# taz.de -- Eröffnungsfilm der Berlinale: „Mensche müsse helfe Mensche“ | |
> Es ist Liebesdrama im ewigen Eis: „Nadie quiere la noche“ von Isabel | |
> Coixet. Wir haben immerhin ein wenig empathisch mitgefroren. | |
Bild: Rinko Kikuchi in einem Filmstill aus „Nadie quiere la noche“. | |
Dass mit der Frau Peary (energisch und protestantisch wie immer: Juliette | |
Binoche) etwas nicht stimmt, hat man schnell begriffen. Unbedingt will die | |
Verrückte ihrem Mann, dem Nordpolentdecker, in die eisige Einöde nachreisen | |
und schlägt alle Warnungen wohlmeinender Winterkenner in den bitterkalten | |
Wind. | |
Sie verschleißt gute Männer und Hunde angeblich nur aus Liebe zu ihrem | |
Mann, den sie aber in 16 Ehejahren nur 14 Monate gesehen hat. Den Rest der | |
Zeit nahm der nämlich Reißaus Richtung Norden. | |
Als sie schließlich fast allein in einer Gegend gelandet ist, wo selbst die | |
Breitengrade keine Namen mehr zu tragen scheinen, trifft sie die | |
gutaussehende Indigene Allaka (Pirelli-Kalender-Model und | |
Nebenrollen-Oscar-Nominierte für „Babel“: Rinko Kikuchi). Dass sie gut | |
aussieht, muss erwähnt werden, weil uns vorher nur irgendwie anstrengende, | |
übergewichtige oder unterwürfige Indigene begegnen. Wie sich herausstellt, | |
warten beide Frauen auf denselben Mann. Nun ahnt man, dass auch mit dem | |
Mann etwas nicht stimmt. | |
Steht er darauf, dass nicht nur eine, sondern zwei Frauen einen ganzen | |
arktischen Winter bei rohem Hundefleisch in einer zugigen Hütte ausharren | |
und sich Zeichnungen seines Entdeckerantlitzes ins verheulte Gesicht | |
pressen? Für diese zweite, harrende Hälfte des Films trägt zu unserer | |
Unterhaltung jetzt nur noch das arrogante kolonialistische Zeug bei, das | |
die bornierte Park-Avenue-Powerfrau daherredet. | |
Allaka muss als Eingeborene ja Babysprache sprechen und in dieser nur die | |
Gutmenschensätze von sich geben, die edle Wilde so äußern, wenn ihnen | |
kaltherzige Kapitalistenkühe in klirrender Kälte die Welt erklären. „In | |
meiner Welt gehören die Dinge jemandem, auch Menschen gehören jemandem. Das | |
ist der Sinn des Lebens“ – „Welt sein so groß. Mensche müsse helfe ande… | |
Mensche.“ | |
Zwar geht die Kälte nicht ganz spurlos an der Park-Avenue-Bewohnerin vorbei | |
und natürlich wird die Edle noch edler: Eine Edlere ward nie. Doch da | |
Gabriel Byrne als ansatzweise unterhaltsamer Melancholiker | |
unvorsichtigerweise schon früh buchstäblich einbricht, haben wir uns eher | |
gelangweilt und nur ein wenig empathisch mitgefroren. | |
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5 Feb 2015 | |
## AUTOREN | |
Diedrich Diederichsen | |
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