# taz.de -- Reaktionen auf Vorstoß für Pflegereform: Spahns Deckelung wird be… | |
> Der Vorschlag des Gesundheitsministers, Eigenanteile fürs Heim zu | |
> begrenzen, stößt auf gemischte Reaktionen. Die SPD will Reiche nicht | |
> entlasten. | |
Bild: Jens Spahn will den Eigenanteil, den Pflegeheimbewohner für die Pflege z… | |
BERLIN taz | Den einen geht der Vorstoß nicht weit genug, die anderen | |
warnen davor, dass die Pläne wohlhabende Pflegebedürftige auf Kosten der | |
Steuerzahler verschonen könnten. Und nochmal andere wiederum warnen vor | |
neuen Steuerbelastungen. Die Pläne von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn | |
(CDU), die Eigenanteile zu deckeln, die Pflegeheimbewohner selbst | |
aufbringen müssen, stoßen auf gemischte Reaktionen. | |
Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des [1][Paritätischen | |
Gesamtverbandes], begrüßte die Spahn-Pläne als „Schritt in die richtige | |
Richtung“. Eine Deckelung des Pflege-Eigenanteils auf 700 Euro reiche aber | |
nicht, zumal für die Betroffenen ja auch noch zusätzliche Kosten für | |
Unterkunft und Verpflegung und die Investionskosten in Heimen anfielen. | |
Die FDP warnte hingegen vor Steuererhöhungen, weil Spahn die angekündigte | |
Deckelung aus Steuermitteln ausgleichen will. „Bald droht uns der | |
Pflege-Soli“, sagt FDP-Fraktionsvize Christian Dürr der Bild-Zeitung. | |
Im gleichen Blatt äußerte sich SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil, der den | |
Vorschlag von Spahn zwar begrüßte, aber einen „typischen konservativen | |
Rechenfehler“ bemängelte. Es sei nicht berücksichtigt worden, „dass | |
diejenigen, die hohe Einkommen und hohe Vermögen haben, mehr leisten | |
können“. SPD-Politiker wollen die vorgeschlagene Deckelung der Eigenanteile | |
von Verdienst und Vermögen der Pflegebedürftigen abhängig machen. | |
## Entlastung ist eher gering | |
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn will den Eigenanteil, den | |
Pflegeheimbewohner für die Pflege zahlen, deckeln. Heimbewohner sollen für | |
die stationäre Pflege künftig für längstens 36 Monate maximal 700 Euro pro | |
Monat zahlen. Danach soll der Eigenanteil auf null sinken. | |
Die Deckelung der „Eigenanteile“ für die Pflege kann allerdings leicht | |
missverstanden werden: Dies betrifft nämlich nur einen Bruchteil der | |
Pflegeheimkosten für die BewohnerInnen. | |
Im Bundesdurchschnitt zahlen BewohnerInnen im Monat 2.015 Euro für einen | |
[2][Pflegeheimplatz], zeigte unlängst erst wieder eine [3][Statistik] des | |
Verbandes der Ersatzkassen (VdEK). In dieser Summe enthalten sind 774 Euro | |
für Unterkunft und Verpflegung, 445 Euro für die sogenannten | |
Investitionskosten der Pflegeheimbetreiber und nur 786 Euro im Monat | |
Eigenanteile an den Pflegekosten. Für die Pflegekosten kommt ansonsten die | |
Pflegeversicherung auf, die damit aber nur einen Teil abdeckt. Nur um | |
diesen letzten Posten der Pflege-Eigenanteile geht es bei der angekündigten | |
Deckelung. Im Schnitt würden damit rein rechnerisch 86 Euro weniger im | |
Monat an Pflegeeigenanteilen fällig. | |
Heikel daran ist allerdings die Tatsache, dass sich diese Eigenanteile für | |
die Pflege in den Bundesländern stark unterscheiden. So zahlen | |
Pflegeheimbewohner in Sachsen-Anhalt beispielsweise nur 560 Euro an | |
Eigenanteilen für die Pflege – sie hätten also gar nichts von einer | |
bundeseinheitlichen Deckelung auf 700 Euro. In Baden-Württemberg liegt der | |
Pflege-Eigenanteil laut VdEK-Statistik hingegen im Schnitt bei 1.062 Euro. | |
Hier würden BewohnerInnen von einer bundeseinheitlichen Deckelung stark | |
profitieren. | |
## Oftmals ein Gang in die Armut | |
Würde man Einkommens- und Vermögensgrenzen für die Deckelung einführen, wie | |
SPD-PolitikerInnen das fordern, würden sehr wohlhabende Pflegebedürftige | |
nicht entlastet. | |
Oft ebnet das Pflegeheim den Gang in die Armut: Die hohen | |
Eigenbeteiligungen an den Heimkosten führen dazu, dass etwa ein Drittel der | |
PflegeheimbewohnerInnen Hilfe vom Sozialamt in Anspruch nehmen müssen, weil | |
Rente und Vermögen nicht zur Begleichung der Eigenbeteiligungen reichen. | |
Darauf wies Schneider vom Paritätischen Gesamtverband hin. | |
Spahn erklärte am Montag, er rechne nicht mit einer „Debatte ohne | |
Kontroverse“. Zusätzlich zur Deckelung will er die tarifliche Bezahlung von | |
Pflegekräften in Heimen verpflichtend machen, außerdem sollen Leistungen | |
für die Angehörigen-Pflege verbessert werden. Die gesamte Pflegereform soll | |
6 Milliarden Euro im Jahr an Zusatzkosten verursachen, geplant ist, dies | |
über einen Bundeszuschuss aus Steuermitteln zu finanzieren. | |
5 Oct 2020 | |
## LINKS | |
[1] https://www.der-paritaetische.de/presse/eigenanteil-in-der-pflege-paritaeti… | |
[2] /Coronastrategie-fuer-Herbst-und-Winter/!5718163 | |
[3] https://www.vdek.com/presse/daten/f_pflegeversicherung.html | |
## AUTOREN | |
Barbara Dribbusch | |
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