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# taz.de -- Anreizprogramm für Wohnungsbau: Nur die Wohnungsbranche jubiliert
> Bauministerin Klara Geywitz (SPD) will den Wohnungsbau mit steuerlichen
> Anreizen ankurbeln. Die Reaktionen auf ihre Initiative sind durchwachsen.
Bild: Inzwischen ein seltenes Bild: Neubau von Wohnungen wie hier in Freiburg
Berlin taz | Es sieht derzeit nicht gut aus: Wegen gestiegener Bauzinsen
und steigender Materialkosten steckt der Wohnungsbau in der Krise. Das von
der Bundesregierung gesetzte Ziel, 400.000 neue Wohnungen pro Jahr zu
schaffen, [1][wurde krachend verfehlt]. Dazu kommt: Die Zahl der
Baugenehmigungen bricht ein. Nun wagt [2][Bundesbauministerin Klara
Geywitz] einen neuen Vorstoß.
Das geht aus einem Papier aus dem Bundesbauministerium hervor, das der taz
vorliegt. Sie will steuerliche Abschreibungsmöglichkeiten deutlich
erweitern und damit den kriselnden Wohnungsbau ankurbeln. „Angesichts des
dramatischen Einbruchs bei den Baugenehmigungen und damit verbunden dem
Rückgang der Bauinvestitionen in diesem Jahr brauchen Bau- und
Immobilienwirtschaft dringend neue Investitionsanreize“, begründet die
SPD-Politikerin ihre Initiative. Konkret will sie befristet ab 2024 bis
Ende 2030 eine sogenannte degressive AfA für neue Wohngebäude einführen.
AfA ist die Abkürzung für „Absetzung für Abnutzung“. Derzeit gilt eine
lineare AfA von 3 Prozent. Das heißt, Bauherren können bei einem Neubau pro
Jahr 3 Prozent ihrer Baukosten absetzen. Eine degressive AfA hingegen würde
anfangs höhere Abschreibungen ermöglichen, die sich dann mit der Zeit
verringerten.
Der Vorschlag von Geywitz sieht konkret vor, dass in den ersten vier Jahren
jeweils 7 Prozent der Baukosten abgeschrieben werden können. In den
darauffolgenden vier Jahren sind es 5 Prozent, danach können 26 Jahre lang
noch 2 Prozent abgesetzt werden. Die degressive AfA sei wegen der stark
gestiegenen Zinsen „ökonomisch geboten“, heißt es in dem Papier aus dem
Geywitz-Ministerium.
Derzeit existiert bereits eine Sonderabschreibung für den Mietwohnungsbau –
diese ist aber an hohe energetische Standards gekoppelt. Beim neuen
Vorschlag gibt es solche Umweltschutzvorgaben nicht.
## Finanzministerium reagiert reserviert
Das Bauministerium möchte mit dem Vorhaben [3][das geplante
Wachstumschancengesetz] von Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP)
ergänzen, mit dem die Wirtschaft um jährlich rund 6,5 Milliarden Euro
entlastet werden soll. Doch auf den Vorstoß von Geywitz reagiert das
Finanzministerium auf Nachfrage verhalten.
Die Ressortabstimmung zum Wachstumschancengesetz dauere noch an, heißt es
von dort nur schmallippig. Im Übrigen brauche die deutsche Wirtschaft „eine
kluge Angebotspolitik und verstärkte Anreize für private Investitionen,
aber nicht immer neue Subventionen und Nachfrageimpulse“. Der derzeitige
[4][Entwurf zum Wachstumschancengesetz] sei durch die Finanzplanung
gedeckt, für weitere Maßnahmen müsse „eine Gegenfinanzierung aufgezeigt
werden“. Die ist bisher ungeklärt.
Die Wohnungsbranche zeigt sich hingegen begeistert. „Dieser Vorstoß könnte
genau die Impulse bringen, die den daniederliegenden Wohnungsbau
reanimieren“, befand Andreas Mattner, Präsident des Zentralen Immobilien
Ausschusses (ZIA). Der GdW Bundesverband deutscher Wohnungs- und
Immobilienunternehmen forderte zusätzlich eine Sonderabschreibung für
Unternehmen, die Mietbegrenzungen garantieren.
## Kritik von Grünen und Linkspartei
Weniger begeistert klingt der grüne Bundestagsabgeordnete Kassem Taher
Saleh, der selbst Bauingenieur ist. „Die vorgeschlagenen steuerlichen
Subventionen begünstigen profitorientierte Unternehmen, ohne Anforderungen
an bezahlbare Mieten zu stellen“, kritisierte er. Zugleich führten die
fehlenden Klimaschutzstandards „zum Fortsetzen alter Bauweisen“. Taher
Saleh forderte stattdessen die Einführung einer neuen Wohngemeinnützigkeit
und „Erleichterungen für das Bauen im Bestand“.
Deutliche Kritik kommt von der Linkspartei. „Der Vorschlag von Ministerin
Geywitz zur steuerlichen Abschreibung ist sozial völlig ungezielt“, sagte
Caren Lay, die mieten-, bau- und wohnungspolitische Sprecherin der
Linksfraktion. So würden Investoren auch beim sehr lukrativen Bau teurer
Luxuswohnungen begünstigt.
Gebraucht würden jedoch bezahlbare Mietwohnungen für Menschen mit weniger
Geld. „Wenn Steuervergünstigung, dann für gemeinnützigen Wohnungsbau mit
dauerhafter Begrenzung der Miethöhe“, so Lay. Es brauche dringend mehr
Förderung des kommunalen, sozialen und genossenschaftlichen Wohnungsbaus.
7 Aug 2023
## LINKS
[1] /Neue-Wohnungen-in-der-Baukrise/!5933367
[2] /Bundesbauministerin-Klara-Geywitz/!5939857
[3] /Steuerentlastung-fuer-Unternehmen/!5948927
[4] https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Gesetzestexte/Gesetze_Ges…
## AUTOREN
Jasmin Kalarickal
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