| # taz.de -- Warnstreik der Pflegekräfte: Systemrelevant und mies bezahlt | |
| > Beschäftigte von Vivantes und Charité streiken vor dem Roten Rathaus für | |
| > mehr Geld, mehr Personal – und mehr Anerkennung. | |
| Bild: „Klatschen war gestern, heute ist Zahltag“ war das Motto der Krankenh… | |
| Berlin taz | Rufe nach mehr Geld schallen am Mittwochmorgen über den | |
| Alexanderplatz. Vor dem Roten Rathaus flattern zahlreiche Fahnen der | |
| Gewerkschaft Verdi in der Luft, etwa 500 Menschen haben sich am | |
| Neptunbrunnen versammelt. Es sind Beschäftigte von Charité oder Vivantes, | |
| die nun den zweiten Tag in Folge streiken. Anlass sind die laufenden | |
| Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst sowie die | |
| Gesundheitsministerkonferenz am Mittwochnachmittag. | |
| „Wir wollen 4,8 Prozent, mindestens aber 150 Euro mehr“, erklärt Andrea | |
| Kühnemann, stellvertretende Landesbezirksleiterin von Verdi, am Mikrofon. | |
| Zusätzlich fordert die Gewerkschaft eine Pflegezulage von 300 Euro und im | |
| Rettungsdienst maximal eine 45-Stunden-Woche. Kühnemann kritisiert, dass | |
| die Arbeitgeber bei den Verhandlungen bislang nicht in der Lage gewesen | |
| seien, sich auf ein Angebot zu einigen. | |
| Während sie spricht, werden an die Applaudierenden in Papptüten verpackte | |
| Lunchpakete und Wasser verteilt. Mit jedem weiteren kämpferischen | |
| Redebeitrag wird die Stimmung unter den Demonstrant*innen besser. „Wir | |
| werden beklatscht und alle sagen, wir müssen mehr Geld verdienen“, meint | |
| der streikende Mitarbeiter einer Rettungsstelle, „und jetzt auf einmal | |
| heißt es: Wir haben kein Geld.“ Den Umgang mit Pflegekräften bezeichnet er | |
| als Farce. | |
| Die schlechte Bezahlung, die für die Beschäftigten Grund zum Streiken ist, | |
| wurzelt auch in der Auslagerung der Arbeitsplätze in andere Unternehmen. | |
| Denn Pflegekräfte werden systematisch „outgesourct“: Zahlreiche Stellen | |
| wurden so zum Beispiel von der Charité auf ihre Tochtergesellschaft Charité | |
| Facility Management (CFM) übertragen. In Tochtergesellschaften wie dieser | |
| weichen die Tarife von den Grundtarifen des Mutterkonzerns ab. So entstehen | |
| bei gleichem Job Gehaltsunterschiede von bis zu mehreren hundert Euro pro | |
| Monat. [1][Der CFM haben die Gewerkschafter*innen den Beinamen „staatlich | |
| organisierte prekäre Beschäftigung“ verliehen]. | |
| ## Mehr Geld und mehr Wertschätzung | |
| Auch Personalmangel stellt in der Pflege ein großes Problem dar. „Die | |
| Besetzung in den Schichten müsste erhöht werden“, meint eine Demonstrantin | |
| in Verdi-Weste. Ihre Kollegin kritisiert außerdem, Krankenpfleger*innen | |
| „werden immer belächelt“. Es brauche jenseits von Geld auch mehr | |
| Wertschätzung, fordert sie. | |
| Neben Kühnemann spricht ebenfalls Meike Jäger, Bereichsleiterin für | |
| Gesundheit und Soziale Dienste bei Verdi, zu den Streikenden. „Ihr stellt | |
| 50 Prozent der gesamten Gesundheitsversorgung in der Stadt dar“, ruft sie. | |
| „Das ist doch eindeutig systemrelevant“, findet Jäger. | |
| „Systemerhaltend!“, korrigiert sie ein Demonstrant. | |
| Nicht nur die Beschäftigten der Krankenhäuser, sondern auch die des ÖPNV, | |
| der Stadtreinigung und weiterer öffentlicher Unternehmen haben in den | |
| vergangenen Tagen im Zuge der Tarifverhandlungen gestreikt. Am 21. Oktober | |
| geht es wieder an den Verhandlungstisch. Und damit für die Beschäftigten | |
| auch wieder auf die Straße, wie Kühnemann ankündigt. | |
| 30 Sep 2020 | |
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| ## AUTOREN | |
| Greta Rothenpieler | |
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