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# taz.de -- Miniserie „Ehrenpflegas“: Oh, ihr lieben Pflegekräfte
> Die Miniserie „Ehrenpflegas“ biedert sich peinlich an Jugendliche an.
> Aber die Alternativen der Kritiker'innen sind auch nicht besser.
Bild: Schön anbiedern an die blöde Jugend? So blöd ist die nun auch nicht
Es treten auf: Boris, ein fauler, nicht sehr kluger Pflegeschüler mit einem
Herzen aus Gold. Die hübsche Prinzessin Miray, die am Ende ihre zarte
Sympathie für den trotteligen Boris erkennt. Und Harry Potter, eine junge
Frau, die so heißt, weil sie gern liest und eine Streberin ist. Sie alle
absolvieren die neue generalisierte Pflegeausbildung und werden so zu
besseren Menschen. Zwischendrin noch ein, zwei Demenzwitze, weil: die
werden nicht alt. Haha.
Die Miniserie „[1][Ehrenpflegas]“ ist Teil einer Kampagne des
Familienministeriums und richtet sich an Jugendliche. Dafür hat man einen
Plot schustern lassen, der die neue Pflegeausbildung in eine sich von
Punchline zu Punchline hangelnden Coming-of-Age-Geschichte unterrührt.
Beim echten Pflegepersonal kommt das nicht gut an: Der Deutsche
Berufsverband für Pflegeberufe sieht „Selbstverständnis, Ethos und
Pflegefachlichkeit der Berufsgruppe“ verletzt. Die [2][Petition einer
Pflegefachkraft], die „beleidigende Ehrenpflegas-Kampagne“ sofort zu
stoppen, hat knapp 8.000 Unterschriften.
Die Kritiker’innen haben recht: Es ist natürlich eine Peinlichkeit, dass
ein Ministerium versucht, mit einer anbiedernd coolen Kampagne Jugendliche
anzusprechen, die es offenbar für unreif hält. Und natürlich stößt die
lächerliche Darstellung all jene vor den Kopf, die in dem Bereich arbeiten.
## Die Alternativen sind auch peinlich
Die Alternativen der Kritiker’innen haben andererseits ihr ganz eigenes
Peinlichkeitsniveau. In der Petition wird moniert, nicht dargestellt würden
„Schlüsselpraktiken von Pflegenden wie Therapieassistenz,
eigenverantwortliches Nebenwirkungsmanagement, Wundversorgung,
Trauerbegleitung, Kriseninterventionsgesprächen, Angehörigenberatung und
-anleitung.“ Na, noch wach?
Die Kampagne ist schlecht, ja, aber gibt es überhaupt die Möglichkeit einer
guten Kampagne? Vielleicht wären die 700.000 Euro, die „Ehrenpflegas“
gekostet hat, besser in eine SitCom investiert gewesen. Die BBC hat mit
„Getting On“ gezeigt, wie man liebevoll und lustig vom Krankenhausalltag
erzählen kann. Aber das Grundproblem bleibt doch, dass der Beruf der
Pflegenden trotz gegenteiliger Beteuerungen nicht sonderlich angesehen ist.
Pflegende machen halt das, wovon man als Normalsterbliche’r nix wissen
will. Und keine Kampagne kann reinholen, was die Gesellschaft nicht
aufbringt: ein ehrliches Interesse an der Situation in der Pflege.
19 Oct 2020
## LINKS
[1] https://www.youtube.com/watch?v=UTfzX03z4r4
[2] https://www.change.org/p/bundesministerin-dr-franziska-giffey-und-bundesmin…
## AUTOREN
Frédéric Valin
## TAGS
Pflege
Gesundheit
Kolonialismus
psychische Gesundheit
Alten- und Pflegeheime
Vivantes
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