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# taz.de -- Berlins Kinos trotzen der Berlinale: Licht im Schatten des Festivals
> Nächste Woche startet wieder mal die Berlinale. Aber auch jenseits des
> Festivals ist gerade die beste Kinozeit - sagen die Betreiber der
> Berliner Kinos.
Bild: Film ab - auch jenseits von Wettbewerb, Panorama und Forum
Fast zwei Dutzend Berliner Kinos dürfen sich dieses Jahr rühmen,
Berlinale-Kinos zu sein. Das ist eine ganze Menge. Ab Donnerstag breitet
sich damit die Berlinale zehn Tage lang über die ganze Stadt aus – was auch
so sein muss bei einem echten Publikumsfestival, als das die Berlinale sich
rühmt.
Andererseits gastiert die Berlinale aber doch nur in einem kleinen
Ausschnitt der Berliner Kinolandschaft. Schließlich finden sich in der
Stadt beinahe 90 Lichtspielhäuser.
Aber was machen eigentlich diese Kinos, die nicht dazugehören zum
exklusiven Kreis der Spielstätten, vor denen jedes Jahr im Februar ein paar
Tage lang der rote Teppich ausgerollt wird? Stehen da die Popcornmaschinen
still, weil alle potenziellen Kinogänger der Stadt nur noch Schlange
stehen, um verzweifelt Karten für irgendwelche Panoramafilme zu ergattern?
Oder brummt das Geschäft erst recht, weil so viele Kinoverrückte in der
Stadt sind, die nach ihren Berlinale-Sitzungen noch den ein oder anderen
Film aus dem regulären Programm mitnehmen wollen? Immerhin laufen gleich in
der ersten Berlinale-Woche potenzielle Hits an wie „Blackhat“ von Michael
Mann oder die umstrittene Nordkorea-Satire „The Interview“.
## Dicht wegen der Berlinale
Für das kleine Regenbogenkino, das sowieso nur von Freitag bis Montag
Vorführungen hat, ist der Fall klar: Man macht den Laden während der
Berlinale – außer für eine Sondervorführung – dicht. Und das sei, sagt
Michael Hübinger von dem Kreuzberger Kiezkino, schon immer so gewesen: „Die
Leute aus unserem Team gehen zu der Zeit auf die Berlinale. Wir wollen ja
mitkriegen, was da so läuft, auch um Filme sehen zu können, die für unser
eigenes Programm interessant sein könnten.“
Im Friedrichshainer B-Ware-Ladenkino geht dagegen alles seinen gewohnten
Gang. „Wir machen ganz normal weiter“, sagt Alexander Lauber, einer der
Betreiber des auch eher kuschelig klein gehaltenen Kinos. Kein
Best-of-Berlinale-Gewinner-Sonderprogramm? Nicht irgendeine olle Kamelle
von Wim Wenders, dem diesjährigen Ehrenregisseur der Berlinale? Nein, „es
gibt keine Pläne, Berlinale-Publikum vom Potsdamer Platz wegzulocken“, sagt
Lauber. Dass dann in der Nähe gerade eines der größten Filmfestivals der
Welt stattfindet – im B-Ware wird man davon so gut wie nichts mitbekommen.
„Im letzten Jahr war unser Kino während der Berlinale-Zeit vielleicht etwas
mauer besucht als sonst“, sagt Lauber, „aber vielleicht täusche ich mich da
auch.“
Ganz unterschiedlich wirkt sich die Berlinale auf die Kinos der
Yorck-Gruppe aus, die in der Stadt eine ganze Reihe von
Arthouse-Lichtspieltheatern betreibt. Drei ihrer Kinos werden während der
Berlinale gänzlich für Vorführungen des Festivals genutzt, das Delphi, das
Filmtheater am Friedrichshain und das International. In den übrigen Kinos
der Gruppe läuft das normale Filmprogramm. Und das sei momentan nicht das
schlechteste, meint Daniel Sibbers, der Pressesprecher der Kinogruppe. Weil
eine Woche nach der Berlinale in Los Angeles die Oscars verliehen werden,
drängen jetzt noch ein paar Oscar-Kandidaten in die Kinos, sagt Sibbers:
„Gerade ist beste Kinozeit.“ Das werde auch vom Publikum so registriert.
Wegen der Berlinale falle aber auch ein Teil des Stammpublikums weg. Unterm
Strich würden sich das Plus wegen der Oscars und das Minus wegen der
Berlinale ausgleichen, sodass es keinen wirklich Berlinale-Effekt gebe.
Anders sehe das natürlich bei den Berlinale-Kinos aus, denen die Teilnahme
am Festival imagemäßig einiges einbringe. „Wir sind glücklich, mit ein paar
Kinos dabei sein zu dürfen“, sagt Sibbers.
Die Berlinale kommt, und wirklich alle Kinobetreiber in Berlin scheinen
sich auf das Festival zu freuen. Auch André Pesek, stellvertretender
Theaterleiter des Multiplexkinos Cinemotion in Hohenschönhausen. „Die
Erfahrung in den letzten Jahren war ganz klar, dass während der Berlinale
mehr los war bei uns“, sagt er. „Kinobesucher, die sonst vielleicht in
einem der Multiplexe am Potsdamer Platz gelandet wären, kommen in der Zeit
verstärkt zu uns, weil die Kinos am Potsdamer Platz für die Berlinale
reserviert sind.“
Glücklich dank Berlinale, das ist auch Heiko Reichelt, Theaterleiter im
Kreuzberger Eiszeit-Kino. Auf die Frage, was in seinem Kino so laufen
werde, wenn gerade Berlinale ist, stellt er erst mal klar: „Wir sind ja
auch Berlinale-Kino.“ Was stimmt, wenngleich die Berlinale nur einen
einzigen Tag lang Gast in dem kleinen Szenekino sein wird, im Rahmen des
Projekts „Berlinale goes Kiez“, dessen Anliegen es ist, einfach noch mehr
Berliner Kinos in die Filmfestivalfamilie aufzunehmen und so die Berlinale
ein Stückchen bürgernäher zu machen. „Imagemäßig ist das natürlich gut …
uns“, sagt Reichelt, obwohl vor und nach dem Berlinale-Tag wohl keinerlei
Festivalglamour in dem kleinen Traditionskino zu spüren sein wird.
30 Jan 2015
## AUTOREN
Andreas Hartmann
## TAGS
Filmbranche
Berlin
Kino
Filmwirtschaft
Academy Awards
Trauer
Monika Grütters
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