# taz.de -- Zu wenig Sozialwohnungen: Die Fehler von gestern | |
> Seit Jahren fallen Wohnungen aus der Sozialbindung. Deshalb wird die | |
> Wohnungsnot vor allem für Ärmere dramatisch. Die Ampelkoalition tut zu | |
> wenig dagegen. | |
Bild: Hier können sich nicht mehr alle das Wohnen leisten: Blick über die Inn… | |
Die Zahl der Sozialwohnungen ist im vergangenen Jahr [1][erneut gesunken]. | |
Das wird Jahr für Jahr konstatiert. Wenn es heißt, dass 36.500 Wohnungen | |
aus ihrer Sozialpreisbindung gefallen sind, klingt das technisch. Aber die | |
Folgen sind erschütternd. Menschen, die bislang in einer Wohnung mit | |
staatlich regulierten Mieten lebten, tun es über Nacht nicht mehr. Sie sind | |
dem freien Mietmarkt ausgeliefert. Die Ärmsten trifft es am härtesten. Denn | |
die Wohnungsnot reicht bis in die Mittelschicht hinein. | |
Das Ziel der Ampel, 100.000 neue Sozialwohnungen pro Jahr zu schaffen, | |
wurde verfehlt. Doch die Bundesregierung ist nicht allein daran schuld. Der | |
russische Angriffskrieg hat die Bedingungen für den Wohnungsbau durch | |
Lieferengpässe und steigende Energiepreise unerwartet erschwert. | |
Zudem ist die Wohnungsnot ein Ergebnis jahrelanger chronischer | |
Vernachlässigung. Öffentliche Wohnungsbestände wurden verscherbelt, lang | |
gab man sich der Illusion hin, dass der Markt alles regelt. Ein | |
Kardinalfehler war 1990 die Abschaffung der Wohngemeinnützigkeit unter | |
Schwarz-Gelb. Zuvor gab es einen Skandal um die gemeinnützige | |
Wohnungsgesellschaft Neue Heimat. Doch das Konzept der Wohngemeinnützigkeit | |
war nicht falsch. Denn dort gilt anders als jetzt: einmal Sozialwohnung, | |
immer Sozialwohnung. | |
Nun möchte die Ampel zwar eine neue Wohngemeinnützigkeit einführen. Nur | |
gibt es bislang nur ein vages Papier. Das erhöhte Wohngeld, mehr Geld vom | |
Bund für den sozialen Wohnungsbau, das alles ist richtig, wird aber der | |
Dramatik der Lage nicht gerecht. Schon jetzt ist jeder dritte | |
Mieterhaushalt finanziell überlastet. Die Mieten steigen weiter. | |
Das Fatale ist: Bislang ist es relativ still. Die Miete sparen sich | |
offenbar viele vom Mund ab, die Folgen lassen sich vielleicht an den Tafeln | |
beobachten. Es braucht daher mehr lauten gesellschaftlichen Protest. Und | |
anderseits eine Politik, die krisengerecht mit einem Sondervermögen | |
reagiert. Keine einzige der aktuell befristeten Sozialwohnungen darf mehr | |
aus ihrer Bindung fallen. Die Regierung muss bereit sein, den Preis für | |
jahrzehntelanges Versagen zu zahlen. | |
1 Aug 2023 | |
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## AUTOREN | |
Jasmin Kalarickal | |
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