# taz.de -- Wohnungskrisengipfel im Kanzleramt: Bogen um das Notwendige | |
> Die Wohnungsbaupläne der Regierung enthalten neben ein paar guten Punkten | |
> auch viel Absurdes. Die hohen Mieten spielen kaum eine Rolle. | |
Bild: Klara Geywitz wollte bauen und Mieter schützen, nun kommen Steuererleich… | |
Dass zwei Verbände der Wohnungswirtschaft ihre Teilnahme [1][am | |
Wohnungskrisengipfel im Kanzleramt] abgesagt haben, ist natürlich | |
symbolträchtig – und ein kleines PR-Desaster für Kanzler Olaf Scholz und | |
Bauministerin Klara Geywitz. Aber es sollte nicht den Blick auf das | |
Wesentliche verdecken. Die beiden Lobbyverbände bleiben Teil des Bündnisses | |
bezahlbarer Wohnraum – und die Arbeit dieses Bündnisses wird auch nach dem | |
Show-Termin weitergehen. | |
Um die Baukrise zu bewältigen, gibt es nicht die eine Stellschraube, die im | |
Nu 400.000 Wohnungen hervorzaubert. Die Lage auf dem Bau ist durch den | |
russischen Angriffskrieg und die gestiegenen Bauzinsen äußerst angespannt. | |
Doch der von der Bundesregierung vorgelegte 14-Punkte-Plan setzt an manchen | |
Stellen völlig falsche Prioritäten. | |
Ein Beispiel: Es ist geradezu zynisch, dass angeblich der „Bau von | |
bezahlbarem und klimagerechtem Wohnraum“ angekurbelt werden soll und | |
gleichzeitig verkündet wird, die Energiesparstandards beim Neubau | |
herunterzuschrauben. Die Häuser, die heute und morgen gebaut werden, werden | |
auch noch die nächsten 100 Jahre genutzt werden. Und höhere Standards | |
schützen Mieter*innen und Eigentümer*innen vor höheren | |
Energiekosten. Es ergibt absolut keinen Sinn. | |
Ein anderes Beispiel ist die geplante degressive Abschreibungsmöglichkeit | |
beim Wohnungsbau, die eine schnellere Refinanzierung von Investitionen | |
ermöglichen soll. Es gibt keinerlei soziale Vorgaben, etwa an die künftige | |
Miethöhe. Sprich: Es sind Steuererleichterungen für private Investoren ohne | |
Gegenleistung. Auch das ist an Absurdität kaum zu überbieten. Gut hingegen | |
ist, dass es mehr Fördergelder geben soll, um bestehende Gebäude zu | |
sanieren und Umbauten von Gewerbeflächen zu Wohnraum zu ermöglichen. | |
## Mehr Mieterschutz? Fehlanzeige | |
Ab nächstem Jahr soll zudem eine neue Wohngemeinnützigkeit gelten, mit der | |
dauerhaft günstiger Wohnraum geschaffen werden kann. Das Problem ist: Es | |
ist nicht mehr als eine Ankündigung. Und Skepsis ist durchaus berechtigt. | |
Bislang schafft es die Bundesregierung noch nicht einmal, bereits | |
vereinbarte Mieterschutzverbesserungen umzusetzen, weil der dafür | |
zuständige FDP-Bundesjustizminister konsequent blockiert. Das wird auch der | |
Grund sein, warum die Mietenexplosion bei dem Gipfel kein Thema war. | |
Doch das Problem wird nicht leichter, indem man einen Bogen um das | |
Notwendige schlägt. Gute Politik muss Krisen zusammen denken und darf sich | |
nicht scheuen, Geld für notwendige Zukunftsinvestitionen in die Hand zu | |
nehmen. Je größer die Wohnungsnot wird, desto stärker wird auch das rechte | |
Verhetzungspotenzial. | |
25 Sep 2023 | |
## LINKS | |
[1] https://www.tagesschau.de/inland/wohnungsbaugipfel-14-punkte-100.html | |
## AUTOREN | |
Jasmin Kalarickal | |
## TAGS | |
Mietenpolitik | |
Wohnungsbau | |
Ampel-Koalition | |
Wohnen | |
GNS | |
Wohnungspolitik | |
Abriss | |
Wohnungswirtschaft | |
Mieten | |
Sozialer Wohnungsbau | |
Sozialer Wohnungsbau | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Halbzeitbilanz der Wohnungspolitik: Flaute beim Bauen und Wohnen | |
DGB und Mieterbund ziehen nach zwei Jahren Ampel eine traurige Bilanz: In | |
puncto Wohnungspolitik hat die Bundesregierung wenig geliefert. | |
Ausstellung über Um- und Anbau: Am besten nichts Neues | |
Eine Ausstellung in Hannover zeigt: Statt Leerstand und Abriss wäre ein | |
kreativer Umgang mit Bausubstanz denkbar. Die Wohnungsnot würde er lindern. | |
Wohnungen in Deutschland: Zu wenig, dafür unsozial | |
In Deutschland fehlen Hunderttausende Wohnungen, vor allem bezahlbare. | |
Fragen und Antworten zur Wohnungsbaukrise. | |
Papier der SPD-Bundestagsfraktion: Luftnummer Mietenstopp | |
Die SPD will die Mieten befristet einfrieren. Doch das bleibt Utopie mit | |
dieser Koalition – genauso wie mehr bezahlbarer Wohnraum. | |
Anreizprogramm für Wohnungsbau: Nur die Wohnungsbranche jubiliert | |
Bauministerin Klara Geywitz (SPD) will den Wohnungsbau mit steuerlichen | |
Anreizen ankurbeln. Die Reaktionen auf ihre Initiative sind durchwachsen. | |
Ende der Wohnungsgesellschaft GSW: Am Schluss bleiben Fassaden | |
Die GSW wird abgewickelt. Ihre Privatisierung ist ein Lehrstück über | |
falsche Versprechungen privater Investoren und das Versagen der Politik. |