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# taz.de -- Welthunger-Index 2020 vorgestellt: Corona führt zu mehr Hunger
> Die Welthungerhilfe warnt vor den globalen Folgen der Pandemie. Das Ziel
> der UN, ein Planet ohne Hunger im Jahr 2030, rücke in weite Ferne.
Bild: Noch sind die Löffel leer: Suppenküche für bedürftige Familien in San…
Berlin taz | Die Welthungerhilfe (WHH) warnt vor einer drastischen Zunahme
von Hunger und Armut durch die Coronapandemie. „Corona wirkt wie ein
Brandbeschleuniger“, sagte die Präsidentin der Hilfsorganisation, Marlehn
Thieme, am Montag bei der [1][Vorstellung des Welthunger-Index 2020].
„Armut und Hunger nehmen nach allen Prognosen stark zu, der Klimawandel
verschlimmert die schwierige Lage der Menschen zusätzlich“, sagte Thieme.
Ende 2019 litten 690 Millionen Menschen in mehr als 50 Ländern unter
chronischem Hunger, 135 Millionen standen angesichts der Coronapandemie vor
einer akuten Ernährungskrise, fürchtet die WHH. Die Fortschritte bei der
Hungerbekämpfung seien viel zu gering, um weltweit [2][„null Hunger“, das
Ziel der Vereinten Nationen für das Jahr 2030], zu erreichen. „Wenn wir bei
der Hungerbekämpfung so weitermachen wie bisher, werden es 37 Länder bis
2030 nicht schaffen, ein niedriges Hungerniveau zu erreichen“, sagte
Präsidentin Thieme.
Die Fortschritte seien weltweit in Folge von Ungleichheit, Konflikten,
Vertreibung und Klimawandel viel zu gering. Sie begrüßte die [3][Vergabe
des Friedensnobelpreises an das Welternährungsprogramm der Vereinten
Nationen]: Der Preis sei eine „Anerkennung des Kampfs gegen den Hunger“ als
eine globale Herausforderung, so Thieme.
Schon vor dem Ausbruch der Pandemie sei die Situation „insbesondere in
Afrika südlich der Sahara und Südasien alarmierend“ gewesen, betonte
Thieme. Dort sei etwa jeder Fünfte unterernährt, insgesamt 230 Millionen
Menschen. Mit 7,8 Prozent sei dort auch die Kindersterblichkeit
außergewöhnlich hoch. Auch Südasien gilt als gefährdete Region. Jedes
dritte Kind ist dort zu klein für sein Alter. Vielerorts leiden die
Menschen laut WHH zudem unter einer Vielzahl von Krisen durch Kriege,
Dürren, Überschwemmungen und Heuschreckenplagen.
## 14 Staaten mit mehr Hungernden als 2012
Der aktuelle Index berechnet die Ernährungslage für 107 Staaten im
vergangenen Jahr. Danach weisen 14 Länder höhere Hungerwerte auf als noch
2012. Dazu gehören unter anderem Kenia, Madagaskar, Venezuela und Mosambik
sowie die kriegsgeschüttelten Länder Syrien und Jemen. Den größten Anstieg
gab es in Venezuela. Der Welthungerindex berücksichtigt vier medizinische
Indikatoren: Unterernährung, Auszehrung bei Kindern, Verzögerung im
Wachstum sowie Kindersterblichkeit. Eine Skala von 0 bis 100 Punkten teilt
die Hungersituationen von „niedrig“ bis „gravierend“ in fünf Stufen ei…
Insgesamt gebe es auch Fortschritte, sagte WHH-Generalsekretär Mathias
Mogge, diese seien aber zu gering und zu langsam. Betrachtet man die
Hungersituation im globalen Durchschnitt, liegt der Durchschnitt laut dem
Index heute mit 18,2 Indexpunkten bei „mäßig“. Im Jahr 2000 lag dieser mit
28,2 noch bei „ernst“. Große Fortschritte, sichtbar in einer Verbesserung
um zwei der fünf Bewertungsstufen, gab es über die vergangenen 20 Jahren in
Sierra Leone und Äthiopien.
Innerhalb vieler Länder stellt der Bericht deutliche Unterschiede zwischen
den Ethnien fest. Außerdem, dass die Gesundheit von Frauen und Kindern
stärker unter Flucht und Vertreibung leidet. In der Demokratischen Republik
Kongo weist die Hälfte der Kinder Wachstumsverzögerungen auf, auf dem Land
zeigt sich die Situation extremer als in Städten.
Die Kleinsten treffen Krisen stets am stärksten: Die Vereinten Nationen
prognostizieren Wachstumsverzögerungen für 700.000 Kinder mit jedem
Prozentpunkt, um den das globale Bruttoinlandsprodukt sinkt. Die Anzahl der
durch Hunger ausgezehrten Kinder könnte danach um 6,7 Millionen wachsen, es
könnte zu 130.000 Todesfällen zusätzlich kommen.
## Kritik an Fleischkonsum
Ein besonderes Augenmerk legt der diesjährige Bericht auf die
Ernährungssysteme. Die WHH fordert, dass diese „nachhaltiger, gerechter und
widerstandsfähiger“ werden. Besonders kritisch sieht Generalsekretär Mogge
den Fleischkonsum. Hier würden die Kosten des europäischen Konsums
externalisiert, also räumlich verlagert. Den massenhaften Anbau von Soja in
Lateinamerika, der als Futtermittel in Europa dienen soll, bewertet er als
„extrem unnachhaltig“. Dies führe zur Zerstörung von Regenwäldern und zu
Überdüngung hierzulande.
„Hunger ist und bleibt der größte vermeidbare Skandal. Der Planet hat die
Ressourcen, 10 Milliarden Menschen zu ernähren“, sagte auch
Bundesentwicklungsminister Gerd Müller (CSU). Er verwies auf zwei neue
internationale Studien, nach denen jährlich 14 Milliarden Dollar
zusätzliche Investitionen und eine „Agrarrevolution“ notwendig seien, um
den Hunger in den nächsten zehn Jahren zu besiegen. „Dies darf nicht am
politischen Willen scheitern“, betonte Müller.
13 Oct 2020
## LINKS
[1] http://www.welthungerhilfe.de/hunger/welthunger-index
[2] /Umsetzung-der-UN-Nachhaltigkeitsziele/!5427293
[3] /Friedensnobelpreis-bekanntgegeben/!5717180
## AUTOREN
Andreas Ruhsert
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