| # taz.de -- Gesundheitsversorgung in Sierra Leone: Wo Corona die Kinder umbringt | |
| > Magdalene Fornah hat Ebola überstanden. Nun kämpft die Krankenschwester | |
| > gegen Corona. Nicht Covid-19 ist das Problem, sondern die Folgen der | |
| > Pandemie. | |
| Die Angst kehrt an einem Dienstag zurück. Und mit ihr der feste Wille, | |
| dieses Mal alles besser zu machen. Magdalene Fornah hat gerade Dienst im | |
| Connaught Hospital in Sierra Leones Hauptstadt [1][Freetown], als sie von | |
| der ersten bestätigten Covid-19-Infektion im Land erfährt. Erinnerungen | |
| werden wach an den schlimmsten [2][Ebola-Ausbruch] der Geschichte. Fünf | |
| Jahre ist das erst her. | |
| Fornah ist eine kleine Frau mit großem Mut. Während der Ebola-Epidemie | |
| bekämpfte die Krankenschwester das Virus an vorderster Front. Sie nahm die | |
| Infizierten in Empfang und steckte sich dabei selbst mit der tödlichen | |
| Krankheit an. Fast 4.000 Menschen starben allein in Sierra Leone an der | |
| Seuche, darunter knapp 300 Ärzt*innen und Pflegekräfte. Fornah überlebte | |
| – und zögerte angesichts der aktuellen Bedrohung keine Sekunde, sich dem | |
| noch weitgehend unbekannten Coronavirus in den Weg zu stellen. „Darum bin | |
| ich Krankenschwester geworden“, sagt die zweifache Mutter. „Ich bin gerne | |
| für andere da, besonders für meine Patienten.“ | |
| Kurz nachdem der Index-Fall in dem kleinen westafrikanischen Land am 31. | |
| März 2020 offiziell bestätigt wird, veröffentlichen die Vereinten Nationen | |
| erste Prognosen zum Pandemieverlauf, denen zufolge allein in Afrika bis zu | |
| 3,3 Millionen Menschen an Covid-19 sterben könnten. Dass dieses | |
| Horrorszenario nicht eintreten wird, ahnt Fornah zu diesem Zeitpunkt nicht. | |
| Ihr schwant Böses. | |
| „Als ich die ersten Patienten sah, bekam ich Angst“, sagt die 46-Jährige. | |
| „Man konnte ihnen ansehen, dass sie positiv waren.“ Fornah steht im | |
| Erdgeschoss der mit Flatterband abgesperrten Corona-Isolierstation der | |
| Klinik. Auf der Tafel hinter ihr wird die Belegung der Station | |
| dokumentiert. In den ersten Monaten war kaum Platz für die vielen Namen, | |
| ständig wurden neue Fälle eingeliefert. Fornah, die seit 16 Jahren als | |
| Krankenschwester arbeitet, redete den Kolleg*innen ins Gewissen: „Keine | |
| Kompromisse bei der Schutzausrüstung! Den Fehler haben wir schon einmal | |
| gemacht.“ | |
| ## Handschuhe und Masken werden knapp | |
| Nach kurzer Zeit wurden Handschuhe und Masken knapp. Wie schon bei Ebola | |
| steckte sich medizinisches Personal bei der Arbeit an, wieder gab es Tote. | |
| Und weil dann auch noch der von der Regierung versprochene Gefahrenzuschlag | |
| ausblieb, traten Fornah und andere Mitarbeiter des Gesundheitswesens in den | |
| Streik. Krankenschwestern verdienen in Sierra Leone etwa 300 Euro im Monat, | |
| Ärzte das Doppelte. | |
| Sachspenden der UN und anderer Organisationen sorgten dafür, dass die | |
| Vorräte an Schutzkleidung heute zumindest für die Isolierstation reichen. | |
| Im Rest des größten Krankenhauses des Landes, das mit einem Jahresbudget | |
| von etwa 300.000 Euro auskommen muss, werden derweil Handschuhe und | |
| OP-Masken rationiert. | |
| Seit dem Sommer ist es merklich ruhiger geworden im Gebäudetrakt, der | |
| vorher für Fälle von Tuberkulose und Windpocken genutzt wurde. Aktuell | |
| steht nur ein Covid-Patient auf der Tafel. Ist das Virus vielleicht gar | |
| keine so große Bedrohung? Fornah lacht verächtlich. | |
| ## Der Blick auf die Zahlen täuscht | |
| Ein Blick auf die nationale Coronastatistik erweckt den Eindruck, das Land, | |
| das zu den am wenigsten entwickelten Staaten der Welt gehört, sei | |
| glimpflich davongekommen: 3.849 bestätigte Fälle, 79 Tote. Nicht pro Tag | |
| wohlgemerkt, insgesamt. | |
| Man würde es den Menschen wünschen, dass die Pandemie und die Folgen | |
| glimpflich verlaufen. Aber so einfach ist es nicht. Besonders nicht, was | |
| die Folgen betrift. | |
| Die zweite Welle zeigte sich in Rekorden bei den Neuinfektionen, wenn auch | |
| auf niedrigem Niveau. Die Regierung von Präsident Julius Maada Bio sah sich | |
| dennoch gezwungen, das Land Ende Januar ein weiteres Mal in den Lockdown zu | |
| schicken. | |
| Schon bevor der erste Coronafall offiziell registriert wurde, hatte das | |
| Staatsoberhaupt den nationalen Notstand ausgerufen. Flughafen, Schulen und | |
| religiöse Einrichtungen wurden geschlossen. Ebola war dem Land eine Lehre. | |
| Dieses Mal wollte man vorbereitet sein. Es folgten nächtliche | |
| Ausgangssperren und ein Verbot von Reisen innerhalb des Landes. Zweimal | |
| durften die Menschen für drei Tage nicht ihre Häuser verlassen. | |
| Wie erfolgreich die Maßnahmen waren, lässt sich schwer abschätzen. Zwar | |
| sind die Fallzahlen niedrig, doch die Testkapazitäten sind es auch – das | |
| Ziel sind 1.000 pro Tag. Kaum jemand hält sich an die allgemeine | |
| Maskenpflicht – wenn überhaupt, wird der Mund-Nasen-Schutz als eine Art | |
| Kinn-Accessoire getragen. Auch Abstandhalten ist auf den Straßen der | |
| Hauptstadt, in denen das Dauerhupen der Autos, Tuktuks und Motorräder mit | |
| dem Lärm der Straßenhändler zum Sound von Freetown verschmilzt, nahezu | |
| unmöglich – von den beengten Behausungen, in denen viele Großfamilien | |
| zusammenleben, ganz zu schweigen. Aber weil das Durchschnittsalter der | |
| knapp acht Millionen Einwohner bei 19 Jahren liegt, fehlen dem Virus seine | |
| bevorzugten Opfer, die Alten. | |
| Es wäre ohnehin falsch, das Ausmaß der Pandemie nur an den Coronatoten | |
| festzumachen. In Sierra Leone tötet das Virus nicht laut, mit | |
| Paukenschlägen immer neuer, trauriger Rekordzahlen. Es tötet leise, im | |
| Verborgenen. | |
| ## Der Kampf von Nellie Bell für ihre Krankenhauskinder | |
| Das [3][Ola-During-Kinderkrankenhaus] liegt oberhalb des Hafens von | |
| Freetown und ist die einzige Einrichtung dieser Art im ganzen Land. Es ist | |
| die letzte Hoffnung für all jene, die in den oft miserabel ausgestatteten | |
| Provinzkrankenhäusern keine Chance auf Rettung haben, und Nellie Bell | |
| versucht alles, um mit den wenigen Mitteln, die ihr zur Verfügung stehen, | |
| möglichst vielen ihrer kleinen Patient*innen zu helfen. | |
| Bell war lange Zeit die einzige Fachärztin für Kinderheilkunde in einem | |
| Land, in dem jedes zehnte Kind vor seinem fünften Geburtstag stirbt. Am 1. | |
| April wurde sie Sierra Leones zweiter Coronafall. „Ich dachte, es sei ein | |
| Aprilscherz“, sagt die 42-Jährige, die in Deutschland Medizin studiert hat, | |
| bevor sie vor rund zehn Jahren in ihre Heimat zurückkehrte. Sie entschloss | |
| sich zu einem Coronatest, nachdem sie typische Symptome bei sich bemerkt | |
| hatte. Als das positive Ergebnis feststand, wurde sie in ein | |
| Militärkrankenhaus gebracht und ihre Erstkontakte in Quarantäne geschickt. | |
| Darunter alle Ärzte und ein Großteil der Krankenschwestern des Ola During | |
| Hospital. | |
| Das gesamte Personal wurde getestet, etliche mit positivem Befund. Weil von | |
| denen jedoch niemand zu Bells Erstkontakten zählte, war der Ärztin klar: | |
| Sie mochte vielleicht offiziell der zweite Fall im Land sein, aber das | |
| Virus hat schon viel länger unbemerkt sein Unwesen getrieben. | |
| Das Krankenhaus wurde für fast sechs Wochen geschlossen. | |
| „Es gibt keine Statistik, aber ich bin mir sicher, dass viele Kinder in der | |
| Zeit gestorben sind“, sagt Bell in ihrem Büro neben der Krankenstation, aus | |
| der das Weinen ihrer Patienten herüberschallt. Per Whatsapp ist sie mit den | |
| übrigen Krankenhäusern des Landes vernetzt, um Notfall-Überführungen zu | |
| organisieren. „Ich weiß, dass Patienten im Krankenwagen gestorben sind, | |
| während sie auf einen Transport gewartet haben.“ | |
| Ähnliches berichtet Ishmeal Charles von der Caritas. Der kräftige Mann hat | |
| 2018 das „Sick Pikin Project“ ins Leben gerufen. Pikin bedeutet im | |
| nationalen Idiom Krio „Kind“. Seither ermöglichte das Spendenprojekt mehr | |
| als 50 Kindern Zugang zu dringend benötigter medizinischer Hilfe, die meist | |
| nur im Ausland erhältlich ist. „Weil der Flughafen vier Monate geschlossen | |
| war, haben wir sieben Babys verloren“, sagt Charles, der seit | |
| Wiederaufnahme des Flugbetriebs im Juli bereits drei Kinder für Operationen | |
| nach Indien schicken konnte. Drei weitere Visa-Anträge warten auf seinem | |
| Schreibtisch. | |
| ## Nur 200 Ärzte im ganzen Land | |
| Wer verstehen möchte, wie schlecht die Gesundheitsversorgung in Sierra | |
| Leone ist, braucht nur schnell die Ärzt*innen im Land zu zählen. Bei rund | |
| 200 ist Schluss. Ein Wert fernab aller von der WHO gesetzten | |
| Minimalstandards. Mit den 64 Millionen Euro, die 2021 aus dem | |
| Staatshaushalt in den Gesundheitsbereich fließen, könnte die | |
| FDP-Bundestagsfraktion nicht einmal ihr in der Coronakrise vorgeschlagenes | |
| „Förderprogramm Videotelefonie“ finanzieren. | |
| Selbst im Ola-During-Kinderkrankenhaus, der auch dank internationaler | |
| Hilfen vielleicht am besten ausgestatteten Klinik im ganzen Land, fehlt | |
| eine Herz-Lungen-Maschine und das Röntgengerät ist defekt. Immer wieder | |
| fällt der Strom aus. Das gesamte Haus teilt sich 10 Fieberthermometer, und | |
| für die normalerweise 300 Patient*innen, die sich vor den | |
| Corona-Einschränkungen die rund 100 Betten teilten, stehen gerade einmal 3 | |
| Beatmungsgeräte zur Verfügung. „Letzte Nacht hatten wir ein Kind mit | |
| schwerer Atemnot, aber keine Maschine war frei“, erzählt Bell, deren in | |
| bunten Farben leuchtendes Hemd unter dem weißen Kittel der Tragik ihres | |
| Arbeitsplatzes trotzt. „Wir mussten entscheiden: Wer würde ohne Beatmung | |
| am ehesten sterben?“ | |
| Im Rest des Landes wäre diese existenzielle Frage fast schon ein | |
| Luxusproblem. Genauer gesagt stellte sie sich gar nicht, weil es zu Beginn | |
| der Pandemie landesweit gerade einmal 13 Beatmungsmaschinen für intubierte | |
| Patienten gab. Ein Team von Physikern der University of Sierra Leone machte | |
| sich deshalb daran, ein eigenes Gerät zu entwickeln, preiswert, vor Ort | |
| produzierbar. | |
| Malcolm Nuni begrüßt seine Gäste im vierten Stock des Institutsgebäudes an | |
| den Hängen von Freetowns Stadtteil Tower Hill in fließendem Deutsch. Der | |
| Mann mit Bart unter der Gesichtsmaske hat sieben Jahre in Dresden gelebt, | |
| Nano-Elektronik studiert und ehrenamtlich beim Roten Kreuz gearbeitet. Dort | |
| lernte er den Ambu-Bag kennen, einen handbetriebenen Beatmungsbeutel, der | |
| den heute 37-Jährigen auf eine Idee brachte, wie man die | |
| Patientenversorgung in seiner Heimat revolutionieren könnte. | |
| ## Der Beatmungsbeutel, aus der Not erfunden | |
| Der erste Prototyp war ein manuell betriebener Blasebalg aus Holz, der eher | |
| in eine Schmiede passt als in ein Krankenhaus. Doch in weniger als einem | |
| Jahr entwickelte das Team daraus ein batteriebetriebenes Beatmungsgerät mit | |
| Sauerstoffzufuhr und Luftfilter. Sogar Intensivmediziner des Connaught | |
| Hospital waren beeindruckt. Ihnen fehlen nämlich neben Endoskopie-Geräten | |
| oder einem MRT auch Beatmungsgeräte. Der „Ndevuyama“ (deutsch: | |
| wiederbeleben), kostet mit etwa 2.000 US-Dollar nur den Bruchteil eines | |
| handelsüblichen Geräts. Zwar hat er weit weniger Funktionen, doch es fehlt | |
| ohnehin an Personal, das die komplexere Medizintechnik bedienen kann. | |
| Für seine Arbeit an dem Projekt erhält Nuni außer dem Preisgeld aus einem | |
| UN-Wettbewerb kein Geld. Wie viele seiner Landsleute arbeitet er aus Mangel | |
| an bezahlten Jobs ehrenamtlich. „Wir wollten einfach das Selbstbewusstsein | |
| der Menschen hier stärken“, beschreibt er seine Motivation. „Meine Zeit in | |
| Deutschland hat dabei sehr geholfen“, sagt Nuni, der derzeit noch ein | |
| Wirtschaftsstudium absolviert. „Wir haben zwar genug Talent, aber uns fehlt | |
| die Präzision, eine Sache bis zum Ende zu durchdenken.“ | |
| Tatsächlich wirken auch viele Coronamaßnahmen der Regierung unkoordiniert | |
| bis übereifrig. Bei Einreisenden, die bis zum Februar ihren Pass erst nach | |
| Vorlage eines negativen Coronatests von den Behörden zurückerhielten, wurde | |
| mitunter dreimal Fieber gemessen, ehe die Papiere ausgehändigt wurden. Der | |
| PCR-Test, dem sich jeder Reisende am Flughafen unterziehen muss, wird | |
| hingegen so amateurhaft durchgeführt, dass die Ergebnisse mehr als | |
| zweifelhaft bleiben. Nicht von ungefähr erkennen deutsche Gesundheitsämter | |
| Tests aus Sierra Leone nicht an. | |
| Der Regierung mangelt es nicht an gutem Willen. Als Folge der | |
| Ebola-Epidemie wurden Notfallpläne erarbeitet und Systeme zur | |
| Gesundheitsüberwachung etabliert. Allein es hapert an der Umsetzung. Zudem | |
| scheint das Land gefangen in einem jahrzehntelang gewachsenen Strudel aus | |
| Korruption und Misswirtschaft. | |
| So nutze der Coronakrisenstab seinen Notfallfonds vor allem für den Kauf | |
| von Motorrädern und Fahrzeugen statt für medizinische Güter. Auch | |
| Luxusartikel wie Apple-Kopfhörer wurden abgerechnet. Der daraus entstandene | |
| Schaden wird auf mehrere Hunderttausend Euro beziffert. Zwar begann die | |
| Antikorruptionsbehörde umgehend damit, die Summen zurückzufordern, aber | |
| das ohnehin nur geringe Vertrauen in den Staat hat weiter Schaden genommen. | |
| Geschichte wiederholt sich. Das gilt offenbar auch bei der ohnehin schon | |
| hohen Zahl ungewollter Schwangerschaften minderjähriger Mädchen. Durch die | |
| monatelangen Schulschließungen und Ausgangssperren könnten deren Zahlen | |
| weiter steigen und damit die Erfahrungen aus der Ebola-Epidemie bestätigen. | |
| Verlässliche Daten liegen noch nicht vor, aber lokale Hilfsorganisationen | |
| registrieren vor allem dort vermehrt Fälle, wo die sozialen Probleme am | |
| größten sind. | |
| Schon vor der Pandemie lebten 40 Prozent der Bevölkerung Sierra Leones von | |
| weniger als 2 Dollar am Tag. In den Tagen des staatlich verordneten | |
| Hausarrests brach vor allem für das Heer von Straßenhändlern, das von | |
| morgens früh bis spät in die Nacht auf Freetowns Straßen alles feilbietet, | |
| was sich in großen Plastikschüsseln auf dem Kopf balancieren lässt, die | |
| Lebensgrundlage weg. Die Hand, von der sie in den Mund leben, blieb leer. | |
| ## Coronapandemie begünstigt die Verbreitung von Malaria | |
| Im Schatten der Seuche wachsen Probleme wie Hunger, Armut und sexualisierte | |
| Gewalt. Und noch eine andere Gefahr droht aus dem Blickfeld zu geraten: | |
| Malaria. Die WHO befürchtet, dass die seit zwei Jahrzehnten anhaltenden | |
| Fortschritte bei der Bekämpfung der von Mücken übertragenen Tropenkrankheit | |
| durch die Pandemie zunichtegemacht werden könnten. Wissenschaftler hatten | |
| in Modellrechnungen prognostiziert, dass ohne entsprechende Gegenmaßnahmen | |
| doppelt so viele Menschen an Malaria sterben könnten wie zuvor. 2019 waren | |
| es weltweit 409.000 Tote. Fast alle stammten aus Afrika, die meisten Kinder | |
| unter fünf Jahren. | |
| Im Ola-During-Kinderkrankenhaus steht Nellie Bell am Bett eines | |
| dreijährigen Jungen, der seit einigen Tagen mit schwerer Malaria auf der | |
| Intensivstation liegt. Seine Augen sind leicht geöffnet, aber das nur in | |
| Windeln gewickelte Kind zeigt keinerlei Reaktion. Ein Schlauch hilft ihm | |
| beim Atmen. „Die Malaria hat sein Gehirn erreicht“, erklärt einer von Bells | |
| Kollegen. Die Prognose? „Schlecht.“ | |
| „Malaria kann jeden Teil des Körpers angreifen“, erläutert Bell. „Wenn … | |
| das Gehirn erreicht, bleiben eigentlich immer neurologische Folgen zurück, | |
| die die weitere Entwicklung des Kindes beeinflussen.“ Jedes dritte mit | |
| Malaria eingelieferte Kind stirbt im Ola-During-Krankenhaus. Dabei ist die | |
| rettende Behandlung samt Medikamenten für die Familien kostenlos. Warum | |
| kommt es dann überhaupt zu schweren Verläufen? „Die Eltern warten zu | |
| lange“, sagt Bell in einer Mischung aus Hilf- und Verständnislosigkeit. | |
| Das Coronavirus hat das gefährliche Zögern noch einmal verstärkt. Aus allen | |
| Ecken des Landes gab es bis in den Sommer hinein Berichte über drastische | |
| Rückgänge bei den Patientenzahlen in Krankenhäusern. Die Menschen | |
| fürchteten, sich dort mit dem neuen Virus anzustecken. Die Folge: mehr | |
| schwere Krankheitsverläufe. Eine großangelegte Verteilung von Moskitonetzen | |
| sollte das Schlimmste verhindern. | |
| Im Ola-During-Krankenhaus ist die Zahl der Malaria-Fälle zwar auch im | |
| Pandemiejahr gleich geblieben, „aber vielleicht sterben sie einfach zu | |
| Hause“, befürchtet die Kinderärztin. Trotzdem bleiben Schichten in der | |
| Klinik, in denen kein Kind stirbt, eine Seltenheit. „Wenn es passiert, | |
| klatschen wir und jubilieren“, sagt Nellie Bell. | |
| Im wenige Kilometer entfernten Connaught Hospital denkt Magdalene Fornah | |
| darüber nach, ob Malaria oder Covid-19 die größere Bedrohung für ihr Land | |
| ist. „Beide sind gefährlich“, sagt sie schließlich. „Wir müssen wachsam | |
| bleiben.“ | |
| Dann schlüpft Fornah in einen weißen Schutzkittel, stülpt eine Haube über | |
| ihre zu Cornrows geflochtenen Haare, versteckt ihr Gesicht hinter Maske und | |
| Plastikvisier, streift Gummihandschuhe über und entschwindet in den Flur | |
| der Isolierstation, um nach ihrem einzigen Patienten zu sehen. | |
| Die Recherche wurde unterstützt durch ein Stipendium des Dart Center for | |
| Journalism and Trauma an der Columbia Journalism School. | |
| 23 Feb 2021 | |
| ## LINKS | |
| [1] https://www.britannica.com/place/Freetown | |
| [2] /Ende-der-Ebola-Epidemie-in-Sierra-Leone/!5246218 | |
| [3] https://sierraexpressmedia.com/?tag=ola-during-childrens-hospital | |
| ## AUTOREN | |
| Malte Werner | |
| Amjata Bayoh | |
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| 2020 in guten Nachrichten | |
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