |
aufrufen möchte –, kann man Briefwahl beantragen. Dann soll es Leute geben, | |
die Wahlpartys organisieren. Da geht man dann mit seinen Wahlunterlagen hin | |
und stellt sie zur Verfügung. Andere Leute, die nicht wahlberechtigt sind, | |
können dort anonym wählen. Man selbst muss dann nur diese Erklärung | |
unterschreiben, dass man das auch selbst ist, was man ja nicht ist, aber | |
man kann es ja trotzdem unterschreiben – wobei wir da dann bei einem Delikt | |
wären, vor dem ich nur warnen kann. | |
Also richtet sich das Angebot an Leute, die ohnehin nicht wählen wollen? | |
Entweder das, oder man hat Vertrauen, dass die Leute im Freundeskreis das | |
Gleiche wählen wie man selbst. Es ist halt ’ne Vertrauenssache. | |
Viele, die nicht wählen gehen, tun das aus Überzeugung. Das Zeichen, das | |
sie damit setzen wollen, wird verwischt. | |
Gar nicht wählen ist keine Aussage. Da muss man schon ungültig wählen. Aber | |
aus meiner jahrelangen Erfahrung als Ungültig-Wähler kann ich sagen, dass | |
man da extrem benachteiligt wird. Man wird gar nicht als Stimme | |
wahrgenommen, sondern als politikverdrossen und uninteressiert. Wenn schon, | |
müssten Ungültig-Wähler in der Statistik aufgeführt werden, | |
gleichberechtigt mit allen anderen. | |
Und was wollen Sie mit der Aktion erreichen? | |
Na ja, es ist auch ein Zeichen. Viele Leute verstehen einfach nicht, was | |
das für Kriterien sein sollen, nach denen manche wählen dürfen und andere | |
nicht. Die Leute, die nicht wählen dürfen, zahlen hier Steuern, sind Teil | |
des Gemeinwesens – da ist es völlig abwegig, dass sie nicht wählen dürfen. | |
Wir sind ja nicht im Mittelalter, wo man 20 Jahre in einer Stadt leben | |
muss, bis man sein Wahlrecht kriegt. Das ist völlig antiquiert und | |
entspricht nicht einem modernen Demokratieverständnis. | |
Man geht ein gewisses Risiko ein – wenn jetzt jemand an meiner Stelle die | |
AfD wählt … | |
Ja, natürlich. Als politische Aktion ist es ambivalent. Das Thema hat | |
mehrere Ebenen. Einerseits kann man sagen, Wahlen ändern eh nix, oder man | |
lehnt den Parlamentarismus ab, oder man sagt: „Was ist schon eine Stimme, | |
das ist ja total läppisch.“ Andererseits haben uns Anwälte davor gewarnt, | |
offen zu der Aktion aufzurufen, weil Wahlbetrug ’ne heavy Straftat ist, die | |
mit Gefängnisstrafe geahndet werden kann. Und dann gibt es auch Leute, die | |
sich selbst nicht die Hände schmutzig machen wollen. Ich zum Beispiel würde | |
nie die Grünen wählen. Aber wenn mein afrikanischer Mitbürger das aus | |
taktischen Gründen für richtig hält – bitte schön! | |
Woher kommt eigentlich die Idee? | |
Die kommt von Yasmin Fahimi, der Generalsekretärin der SPD. Die hat | |
vorgeschlagen, wegen der Politikverdrossenheit die Wahlzeit zu verlängern | |
und fahrende Wahlkabinen einzurichten. Eine rollende Wahlkabine war ja zum | |
Beispiel auch auf der Demo [unter dem Motto „Recht auf Stadt – Never mind | |
the Papers“, Anm. d. Red.] vergangenen Samstag mit dabei. Ich kann mir | |
vorstellen, dass es in Hamburg Leute gibt, die sich motiviert fühlen, so zu | |
der Umverteilung der Stimmen beizutragen. Und die SPD kann sich freuen, | |
dass wir sie ein Mal ernst nehmen. | |
Und die Wahlpartys sollen die Leute selbst organisieren? | |
Man kann seine Stimme natürlich auch einfach seinem Mitbewohner geben. | |
Viele der Lampedusa-Leute z.B. sind ja in privaten Wohnungen untergebracht. | |
Aber das hat dann was Paternalistisches – „ich spende dir meine Stimme“. | |
Wenn man ’ne Wahlparty veranstaltet, ist eine ähnliche Anonymität gewahrt | |
wie im Wahllokal. Du kannst geheim wählen und die Stimme in die Urne packen | |
und niemand weiß, was du gewählt hast. | |
4 Feb 2015 | |
## AUTOREN | |
Katharina Schipkowski | |
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