# taz.de -- Die Grünen in Hamburg: Frei von Charisma und Hoffnung | |
> Die Ökopartei in der Hansestadt ist ratlos: Über untere zweistellige | |
> Ergebnisse kommt sie nicht hinaus. Besserung ist im Februar nicht in | |
> Sicht. | |
Bild: Die Grünen werden in Hamburg einfach nicht erfolgreicher. Wahrscheinlich… | |
HAMBURG taz | Sie kommen in Hamburg auf keinen grünen Zweig. An Elbe und | |
Alster sind die Grünen eine Nischenpartei, ein Ausweg ist nicht in Sicht. | |
Das wird auch nach der Bürgerschaftswahl am 15. Februar so bleiben. Ein | |
knapp zweistelliges Ergebnis für die Ökopartei ist in einer liberalen | |
Metropole wie Hamburg zu wenig, selbst wenn es für eine | |
Regierungsbeteiligung reichen sollte. | |
Das wissen auch die grünen Chefstrategen um Parteichefin und | |
Spitzenkandidatin Katharina Fegebank und Fraktionschef und | |
Kospitzenkandidat Jens Kerstan. Seit mehr als einem Jahrzehnt | |
prognostizieren Analysen den Hamburger Grünen ein Wählerpotenzial von 20 | |
bis 25 Prozent, aber nur einmal, bei der Europawahl 2009, schöpften sie es | |
annähernd aus. | |
Ebenso lange liegen sie kurz vor Hamburg-Wahlen in Umfragen regelmäßig bei | |
15 Prozent und mehr, aktuell werden sie bei 14 Prozent verortet. Aber schon | |
über 12 Prozent im Februar wäre die grüne Führungsspitze heilfroh. Immerhin | |
seit 1982 sitzen die Grünen, die bis 2012 Grün-Alternative Liste (GAL) | |
hießen, ununterbrochen in der Hamburger Bürgerschaft. | |
Für die grüne Depression gibt es vor allem zwei Gründe: Programmatisch | |
dringt die mit 1.600 Mitgliedern größte der kleinen Parteien in Hamburg | |
nicht wirklich durch, und personell ist sie frei von Charisma. Mit | |
Öko-Themen ist in Hamburg kein Blumentopf mehr zu gewinnen. Die AKWs | |
Brunsbüttel und Krümmel sind stillgelegt, Atomausstieg und Energiewende | |
beschlossene Sache. Das in wenigen Wochen in Betrieb gehende | |
Vattenfall-Kohlekraftwerk Moorburg ist in Hamburg kein Aufreger mehr. | |
## Lieber U-Bahnen und Radwege | |
Die Elbvertiefung abzulehnen, darüber gibt es in der Stadt mit dem | |
zweitgrößten Hafen Europas selbst in der grünen Wählerschaft keinen | |
Konsens. Die Forderung nach einer Straßenbahn tragen die Grünen seit Mitte | |
der 90er Jahre wie eine Monstranz vor sich her. Der SPD-Senat von | |
Bürgermeister Olaf Scholz baut lieber U-Bahnen, die den Autos auf den | |
Straßen keinen Platz wegnehmen, und legt ein paar Radwege an. | |
In der Kita-Politik hat der SPD-Senat längst die Meinungsführerschaft | |
übernommen, die verhaltene grüne Kritik an der Hochschulpolitik dringt | |
nicht durch, und dass der SPD-Senat nach zehn Jahren Stillstand mit dem | |
Neubau und der öffentlichen Förderung von mindestens 6.000 Wohnungen pro | |
Jahr gegen die Wohnungsnot anbauen lässt, hilft den Grünen auch nicht | |
weiter. Bleibt die harte Hand der SPD in der Sozial- und | |
Flüchtlingspolitik. Mit der Kritik daran lässt sich über die eigene | |
Klientel hinaus aber kaum punkten. | |
Auch personell haben die Grünen wenig zu bieten. Das Erbe der erfolgreichen | |
Macherin Krista Sager in der rot-grünen Koalition (1997–2001) und der | |
charismatischen, aber mit ihrer Schulpolitik und der schwarz-grünen | |
Koalition (2008–2010) gescheiterten Christa Goetsch verwalten nun Fegebank | |
und Kerstan. Beide sind fleißig, klug und integer, vom Hocker indes reißen | |
sie niemanden. Kerstans faktenverliebte Reden sorgen in der Bürgerschaft | |
zwar mitunter für Sorgenfalten im Senat, in der Öffentlichkeit indes kommen | |
sie kaum nachhaltig rüber. | |
Grünes Ziel ist, die absolute Mehrheit der SPD zu brechen und eine | |
rot-grüne Koalition zu bilden. Gelingt das nicht, werden Kerstan und | |
Fegebank zurücktreten. Dann müssen neue Leute versuchen, die Grünen in der | |
Opposition aus ihrem Nischendasein zu führen. Immerhin haben sie dafür mehr | |
Zeit: Die nächste Legislaturperiode ist die erste, die fünf Jahre dauert. | |
3 Feb 2015 | |
## AUTOREN | |
Sven-Michael Veit | |
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